
liessen. wir den Dsehebel Musa „Mosesberg“ recbts liegen, und wählten die
gerade Strasse. Wir ritten bei Merüba, hinter welchem die ischon von
ändern Reisenden besuchte und hinlänglich bekannte Ruinenstadt Faqra
liegt, und blieben in Wada (Wady) el Dschöz „Nuss- oder Nussbaumthal“
wo aber jetz t nur noch ein einziger Nussbaum steht. Eurz nach Sonnenuntergang
langten wir dort an, und ich liess mir in der Vorhalle eines HauSes
mein Bette aufschlagen. Den folgenden Morgen, Freitag, den 23ten, kamen
wir wie gewöhnlich wieder spät fort, und ritten in südwestlicher Richtung
über Wada (Wady) el Loz „Mandel- oder Mandelbaum- Thal,“ (wiewohl ich
keinen einzigen Mandelbaum dort erblickte), wo ein bedeutendes Treffen
zwischen den Truppen des Ibrahim Pascha und denen des Sultan stattge-
fünden haben soll, welches mit dem-Rückzug der erstem endete, und frühstückten
in dem Kloster Sa'idet el Haqle oberhalb Dlibta. Von da ritten
wir über Aramün und Dschedei'de nach Ghasir, und trafen kurz nach Mittag
dort ein. So hatte ich in wenigen Tagen viele schöne, romantische Gebirgsgegenden
durchwandert, kehrte aber doch im Ganzen unbefriedigt zurück,
da ich weder wichtige Inschriften, noch Handschriften gefunden, und nur
einige Münzen zu kaufen Gelegenheit gehabt hatte.
Den 24ten Septbr, ritt ich wieder nach Beirut, nahm aber diessmal
meinen Weg nicht am Meeresufer entlang, sondern über die etwa 2 Stunden
von der Mündung des Nähr el Kelb entfernte sogenannte Quelle desselben,
eine romantisch schöne Stalactitenhöhle, aus welcher ein Arm dieses
Flusses kommt. Diese steht ohne Zweifel mit einer höher gelegenen Höhle
in Verbindung, die ich, weil es zu heiss und zu schwierig wa r, ich auch
kein Lieht bei mir hatte, welches dort nöthig ist, unbesucht lassen musste.
Der Weg war, wie auf der oben beschriebenen Gebirgsreise höchst beschwer-
Hch, und führte mich bei einem kleinen Schloss des Emir Haidar vorbei.
SchHessHch erwähne ich noch, dass in vielen Ortschaften des Libanon,
und namentlich auch in Ghasir, eine eigenthümhche Augenkrankheit, aber
nur unter den Kindern vom 4ten bis 7ten Lebensjahre, grassirt. In wenigen
Minuten oft schwillt das eine, oder auch beide Augenlieder zu gewaltiger
Dicke an, und bedeckt den ganzen Augapfel. Diess dauert 10 — 14 Tage
oder auch länger, und schmerzt sonderbarer Weise nur während der Nacht,
aber dann auch höchst empfindHch. Am Tage fühlen sich die Kranken
wohl; so wie aber die Dunkelheit eintritt, fangen sie an zu schreien, und
hören zuweilen erst mit Tagesanbruch auf, zu jammern. In diesem Jah re
war diese. Krankheit, vielleicht wegen der zu grossen Hitze, besonders stark
verbreitet. Zuweilen wiederholt sich dieselbe b e i. einem und demselben
Kinde nach kurzem Zwischenräume.
In Betreff der Trachten bemerke ich noch, dass in dem Bezirk von
Qanobin, Ehden u. s. w. die Frauen auf dem Hinterkopfe eine Schale tragen, wj 7 .. *
welche Tassa genannt wird, in dem Bezirk von Ghasir aber eine Art von
Trichter von der Gestalt eines grossen, breiten Pilzes, welcher über eine
Spanne lang, und oben eben so breit ist, vor der Stirn festgebunden, und
durch ein Tuch - oder Schleier ganz verhüllt wird. In dem sogenannten
eigentlichen Kesruän, einem District südlich von jenem, tragen die Frauen
endlich noch eine dritte .Art von Kopfputz, 1 — l 1/2 Elle lang, über welchen
eben so ein meist weisser Schleier gelegt wird. Dieser letzte Kopfschmuck,
welcher von Maronitinnen und Drusinnen getragen wird, und zwar vorn,
von der Stirn ausgehend, und schief gestellt, ganz wie das Horn des Einhorns,
heisst Tartür, der zweite, welcher an der rechten Seite des Kopfes
befestigt wird, wird Tassa oder Findschän genannt, gleich dem (bitten,
zuerst erwähnten. Alle diese 3 Arten werden erst von dem Tage der
Verheirathung an getragen, und dann nie wieder abgelegt; die Frauen
müssen selbst damit sehlafen, und haben dafür — namentlich bei der
zweiten Art von Kopfputz, eine besondere Höhlung in ihrer Schlafstätte,
in welche derselbe. gelegt wird. Jedoch kommen alle diese e ig en tüm lichen
Trachten immer mehr ab; man sieht sie meist nur bei alten
Frauen nocb- In Ghasir sprach mich eine alte Frau mit dem Trichter auf
dem Kopfe um ein Almosen an; als ich ihr etwas gegeben, drückte sie mir
die Hand mit der Kraft eines Mannes; ich fragte sie nach ihrem Alter,
worauf sie mir erwiderte, dass sie 106 Jah re zähle ■—- ihre Nachbarn bestätigten
diess. Gewöhnlich tragen die Frauen auch dort, wie in ganz Syrien,
ein breites, rundes Blech von Gold oder Silber über dem Fess, dessen blauseidene
Troddel rund herum vorsteht.
Als ich in Beirut ankam, war man in grösser Aufregung wegen des
bevorstehenden Krieges; 3 türkische Dampfschiffe waren in grösster Eile
von Konstantinopel angelangt, um die noch übrigen Truppen von da einzuschiffen.
Ein Bataillon war eben mit Musik abgezogen, und nach einigen
Nachrichten, die sich aber später nicht bestätigten, sollte der Krieg schon
begonnen haben.