
und einen noch ziemlich gut erhaltenen altrömischen Aequäduct, beide an dem
Bache Meies, an welchem das sogenannte Paradies liegt. Wir haben also
das Paradies von Weitem gesehen, und sind (in dem neuen Serai von Konstantinopel)
bis an die Pforte der Glückseligkeit gedrungen, ohne dass es
uns jedoch, hier wie dort, vergönnt gewesen wäre, bis in das Innere zu gel
a n g e n .^ Nachdem wir unter vielem Stolpern und- bei grösser Hitze den
holperigen Rückweg zurückgelegt hatten, machten wir noch eine Promenade
durch die vielen Reihen des mit Bretern überdeckten und mit Wein umrankten,
an Südfrüchten und Fabricaten von Europa und Asien Teichen Ba-
zärs, bei welcher uns besonders die Tracht der Frauen auffiel. Diese tragen
auser den beiden weissen Tüchern, deren eines über dem Kopf liegt, und
bis an die Stirn geht, das andere aber den untern Theil des'Gesichts bis
zur Nase bedeckt, noch einen schwarzen Schleier über dem Gesicht, welchen
sie unter dem obern Tuche festgebunden haben; die Mädchen dagegen
lassen, wie in Konstantinopel, Augen und Nase unbedeckt; die Landleute
aus der Umgegend hatten Pistolen und Dolche im G ürtel wegen der grossen
Unsicherheit ausserhalb der Stadt; wenige Tage vorher war eine ganze
Räuberbande gefangen eingebracht worden.
Mittlerweile war die Zeit eingetreten, zu welcher uns der Gonsul Zu
sich eingeladen hatte. Wir begaben uns also in das Consulat, tranken bei
Tische Chier und Smyrnaer Wein, und assen die ersten Weintrauben. Hier
lernte ich den Dragoman des Consuls, einen nicht-unirten Armenier kennen,
welcher mir ein Exemplar der dort erscheinenden Zeitschrift „die Morgen-
röthe des Ararat“ betitelt, mittheilte. Sie enthält hauptsächlich Nachrichten,
welche ihre Kirche angehen, und namentlich polemische Aufsätze und
Briefe gegen die katholischen Armenier; nächstdem aber auch politische
und mercantilische Notizen. Im Gegensatz gegen diese Bestrebungen schreiben
und drucken die americanischen Missionare von -Smyrna ausser allgemein
nützlichen Schriften auch polemische Tractate gegen die nicht-unirten
Armenier, und zwar die Einen, wie die Ändern, in dem dortigen Vulgärdialekt
der armenischen Sprache. Alte und wichtige armenische Handschriften
sollen sich nach der Versicherung des Dragoman in Smyrna nicht
finden, wohl aber in Angora und an ändern Orten von Kleinasien.
Bei Tische bemerkte ich, dass die See sehr bewegt war, und erfuhr,
dass den ganzen Sommer, hindurch von .früh, 8 ^ Uhr bis gegen 7 Uhr
Abends fast fortwährend ein starker V in d wehe, welcher die Hitze des
Tages sehr vermindere; fehlt dieser Wind , so kommen Krankheiten. Er
weht aber nur in dem Hafen, nicht auf der offenen See. — Eine grosse Wohl-
that für die Stadt ist auch das Eis zum Kühlen des Wassers. — Smyrna ist
öfter von Erdbeben heimgesucht worden. Vierzehn Tage vor unserer Ankunft
hatte man einige Erdstösse verspürt, aber im Jahre 1849 hatte ein
Erdbeben vielen Schaden an Gebäuden angericbtet. Man giebt die Einwohnerzahl
auf 40,000 Türken mit mehr als 20 Moscheen, 20,000 Juden und
90,000 Christen an. — Gegen Abend um 5 ' / 2 Uhr verliessen wir Smyrna.
Das Meer war und blieb, so lange wir in dem Golf waren, was etwa vier
Stunden dauerte, sehr bewegt, so dass Einer der Passagiere seekrank wurde.
Wir fuhren; durch die weite Bucht bei. dem auf einer schmalen Landzunge
erbauten Fort vorbei, welches den Eingang beherrscht. Obgleich das jenseitige
Ufer sehr fern liegt, so ist dies doch dadurch möglich, dass das Meer
an dieser Stelle sehr seicht ist, und nur an der Seite des Forts einen schma-
len Durchgang gestattet, daher man hier bei der Ein- und Ausfahrt grosse
Vorsicht nöthig hat. Der Missisippi, das Kriegsschiff, welches die ungarischen
Emigranten nach America bringen sollte, war hier auf den Sand ge-
ra th en , und hatte lange liegen bleiben müssen. — Das Dunkel der Nacht,
die Müdigkeit, und ein leiser Frost, den ich spürte, nöthigten mich, das
Lager zu suchen; doch liess mich die Besorgniss, den Anblick von Chios zu
versäumen, nur wenig schlafen. Kurz nach 4 Uhr stand ich auf Chios
lag schon weit hinter uns, vor uns Samos, und rechts und links kleinere und
grössere Inseln, unter denen auch Ikaria war, wo wir einige einzeln stehende
Häuser bemerkten. Sie ist ganz gebirgig und . mit Waldungen bedeckt.
Näher lag auf derselben linken Seite eine, wie der Kapitain sagte, zu Ikaria
gehörige Insel, ebenso gebirgig und felsig wie jene, und nicht unbedeutend;
sie schien aber ganz unbewohnt zu sein, und ist nicht auf der Karte
verzeichnet. Noch lange sahen-wir den Saum des lieblichen Chios. .Um
7 1 2 Uhr erreichten wir Samos. Ein hoher vielfach zerklüfteter kahler Felsen
steht am äussersten westlichem Rande der Insel, und ragt über die ändern mit
Wald bedeckten-Gebirge weit hervor. Später sahen wir Patmos, Leros, Ka-
lymnos, und eine Menge anderer Inseln, welche zum Theil namenlos, weil
unbewohnt, sind, und daher auch auf unsern Karten fehlen. Sie haben fast
durchgängig denselben. Character, und gleichen dem nabe liegenden festen
Lande von Kleinasien, die Berge meist kahl, wenig bewaldet; nur die Thä-
ler erscheinen fruchtbar, und geschichtliche Erinnerungen machen, dass man