
zu Herrn v. Malinowsky, k. Pr. Major der Garde - Artillerie a. D., welcher
seit einer Reihe von Jahren in türkische Dienste getreten ist. Leider trafen
wir ihn selbst nicht zu Hause, sondern nur seine Frau und Kinder. Wir
tranken ein Glas Limonade (Scherbet), was uns bei der Hitze sehr wohlthat.
Dann besahen wir die nahe dabei liegende Kriegsschule, in welcher Minis
als Lehrer angestellt ist. Herr v. Malinowsky sitzt während der Unterrichtsstunden
neben ihm, und hilft ihm au s, wenn er etwas nicht genau
weiss. Das Gebäude ist neu, schön und zweckmässig eingerichtet, wird
sehr reinlich gehalten, und hat 120 Zöglinge, welche 4 Jah re darin bleiben
, nachdem sie vorher in der bei Topchane gelegenen Mekteb, niedern
Schule, 5 Jahre studirt haben. Von hier aus werden sie Offiziere, und
den verschiedenen Truppenabtheilungen zugetheilt, und alle Offiziere der
Armee müssen diese hohe Schule erst besucht haben. Ramis stellte uns auch
dem greisen Director, Ibrahim Pascha, vor, einem gutmüthigen Alten, welcher
in seinen jüngern Jahren in Wien gewesen war, und noch etwas deutsch
sprach. Bei dem jungen Imam der Kriegsschule rauchten wir zuletzt noch
eine Pfeife.
Von da gingen wir nach dem Li man, dem Hafen, dem goldnen Horn,
hinunter, und fuhren in einer spitz zulaufende n , schmalen, und, wie mir
schien, dem Umsturz leicht ausgesetzten Barke nach Konstantinopel, um
in dem Pfortenpalast dem mir befreundeten frühem Gesandten der hohen
Pforte in Berlin, Schewket Bey, jetzt Pascha, einen Besuch zu machen.
Durch zwei Höfe hindurch kamen wir endlich an das Hauptgebäude, wo
wir unten an der Treppe unsere Stiefeln reinigen mussten. Rämis hatte
zwei Paar über einander angezogen, und zog nur das obere aus. Wir stiegen
dann die Treppe hinauf, und liessen uns in sein Zimmer führen. Bald
erschien er selbst, empfing mich sehr freundlich, und lud mich zu einem
Besuch in seiner Sommerwohnung ein, die er in Balta limän, drei Stunden
von Konstantinopel am Bosporus hatte. Nach kurzer Unterredung entfernte
ich mich wieder, um ihn nicht in seinen Amtsgeschäften länger zu
stören, mit dem Versprechen, seiner freundlichen Einladung Folge zu leisten.
Wir gingen darauf durch einen ändern Theil des Bezestän, den wir
Tags zuvor noch nicht gesehen h a tten , nach Bin bir direk „1001 Säule“,s)
einem grossen unterirdischen Gewölbe, gestützt.von einer grossen Menge
von Säulen— ich zählte von der Treppe aus deren 9 6— aber ein Theil von
ihnen ist wohl verschüttet. Von da begaben wir uns nach dem At meidän
„ R o s s p l a t z , f rü h e r Hippodrom“ ,-Rennbahn genannt, wo an der östlichen oder
Seeseite, die beiden grossen Moscheen, die Achmedijje9) und die Aja Sofia,
in der Mitte aber der Obelisk aus Sandstein ist, darunter ein Piedestal von
weissem Marmor mit Basreliefs und zwei gleichbedeutenden Inschriften, einer
^griechischen und einer lateinischen, welche auf Theodosius den Grossen
Hinweisen. Wir sahen daselbst auch die drei in einander gewundenen kopf-
L s e n ehemen Schlangen, angeblich von dem delphischenDreifuss. Dann eilten
[wir durch die Vorhöfe d e r beiden Moscheen, liessen uns abermals übersetzen,
[kauften bei einem böhmischen Glashändler gläserne, dem Bernstein in Form
Lind Farbe nachgèbildetey Pfeifenspitzen à 5 Grusch oder Piaster (etwa
§9 Silbergroschen), und gelangten gerade zur Esszeit zwischen 6 — 7 Uhr
Inach unserm Hôtel. Nach Tische machten wir noch einen Besuch bei der
iFamilie des grossen Blutegel-Pächters, Gottlob, der früher in Damascus
[gewesen, jetzt aber nach Gallipoli gegangen war, und gingen mit derselben
[zuerst nach dem piccolo Campo, einem freien Platz an dem westlichen Berg-
Irücken nahe dem Hôtel de Byzance mit einigen Kaffeehäusern an der Ost-
L e ite , zum Lustwandeln für die Peroten bestimmt, und von da nach dem
¿entferntem gran Campo, welches auf dem Plateau über Pera liegt, und eine
Kchöne Aussicht nach dem Bosporus hin gewährt Sehr ermüdet langten
■wir abermals erst nach Mitternacht in unserm Hôtel an. Die Miethen wa-
I ren schon damals in Pera und Galata ausserordentlich hoch. Die Familie
■ Gottlob zahlte für ihr Häuschen, welches nur 5 Zimmer hatte, jährlich
■8500 Piaster, etwa 500 Thlr. Miethe. In Konstantinopel selbst, und in
1 Bey Oghlu, dem türkischen Viertel von Pe ra , oder vielmehr dem District
■ von Topchane zugehörig, waren H äu se r, Miethe. und Lebensmittel viel bil-
I figer. Die Occa (2 Pfd. 24 Loth) Fleisch kostete in Konstantioopel nach
■’der Versicherung von Rämis 3 Piaster, während sie in Pera und Galata
I 10 Piaster kostete.
Den folgenden Tag machten wir dem k. Pr. Gesandten, Herrn von Wil-
I denbrueh, einen Besuch. E r empfing uns sehr freundlich, und lud uns für den
| nächsten Sonntag nach seiner Sommerwohnung in Arnaut kjoe („Albaneser-
dorf“) ein,10) Dann ging ich zuRämis Bey, machte einige Einkäufe mit ihm, und
ass wiederbei ihm nach Sonnenuntergang zugleich mit den beidenBimbaschi s
„Majoren“, dem oben erwähnten Htisni Efendi, seinem Nachbar, und Mehemed
Efendi, seinem frühem Cameraden in Berlin. Wir wuschen uns die Hände,
zogen die Stiefeln aus, und setzten uns dann zu Tische. Zuerst kamen, wie frü