
nicht hier oder anderswo die Aussicht habe, wichtige syrische Codices zu
sehen; aber sei es, dass man in mir den Ketzer witterte, und desshalb mir die
Schätze verheimlichen wolltb, oder, was mir in der That glaubhafter ist, dass
man mir die Wahrheit sagte: man versicherte mir, Assemani und andere
Gelehrte haben die meisten und besten Manuscripte nach Rom entführt, und
nur noch einige derselben seien in Bkirke in dem District Kesruân, dem
Winteraufenthalt des Patriarchen, zu finden; der Schlüssel zu der dortigen
Bibliothek sei aber in den Händen des Patriarchen, der ihn nicht herausgebe.
Ich glaube desshalb, dass man mir Wahres berichtete, weil die jetzige
maronitische Geistlichkeit die Litteratur ihrer Vorfahren nicht versteht, und
also auch nicht beachtet. Die früher so gepriesene Gelehrsamkeit' derselben
findet sich nicht mehr, und der Gelehrteste oder vielleicht auch einzigè
Gelehrte, Maträn Paulus, den ich bei dem Patriarchen‘kennen lernte, und
der sich auf sein geringes Wissen nicht wenig einbildete, war zeitweise
geistesabwesend. Liebenswürdiger bei Weitem war Nicolas Murad, der
Vertreter der Maroniten bei dem päpstlichen Stuhle, welcher nur auf einige
Monate zum Besuch dahin gekommen war. Er hatte eine Geschichte der
Maroniten geschrieben, die aber noch nicht gedruckt war; dagegen schenkte
er mir eine kleine in Paris unter dem Titel „ Notice historique sür Vorigine
de la nation Maronite et sur ses rapports avec la France, sur la nation Druze
et sur les diverses populations du mont Liban p a r S. G. Mr. Nicolas Murad,
Archevêque Maronite de Laodocée et Représentant de sa nation près le St. Siège.
Sec. éd. Paris. 1844. 8 . erschienene Broschüre über sie.
Da ich auf diese Weise keine Hoffnung hatte, für meine Zwecke etwas
zu finden, so kürzte ich meinen Aufenthalt ab, und besuchte vor meiner
Abreise nur noch das unterhalb Dimän tief unten in der Schlucht gelegene
Kloster Qanobîn, welches seit 200 Jahren bis auf diesen Patriarchen die
Sommerresidenz seiner Vorgänger gewesen war. Da man- mir den Weg
als sehr steil und schwierig geschildert hatte, so entschloss ich mich, ihn zu
Eusse zu machen, was ich später bereute. Denn die Sonne brannte gewaltig ;
der Weg war zwar beschwerlich, aber für Pferde und Maulthiere nicht unzugänglich,
und ich hatte beinahe 2 Stunden zu gehen. Ich nahm einen
maronitischen Burschen als Führer mit, und kam ganz aufgelöst in dem
romantisch gelegenen Kloster a n , welches von einem einzigen Mönch
bewohnt war. Nachdem ich mich dort einigermassen erholt, abgekühlt, und
etwas restaurirt hatte, liess ich mir die nichts Merkwürdiges enthaltende
Kirche zeigen. Die ganze Bibliothek des Klosters lag verstaubt und unordentlich
in einem verschlossenen Kasten. Unter den Handschriften fand
ich nur ein syrisch-arabisches Lexikon von Bar Ezdokit k-*f?ll r ° 5 welches
mir noch unbekannt war, 1 Folioband, ausserdem nur Gebetbücher und
Liturgien. Trotz dem, dass ich ganz langsam den Berg hinaufging, und
viele Ruhepunkte machte, kam ich doch so in Schweiss gebadet, wie vielleicht
noch nie in meinem Leben, in das Zelt zurück, wo ich mich ganz
umziehen, und längere Zeit ausruhen musste. Es war mir daher Heb, dass
der Patriarch mich um Entschuldigung bitten liess, wenn er wegen starker
Unpässlichkeit zur Mahlzeit nicht erscheine. Ich liess mir das Essen in
mein Zelt bringen, ging aber nachher noch hinauf, mich nach seinem Befinden
zu erkundigen, ihm für die freundliche Aufnahme zu danken, und mich
von ihm zu verabschieden. Ich fand ihn auf seinem Lager in dem Schlafzimmer;
er musste noch in derselben Nacht einen Aderlass erdulden.
Dienstag, den fiten Septbr., ritt ich von Dimän weiter westlich über
das Gebirge nach Taräbolus, wo ich bei guter Zeit anlangte. An den Felsen
sah ich hier und da Spureü alter'Ruinen, zum Theil an scheinbar ganz unzugänglichen
Stellen, wahrscheinlich aus den Zeiten der Kreuzzüge, und kam
bei einem romantisch in die Mitte eines steilen Felsen gebauten Kloster der
nichtunirten Griechen, Hontura, vorbei,.wo, wie man mir leider erst später
sagte, bedeutende Manuscripte zu finden sein sollen. Ehe man Taräbolus
erreicht, kommt man durch einen weit ausgedehnten OHvenwald. Die Stadt
liegt am Fusse eines Hügels, bewässert durch den Buqäla, welcher von
■Qanobin kommt, und dort Nahr Qanobin und Nahr el Bscherre.heisst. Sie
zählt, mit dem dazu gehörigen, aber V2 Stunde davon entfernten Hafen mit
vielen Anbauten an 20,000 Seelen, von denen i/4 Christen, und zwar meist
nichtunirte Griechen, und »/4 Muhammedaner sind.. Ich besuchte denPreus-
sischen Viceconsul, welcher zugleich das Consulat oder Viceconsulat von
mehreren ändern Mächten verwaltet, und das schönste Haus der Stadt
bewohnt. E r rieth mir durchaus von einer Landreise von da nach Tarsus
ab, da es selbst in der nächsten Umgebung, ja sogar unmittelbar vor den
Thoren von Taräbolus, höchst unsicher sei. Dicht vor dem einen Stadtthore
hatte man wenige Tage vorher, und zwar am Tage, einen Raub verübt.
Taräbolus ist berühmt wegen seiner Seidenarbeiten, und namentlich werden
die Shawls, welche die Männer als Gürtel um den Leib tragen, hier am
besten verfertigt. Leider waren keine guten mehr aufzutreiben, da die