
Gemach oder Behältniss, vielleicht zu Aufbewahrung der heiligen Geräth-
scliaften bestimmt, zu sehen ist. Dicht an die Ruine, und zwar an die Westseite
derselben ist das Dorf Beith din angebaut, welches erst seit 2 Jah rhunderten
bestehen soll, und, wenn ich mich recht entsinne, gegen 50 männliche
muhammedanische Bewohner in sich fasst. E in 'a lte r Fellah geleitete
uns zu der 1/i Stunde davon östlich auf der Spitze eines Berges liegenden
Ruine einer ehemaligen Festung gleiches Namens, von welcher ausser der
Grundmauer n u r noch ein schon fast ganz verfallener-Thrm übrig geblieben
ist. Wir ritten nun immer auf der Anhöhe fort bis in die Nähe von Jebrud,
einem muhainmedanisehen Dorfe mit 100 männlichen-Einwohnern (wobei
wir den früher géschilderten halsbrechenden Weg am Abhange eines Felsen,.
Jebrüd gegenüber, vermieden), und dann noch '/4 Stunde weiter bis
zu der Quelle, Ain Jebrüd genannt, wo wir unsere Leute mit dem Aufschlagen
des Zeltes beschäftigt fanden. Die Frauen und Mädchen des Dorfes
kamen gerade dahin, um Wasser'aus der Quelle zu schöpfen, welches sie
in Ziegenschläuchen, die mit einem Strick um die Stirn befestigt wurden,
auf dem Rücken nach Hause trugen. Gegen Abend sahen wir 2 kleine
Leoparden N im r^ * j, mit grangelb geflektem Fell und langem Schweif, die
wir aber mit meinen Pistolen nicht erreichen konnten. Bewacht von einem
Fellah des Dorfes legte ich mich nach eingenommenem Thee und Abendbrod
bald zu Bette, weil wir sehr früh wieder auf brechen wollten. Wir kamen
aber doch erst nach 7 Ohr fort. Bei Ain el Haramije x-yot j i -1 sahen
wir viele jüdische Gräber, kamen dann bei Sindschil vorbei, welches links
von der Strasse auf einem hohen Berge liegt' und 2000 Einwohner haben
soll, liessen Turmar Agha rechts zur Seite liegen,' ritten bei Chan Lebän
vorüber, wo der gegenüber liegende Felsen ganz von alten Grabhöhlen
durchlöchert ist, und rückten gegen 3 Uhr Nachmittags in Nablüs ein,
wo mir zu meinèr Verwunderung diessmal auch kein Kind entgegen schrie.
Ich stieg bei dem Agenten dès englischen Consuls und Vorsteher der kleinen
protestantischen Gemeinde, ’Aude ’Azâm, ab, welcher ausser
mir noch den seit wenigen Wochen hier anwesenden englischen Missionar
Kruse, ans Elberfeld gebürtig, mit seiner Frau und seinem kleinen Sohne
beherbergte.
Nablüs, im Herzen von Palästina gelegen, 12 Stunden nördlich von Jeru-
salem, und ungefähr eben so weit südlich von Nazareth, soll eine Bevölkerung
von nahe an 20,000 Seelen enthalten,*) darunter beinahe 18000 Muhammedaner,
gegen 800 griechische Christen mit 3 Priestern, deren Bischof in
Jerusalem wohnt, 122 Samaritaner mit 27 steuerpflichtigen Männern, und etwa
50 steuerpflichtige (also 200 im Ganzen) Juden, die nur einen gemietheten
Betsaal haben. Früher gab es hier nach der Versicherung meines Wirths
nur Muhammedaner und Samaritaner, später und namentlich seit der Zeit
von Ibrahim Pascha kamen auch Christen und Juden hierher. Je tz t hat
sich auch eine kleine protestantische Gemeinde aus den griechischen Christen
gebildet, welche damals aber nur noch aus 7 Familien bestand; doch waren
seit der Ankunft des Missionars noch 12 andere Familien dazu getreten, und
in einem benachbarten griechischen Dorfe hatten sich auch schon mehrere
Familien zu dem Uebertritt geneigt gemeldet. In Nazareth waren damals
30 protestantische Familien mit 160 Seelen , der Scheich derselben war das
Oberhaupt in dem Medschlis (der Ratbsversammlung). In dem Dorfe Dorrän
nahe dabei hatten sich ebenfalls. 66 zu unserer Kirche gemeldet, und eben
so Mehrere in einem ändern benachbarten Dorfe Mudschellid. In D,schenin
sind nur 3 christliche Familien, welche der griechischen Kirche angehören.
Der Name Nablüs ist verstümmelt aus Neapolis, oder vollständiger
Flavia Neapolis, wie man diese Stadt zu Ehren des Kaisers Flavius Vespa-
sianus nannte, welcher ihr das römische Bürgerrecht verlieh. Früher hiess
sie Sichern, nach dem Namen des Sohnes von Chamor, dem Fürsten der
Heviter, welcher vielleicht der Erbauer der Stadt war. Zu ihm kam Jacob,
kaufte von ihm ein Stück Acker vor der Stadt, und baute daselbst einen
Altar. Wahrscheinlich gehörte zu diesem Grundstück auch der in dem Evangelium
Johannis erwähnte Jacobs-Brunnen, welcher daher diesen Namen
erhalten. An jener Stelle (Ev. Joh. 4 , 5.) wird die Stadt Sichar genannt,
nach einer Verstümmelung der Juden, um ihren Hass gegen die dortigen
Bewohner auszudrüeken. , Die Lage der Stadt ist reizend; sie lehnt sich'an
den bis zu seinem Gipfel fruchtbaren Berg Garizim, und ih r gegenüber liegt der
ganz steinige, fatt vegetationslose, kahle Ebal, nur von Schakal’s bewohnt,
*-) Diess ist die Angabe meines Wirths, eines angesehenen dortigen Kaufmanns; die
Meisten aber geben der Stadt eine Bevölkerung von 32 — 14000 Seelen* Die Wahrheit
liegt wahrscheinlich in der Mitte. Der obigen statistischen Berechnung zufolge (siehe
S. 233.) fanden sich im J. 1853 an steuerpflichtigen Männern in Nablus 4203 Muhammedaner,
220 Christen und 90 Juden und Judengenossen. So mag die ganze Seelenzahl
sich auf etwa 16000 belaufen, von denen 15000 Muhammedaner, und 1000 Andersgläubige
sind.