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Drusen, der jedoch seinem Glaubensgenossen nichts zu Leide thun wollte,
wurde ohne allen Erfolg gegen ihn ausgesendet; ein zweites trieb ihn in
die Flucht; nur von Wenigen seiner Leute begleitet kam er in die Nähe
von Damascus, und suchte durch Vermittelung des preussischen Consulats
Verzeihung von der Regierung zu erlangen. Da dieses jedoch jede Beihülfe
versagte, so sah er sich genöthigt, als Wegelagerer aufzutreten, und
machte die Strasse nach Beirut unsicher. — Nachdem er die Kühnheit gehabt
hatte, die Frau aus Bludän zu holen, das erste Mal, von Truppen verfolgt,
sie wieder vom Pferde herunterlassen musste,O ' ' ein zweiter Versuch
aber völlig geglückt war, beraubte er mit seinen Leuten die reisenden
Araber und Türken, liess jedoch alle Franken (Europäer) ruhig und unangefochten
vorüber, wahrscheinlich, um deren Consulnfür sich zu gewinnen,
und durch deren Vermittelung einmal Seine Rehabilitirung zu erlangen.
So wurde der mir wohlbekannte Generalarzt Aqif Bey von ihm auf der
Landstrasse überfallen, und, da er ein Pistol gezogen, und einen Räuber
verwundet hatte, durch einen Säbelhieb zu Boden gestreckt. Aus dieser
neuen Veranlassung wurde nun abermals eine Truppenahtheilung gegen
den Scheich gesandt, und Feizy Bey, der Schwiegersohn von Aqif Bey,
ging mit einigen Mannschaften in die Beqäa; auch hatte man 3 Köpfe
von getödteten Drusen vor dem Serai des Seraskiers ausgestellt. Aber
alle Bemühungen, ihn selbst zu fahen, und mit seinem kleinen Häuflein zu
vernichten, blieben fruchtlos. Gedrängt auf der einen Seite, wendete er
sich nach einer ändern, raubte und plünderte bald auf der Strasse nach
Beirut, bald in dem südlichen Theil des Antilibanon auf der Strasse nach
Jerusalem, und zog sich zuletzt in das Ledscha zurück, von wo aus er trotz
den vielen ihm entgegengeschickteu Truppenabtheilungen neue Streifzüge
unternahm. Wahrscheinlich würde er noch lange sein Räuberhandwerk
ungestört fortgesetzt haben, wenn nicht im Sommer des folgenden Jahres
Einer der vornehmsten Drusenscheichs, Dschumbalät, welcher sich der
Pforte unterworfen hatte, ihn unter dem Vorwande zu sich geladen hätte,
dass er sich für ihn bei der Regierung verwenden wolle. E r ging in die
F a lle , wurde von diesem sogleich festgenommen, und dem Pascha von
Beirut ausgeliefert. Dort soll er später hingerichtet worden sein.
Auf das von dem Seraskier den Drusen gemachte Anerbieten eines
Waffenstillstandes behufs der Bestellung ihrer Felder stellten sie das Verlangen,
denselben bis nach der Ernte auszudehnen. Da er jedoch in
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diesem Fa lle abermals durch die Regenzeit in seinen Operationen gehindert
worden w ä re , so ging er nicht darauf ein , und es blieben daher
in dem ganzen Hauran die Felder unbestellt liegen. F ü r jeden mögüehen
Fall, und da auch schon während des vorigen Feldzuges eine Hungersnoth
drohte, weil man an eine ordentliche Verproviantirung des Heeres nicht
gedacht, die Zufuhr aber aus dem Hauran, der Kornkammer von Damascus,
bei der Unsicherheit der Wege aufgehört hatte, beschloss die Rathsversammlung
(der Medschlis ^ . 1 <°) nach vorher eingeholter Einwilligung der
fremden Consuln, alle Vorräthe an Getreide von Privaten zu einem bestimmten
Preise auf- und zu demselben wieder zu verkaufen, oder die Besitzer
von Magazinen zu zwingen, ihre Vorräthe zu dem von ihr angeordneten
Preise loszuschlagen.
Auch nach Beendigung des Feldzuges dauerte die Freundschaft des
Consuls mit den Drusen fort. Einer ihrer vornehmsten Scheichs, Abbas
Scheref, hatte trotzdem, dass er ein treuer Anhänger der Pforte war, manche
schwere Beleidigungen erfahren müssen. Während des Krieges war er mit
seinem Vater im Lager von Aziz Pascha gewesen. Der Anführer der Basch
bozuk’s, Namens Dsehenidi, gerieth dort mit Beiden in Streit, zog in dem
Zelte des Pascha den Säbel, und hieb auf Abbas Scheref, tra f jedoch nur
dessen Mantel. Der Pascha schlug sich in s Mittel, und nahm Beiden
die Waffen weg. Nach der Audienz trennten sich Vater und Sohn, der
Letztere, um nach dem Ledscha, der Vater, um mit seinem Schreiber nach
Damascus zu reiten. Letzterer war noch nicht weit gekommen, als er
einen Trupp Basch bozuk’s auf sich zueilen sah, deren feindliche Absieht
ahnend er den Versuch machte, in das Lager zurückzukehren, jedoch noch
vorher wurde er von ihnen eingeholt und zu Boden gestreckt. Sein Sohn
wollte nun die Blutrache, die bei den Drusen, wie bei den Muhammedanern
gewöhnlich, wenn nicht gesetzlich ist, an jenem Dscherüdi ausüben, liess
sich jedoch durch ein Schreiben unsers Consuls bewegen, nach Damascus
zu kommen, um auf gesetzlichem Wege Genugthuung für die Ermordung
seines Vaters bei dem Seraskier zu erlangen. Dieser, der von der beabsichtigten
Blutrache wohl benachrichtigt worden war, hatte mittlerweile die
ganze in Damascus wohnende Familie des Scheich Abbas Scheref emkerkem
lassen, sie aber auf Verlangen des Consuls sofort wieder freigegeben. Dr.
Wetzstein schickte nun seinen Dragoman mit den beiden Kawassen dem
Scheich entgegen, um ihn sicher in Damascus einzuführen, und liess ihn,