
Miene die Antwort erhielt: „W ir la s s e n tanzen.“ Später lernte er es
aber doch, fand Geschmack daran, und wurde ein leidenschaftlicher Tänzer.
— Ein junger französischer Graf, Comte d’Escayrac, Pair von Frankreich,
derselbe, welcher später die Expedition nach den Quellen des Nils unternommen
hatte, aber wieder aufgeben musste, hielt sich nach einer Reise durch
A lg ie r, Tunis und Egypten damals gerade in Damascus auf, nachdem er
als Muhammedaner noch Nubien und Cordofan besucht hatte, und liess
sich, veranlasst durch seine F reunde, arabische Tänzerinnen kommen, um
sich von ihnen etwas vortanzen zu lassen. Sein unmittelbarer Nachbar, ein
fanatischer und zugleich einflussreicher Muhammedaner, hatte kaum davon
gehört, als er es dem Grafen verbieten liess, und, da keine Notiz davon
genommen wurde, den Chef der Polizei, und dann auch den Pascha aufforderte,
dem Seandal mit Gewalt ein Ende zu machen. Nachdem Polizei
und Militär vor dem Hause erschienen, und vergeblich Einlass gefordert,
sprengten sie die T h ü re , und waren eben im Begriff einzudringen, als sie
durch drei von dem Grafen in die Luft gefeuerte Pistolenschüsse in die
Flucht getrieben wurden — denn vor dem Schiessen haben Soldaten und
Polizei gewaltigen Respect. Zum Beschluss kam der Graf noch allein
heraus, fand seinen Gegner unter dem Pöbel, und fertigte ihn mit einigen
Ohrfeigen ab. Einer seiner Diener, welcher am folgenden Tage etwas auf
dem Bazar holen wollte, wurde sogleich von einem Polizisten ergriffen,
aber durch den dem Grafen zuertheilten Kawass des französischen Consu-
lats, welcher das Geschrei hörte, auf der Stelle wieder befreit, indem er
dem Polizisten sein Fess vom Kopfe riss, das Gewehr abnahm, und den
Inhaber noch tüchtig durchprügelte. Nun sollte man meinen, der Graf habe
die Gesetze schwer übertreten, und allerdings gaben sich der Pascha und
die Gerichtsbehörden das Ansehen, als wollten sie ihn wegen der Ohrfeigen
zur Verantwortung ziehen, indem sie ihn sogar vor Gericht luden; allein
ein Brief des französischen Consuls brachte sie augenblicklich zum Schweigen.
Denn kein Polizist, kein Soldat, selbst nicht der Pascha darf es wagen, in
feindseliger Absicht in das Haus eines Europäers oder europäischen Unter-
thans einzudringen, viel weniger die Thüre sprengen zu lassen. Um den
Arabern Respect einzuflössen, ging der Graf später nur mit sechs bis an
die Zähne bewaffneten Dienern au s , reiste aber nach wenigen Tagen von
Damascus ab.
Ich hatte mir gleich anfangs vorgenommen, einige Monate in Damascus
zu verweilen, theils um mir die Kenntniss der Landessprache anzueignen,
theils auch in der Hoffnung, alte Handschriften und Münzen, erstere für
die königliche Bibliothek, letztere für das königliche Museum zu erwerben,
wurde aber durch die Unsicherheit der Wege wie der Witterung genöthigt,
den ganzen Winter dort zuzubringen. Denn der Kampf mit den Drusen
hatte vieles liederliche ‘Gesindel aus der Stadt und Umgegend veranlasst,
unter deren (der Drusen) Namen und auf deren Rechnung auf den Strassen
nach allen Seiten hin grössere und kleinere Karavanen und einzelne Reisende
anzufallen und zu berauben, so dass kein Damascener es wagte, die
Thore der Stadt zu überschreiten, oder doch sich weit von denselben zu
entfernen. Was die Witterung anlangt, so habe ich schon oben bemerkt,
dass wir am 27ten August schon einen ganz bewölkten Himmel sahen, und
ein Gewitter, aber ohne Regen, h a tte n ; den 20ten September überraschte
uns in Malüla der erste Regen, und den 5ten October regnete es zum ersten
Male in Damascus, womit ebenfalls ein Gewitter verbunden war. Nun begann
die eigentliche Regenzeit, der Winter, welcher so gleichbedeutend mit Regen
im gemeinen Leben gebraucht wird, dass man, wenn einmal mitten im
Sommer, wie es doch auch ausnahmsweise zuweilen, wiewohl höchst selten,
vorkommt, Regen fällt, sagen hört: >Lo (sprich: ssar schitte) „es ist
Winter geworden.“ In dieser Zeit hat das Reisen grosse Unbequemlichkeiten.
Man riskirt bis auf die Haut durchnässt zu werden, da der Regen oft
stromweise niederfällt, und ausserdem werden die Wege theils grundlos,
theils so schlüpferig, dass man j eden Augenblick Gefahr läu ft, mit dem
Pferde zu stürzen. Jedoch darf man sich den Winter nicht so vorstellen,
als ob es. unaufhörlich regne; im Gegentheil kann man dreist behaupten,
dass gerade diess die angenehmste Jahreszeit ist, indem oft nach einem
mehrere Tage lang anhaltenden Regen wieder Wochen lang der schönste,
heitere Himmel folgt, welcher zu Spaziergängen in das Freie einladet, wo
die durch den Regen hervorgerufene Vegetation in grösster Ueppigkeit
emporschiesst; Schon im Janua r blühten die Narzissen , wie die Veilchen,
welche grösser und stärker riechend sind als die unsern, und im Februar
sahen wir bei einem Spaziergange an den Ufern des Barada muhammeda-
nischeFrauen und Mädchen sitzen, ihre Nargile rauchen, und dazu Kaffee
und eine Art Limonade von Rosinen bereitet trinken. Während im Januar
in einzelnen Nächten die Kälte bis auf — 1 0 R. stieg, und wir am frühen
Morgen zuweilen noch Reif sahen, brannte die Sonne am Mittag doch so