
man eine herrliche Aussicht über die Stadt und Umgegend hat. Mitten über
demselben erhebt sich die mächtige Kuppel, welche im Innern eine Gallerie
hat, zu deren Umgehung ich 100 Schritt brauchte. Sie (die Kuppel) ist
mit Zinkplatten bedeckt, welche aber theilweise schadhaft geworden sind;
und die Lateiner beschuldigen die Griechen, dass sie absichtlich dieselben
zerstörten, um sie wieder repariren lassen zu können, und dadurch, da die
Kuppel unmittelbar über der Grabeskapelle ist, und diese wegen des durch-
fliessenden Regens darunter leidet, das alleinige Recht zu dem von ihnen
angemassten Besitz der Kapelle, welche ursprünglich den Franciscanem
gehörte, sich zu sichern. Dieser Streit gab bekanntlich die nächste Veranlassung
zu dem letzten russisch-türkischen Kriege, und war kurz vorher
die Ursache, dass Fuad Efendi (jetzt Fuad Pascha), der dam^Jige Grossvezier,
in Folge eines unzeitigen Witzes abgesetzt wurde. Der griechische
Patriarch von Konstantinopel hatte nämlich 1 Erzbischof und 2 Bisehöfe zu
ihm gesandt, um den von dem Sultan in Betreff der Graheskirche gegebenen
Fermän sich zeigen zu lassen. E r schlug es ihnen ab, und, als sie in ihn
drangen, sagte er zu ihnen: es habe damit eine eigne Bewandtniss, die er
als Muhammedaner zwar nicht begreifen könne, die sie aber als Christen
leicht einsehen würden. Es seien nämlich 3 Fermane desshalb erschienen,
deren jeder von dem ändern verschieden sei, während doch alle 3 zusammen
nur Eins seien; diess verhalte sich gerade so, wie das christliche Dogma von
der Dreieinigheit. Der Patriarch, aufgebracht -über diese Verhöhnung des
christlichen Glaubens, berichtete diess sogleich nach Petersburg, und das
kaiserliche Cabinet forderte und erlangte die Absetzung von Fuad E fen d i.^ 4.
Dem Portal der Grabeskirche gegenüber ist ein freier mit Rasen bedeckter
Platz, der zu dem Bereich des ehemaligen Johanniter-Klosters gehörte.
Hier war ein Zelt aufgeschlagen, und es weideten da die Pferde der Soldaten.
Nahe dabei wird das Gefängniss des Apostels Petrus gezeigt, und
nicht weit davon, nur wenig tiefer gelegen, ist das k. Preussische Consulat-
gebäude mit 2 Terrassen, und einem schönen Garten auf der obern Terrassse.
Nordwestlich von dem griechischen Kloster, und an der Ecke der Stadtmauer,
wo dieselbe in nordöstlicher Richtung nach dem Thore von Damascus
sich wendet, liegt das Franciscaner - Kloster, nahe dabei die sogenannte
casa nuova, ein Hospiz für Fremde a lle r. Confessionen; südlich von dem
griechischen Kloster liegt das der koptischen Christen, dessen hintere I ront,
die Nordseite des Hiskias-Teiches bildet, während die Ostseite von der
Locanda, dem einzigen, aber gut und anständig gleich ändern Gasthäusern
des Orients eingerichteten Hôtel eingenommen wird; andere Privathäuser
schliessen die beiden übrigen Seiten des Teiches ein, der nur im Winter
und Frühjahr Wasser hat. Die Wasserleitung, welche ihn mit dem ausserhalb
der Stadt liegenden obern oder Schlangenteiche verband, ist theilweise
zerstört. So ist man wieder in der Nähe der Stadt David’s und des Jaffa-
Thores, neben welchem rechts ein grösser Raum wüste liegt.
Jerusalem bietet, von der Ferne gesehen, einen von ändern Städten
des Orients verschiedenen Anblick, indem es eine Unmasse von Kuppeln
zeigt. Diese finden sich hier nicht allein bei den Moscheen, sondern auch
bei den Wohnhäusern. Jedes Haus hat platte Dächer und Kuppeln, weil
die Zimmer meist gewölbt sind. Man sieht nicht die orientalische Pracht
im Innern, welche Damascus auszeichnet, es ist hier eine ganz verschiedene
Bauart. Während dort die Häuser fast nur aus Lehm aufgeführt werden,
bemerkt man hier nur Häuser mit ellendicken und noch stärkern Mauern
von Quadersteinen erbaut. Eine niedrige, kleine Thüre führt meist durch
einen dunkeln Bogengang in das Innere; die Höfe sind mit Quadersteinen
ausgelegt, die Zimmer sind grössere oder kleinere Gewölbe mit einzelnen
Nischen in der Mauer ohne alle Verzierung, nur weiss übertüncht. Man
sollte meinen, dass solche Häuser und solche gewölbte Decken der Ewigkeit
würde trotzen können; trotzdem sollen namentlich die letztem häufig SprÜDge
erhalten, so dass es durchregnet. Von Erdbeben kann diess wohl nicht
herrühren, da diese nur selten Vorkommen — ein einziges Mal während
meiner zweimonatlichen Anwesenheit wollte man in der Nacht einen gelinden
Erdstoss verspürt haben — man muss also den Grand in ändern Dingen
suchen. Theilweise mag- er in der Steinmasse selbst liegen, aus welcher
sie erbaut sind, und welche eine Art Kreidefelsen zu sein scheint, theilweise
darin, dass man unter den meisten Häusern Schutt findet, und nicht tief
genug gräbt, um den Gebäuden einen festen Grund zu geben, und theilweise
endlich in der Feuchtigkeit, welche in den Kellern angesammelt wird.
Denn, da Jerusalem selbst gar kein Quellwasser h a t, so ist man genöthigt,
das Regenwasser der Wintermonate in den Kellern, welche die Cistemen
bilden, anzusammeln, um sich während des Sommers mit Trinkwasser zu
versehen. Ich fürchtete, dass dieses Wasser unrein und trübe sein, und einen
faden Geschmack haben würde, fand jedoch, dass beides nicht der Fall war,
und dass ich es recht gern trank. Manche Häuser haben mehrere solcher