
so ist die obige Seelenzahl vielleicht um das Vierfache zu gering angeschlagen.
Zu ihnen gehören die reichsten und vornehmsten Christen; sie
sind aber, wie überall in dem Orient, sehr fanatisch. Vor etwa 10 Jahren
brachten sie eine Anzahl protestantischer Bücher in die Kirche, wo sie, nachdem
der Fluch über sie ausgesprochen war, verbrannt wurden. Sie sind in
dem Besitz von zwei Kirchen, welche beide noch aus der vorislamitischen
Zeit stammen sollen. Die Eine ist die Marienkirche, ursprünglich dem heil.
Justinus und der Justina geweiht. Im Ja h r 314 d. H. oder 926 n. Chr.
wurde sie gleich dem daneben liegenden Nonnenkloster, der Kirche derNesto-
rian e r, welche seitdem ganz aus der Reihe der Kirchen verschwunden ist,
und vielen ändern Kirchen, bei einem Aufstand der Muhammedaner ihres
Schmuckes beraubt und zerstört; doch gestattete der abbasidische Chalif,
el Muktedir billah, an den sich die bedrängten Christen wandten, ihren
Wiederaufbau. Sie wird (1853) fast ganz neu wieder erbaut. Sie liegt in
dem Stadtviertel Aimarije, und hat vier Altäre. Der Hochaltar ist der heil.
Jungfrau geweiht, der zweite dem heil. Michael, der dritte dem heil. Georg,
und der vierte den Märtyrern. Es ist auch ein Altar in dem Hof der Kirche,
dem heil. Johannes geweiht. Die Andere ist die Nikolaikirche, welche dicht
daneben liegt, und jetzt (1853) die einzige Kirche ist, in welcher die nieht-
unirten Griechen ihren Gottesdienst halten. Sie haben ausser einem Patriarchen
und einem Maträn als dessen Wekil oder Stellvertreter 12 Priester
in Damascus, von denen Einige verheirathet sind. Diejenigen Priester,
welche das Cölibat bewahren, die Mönchspriester, tragen ein schwarzes rundes
Ba rre tt, Qalläse genannt, die verheiratheteten aber oder Laien-Priester
den Turban, die sogenannte Leffe ¿¿J, so dass sie daran sogleich zu erkennen
sind. Ebenso bei den unirten Griechen. In der Kirche legen sie den Turban
a b , und behalten bloss die weisse oder schwarze Taqije (¿ jö lis ) auf dem
Kopf. Die Priester werden unterhalten durch die Almosen der Gläubigen
und durch Sammlungen, die in der Kirche veranstaltet werden. *) Einige
von ihnen sollen auch Handelsspeculationen treiben. Die Einkünfte der
*) Bei jedem Gottesdienst gehen nämlich in dieser, wie in den meisten ändern Kirchen,
zwei Diakone mit Tellern umher, von denen der erste für die- Kirche, der zweite
für die Geistlichkeit bestimmt ist; vor der Kirchthür steht ein dritter Diakonus mit einem
für die Armen bestimmten Teller. Auf jeden derselben legt man gewöhnlich ein Zehnparastück
(etwa 6 Pfennige na'ch unserm Geld), auch lassen sich Viele herausgeben,
wenn sie ein grösseres Geldstück auflegen; die Reichen geben jedoch auch Goldstücke.
Kirche fliessen ebenfalls aus freiwilligen Geschenken der Gläubigen und aus
frommen Legaten.
- Die-Griechen besitzen jetzt 5 Unterrichtsanstalten mit eignen Gebäuden,
in denen das Alt- und Neuarabische, das Alt- und Neugriechische,
und das Italienische gelehrt wird.*) Sie haben 6 Professoren, von denen
zwei für das Neuarabische, einer für das Altarabische, einer für das Altgriechische,
einer für das Neugriechische und einer für das Italienische
bestimmt ist; aber auch das Französische und Russische soll darin gelehrt
werden. Die Zahl der Schüler war damals (nach der Angabe des Dr.
Lautour) 405, von denen 240 das Vulgärarabische, 55 das Italienische,
50 das Neugriechische, 10 das Altgriechisehe und 50 das Altarabische
studirten. Alle diese Schüler gehören mit Ausnahme von 6 Ju den, 4 Katholiken
und 1 Armenier der nichtunirten griechischen Kirche an. Die
Kinder werden mitdem fünften Lebensjahre zugelassen, um die Eltern sich
zu verpflichten; man lässt sie aber selten vor ihrem sechsten Jah re lesen.
Die Kinder beginnen in der ersten Klasse mit dem Syllabiren; in der zweiten
Klasse lesen sie die Psalmen, in der dritten wird das tägliche Gebetbuch
vorgenommen, in der vierten das Neugriechische und der italienische Kalender
gelehrt; in der fünften werden die apostolischen Briefe, gelesen, und
daneben wird Unterricht in dem Altgriechischen, so wie in der Schriftsprache
der Araber ertheilt. Die Evangelien sind für die sechste, und die
Propheten für die siebente Klasse bestimmt. Ausser diesen 7 Klassen giebt
es endlich noch eine letzte Klasse, eine Selecta, für diejenigen, welche sieh
durch ihre erworbenen Kenntnisse auszeichnen, und die Schule noch nicht
verlassen wollen.
Auch die griechische Kirche hat gleich den ändern ihre Verfolgungen
erlitten; jedoch gestehen die Griechen selbst ein, dass diese nur selten direct
von den Türken ausgegängen sind. Wenn aber irgend ein Ereigniss, namentlich
ein Streit unter den Christen selbst stattfand, so entsprangen daraus
häufig Denunciationen bei den türkischen Behörden, welche Einkerkerungen
und Bastonaden zur Folge hatten. Die Beamten benutzten in der Regel
diese Gelegenheit, um von den streitenden Parteien so viel Geld als möglich
zu erpressen; und, wenn es sich um die Reparatur einer Kirche oder Kapelle
handelte, so musste stets die Erlaubniss dazu mit. Geld erkauft werden. —
*) Die Griechen behaupten, seit dem Beginn der türkischen Herrschaft in diesem
Lande Schulen in Damaskus gegründet zu haben.