
in Form eines Doppelkreuzes ausgemauertes Grab gefunden. — Was die
Inschriften anlangt, welche am Eingänge der einzelnen Grabstätten sich
finden, so sind diese schon von ändern Reisenden mitgetheilt worden, daher
ich sie füglich übergehen kann. Rechts von den Hiobs-Brunnen ist der „Berg
des Aergernisses,“ . auf welchem Salomo den Götzen opferte, ein Theil des Oel-
berges, und nördlich von diesem das DorfSiloah oderSelwan, über und neben
welchem ebenfalls eine Menge Felsengräber sich finden; und einzelne Einschnitte
in den Felsen deuten darauf hin , dass man noch weitere Gräber in
den Felsen einzuhauen beabsichtigt hatte. Der heutige Begräbnissplatz der
Juden zieht sich von diesem Dorfe nördlich an dem Westabhange des Oel-
berges hin, auf welchem ungefähr in der Mitte des Berges eine weite Höhle
mit vielen Gängen, in denen man sich leicht verirren kann, die Gräber der
Propheten enthalten soll. Neben dem jetzigen jüdischen Begräbnissplatz
liegen 4 alte in den Felsen gehauene Gräber, welche für die des Zacharias,
Jacobus, Absalom und Josaphat gehalten werden. Das erste derselben von
der Südseite her ist ganz verschüttet, und nur der Fries noch sichtbar; das
zweite und dritte, welche beide 4 korinthische Säulen an der Vorderseite
haben, sind durch eine Felsenhöhle verbunden; das sogenannte Grab Absa-
lom’s steht ganz frei, hat eine viereckige Basis mit 4 ionischen Säulen an
jeder Seite, und darüber einen runden, oben spitz zulaufenden Thurm; an der
Hinterseite sieht m a n s c h t daneben einen fast ganz verschütteten Fries.
Durch ein Loch kann man in das Innere sehen, wo man nur Steinhaufen
bemerkt, da jeder Muhammedaner, welcher an demselben vorübergeht, mit
einem Fluch auf den ungerathenen Sohn, der sich gegen seinen Vater
empörte, einen Stein hineinwirft. Nahe dabei ist die steinerne Brücke über
das Thal Josaphat, über welche man westlich zu dem Stephansthore gelangt ;
südöstlich führt der Weg um den Oelberg herum nach Bethanien und Jericho,
und gerade nach Osten gewendet kommt man auf die Spitze des Oelberges.
Zuerst aber, da, wo beide Wege sich trennen, ist eine hohe Mauer, welche
einen weiten viereckigen Raum einschliesst; eine Thüre an der südöstlichen
Ecke oben führt hinein — diess ist der Garten Gethsemane, welchen ein
Mönch aus dem Kloster der Franciscaner behütet. 8 uralte Olivenbäume
stehen darin, die vielleicht noch aus der Zeit Jesu herstammen. Dicht vor
dem Eingang wird die Stelle gezeigt, wo die Jünger schliefen, so wie die,
an welcher Judas den Herrn verrieth. Ungefähr einen Steinwurf weiter
nach Norden ist eine Kapelle der Franciscaner in den Felsen hineingebaut,
welche den Ort bezeichnen soll, wo Jesus blutige Thränen schwitzte, und
nur wenige Schritte tiefer werden in einer griechischen Kapelle die Gräber
Joseph’s und der Maria, so wie ihrer Eltern gezeigt. Auf dem Gipfel des
Oelberges ist eine kleine Moschee mit Minaret, und daneben von einer
Mauer umgeben die Ruinen eines Klosters und Kirche, in deren Mitte über
einen Stein eine Kapelle erbaut ist. Auf diesem Steine sieht man eine-Ver-
tiefung, ähnlich der eines Fusses, und der fromme Glaube bezeichnet diese
Stelle als den Fusstapfen des Herrn, den er bei seiner Himmelfahrt zurück -
liess. Die Griechen und Armenier feiern daher am Himmelfahrtstage hier
ihren Gottesdienst. In der oben genannten Moschee war ein freundlicher
alter Türke, den ich mir durch ein gutes Bakschisch besonders geneigt
machte, als Wächter angestellt, und oft ging ich den steilen Berg hinan, auf
welchem immer noch viele Oelbäüme stehen, um von dem Minaret aus, auf
welches eine enge, steinerne Treppe führt, der herrlichen Aussicht mich zu
erfreuen, wobei er mich stets mit einem Tschubuk und Kaffee, wenn ich
erhitzt und ermattet oben anlangte, regalirte, und mir oft noch ein Blumen-
sträusschen in die Hand drückte. Einmal sogar trank ich mit Dr. Rosen
in der kleinen Moschee, wo es sehr kühl war, Kaffee, wozu wir ebenfalls
eine Pfeife rauchten. Man überblickt bier im Osten einen grossen Theil des
todten Meeres, einen Theil von Moab und dem Gebirge Abarim, von welchem
aus Moses das gelobte Land, welches er nicht betreten durfte, sah, weiter
nördlich die Gebirge von Gilead und Ammon, und an dem südwestlichen
Abhange des Oelberges selbst das liebliche Bethanien mit der Stätte von
Bethphage, im Norden diesseit des Jordan die Gebirge von Ju d a und
Ephraim (Sämaria), im Süden die von Ju d a mit den Gegenden von Hebron
und näher Bethlehem, und im Westen die von Benjamin, Ju d a und Dan,
ganz in der Nähe aber überschaut man Jerusalem mit seinen zahllosen
Kuppeln.
Steigt man von dem Oelberg herunter, und geht von dem Stephansthor
nördlich die Mauer entlang, so sieht man ungefähr in der Mitte zwischen
der nördlichen Ecke der Mauer und dem Damascus-Thore eine Grotte oder
Höhle, in welcher Jeremias seine Klagelieder geschrieben haben soll, und
weiter nördlich kommt man an die in den Felsen gehauenen „Gräber der
Könige“ mit einem Portal, welches in einen weiten Raum führt, aus dem
man in die verschiedenen Grabkammern gelangt; endlich werden noch weiter
nordwestlich die „Gräber der Richter“ gleichfalls in den Felsen gehauen,
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