
wie alle Orientalien, höchst misstrauisch, und diese gerade hier noch mehr als
alle Ändern, da ein früherer Bischof von ihnen, welcher von der maronitischen
Kirche zu ihnen, und später wieder von ihnen zu den Maroniten übergetreten
war, mehrere werthvolle Codices *an den ■frühem Preussischen Consul, Dr.
Schulz, aus der Klosterbibliothek verkauft hatte. Als dieser darauf hörte,
dass Jener sie widerrechtlich weggenommen hatte , gab er sie unentgeltlich
zurück, daher denn auch diese Priester besondere Zuneigung zu dem
Preussischen Cönsulate haben. Nichts desto weniger beharren sie auf ihrem
Misstrauen, und der Bischof, ein strenger, finsterer Mann, zeigte mir nur
flüchtig einige seiner Manuscripte. Unter diesen war eine wunderschöne, niedliche
Handschrift von der charklensischen (philoxenianischen) Uebersetzung
der 4 Evangelien, welche im Jah r 1098 der seleucidischen Aera, also 787 n.
Chr. geschrieben war. Sie batte die Grösse einer Schnupftabaksdose, wofür
ich sie anfangs auch h ie lt, und war auf feinem Pergament geschrieben, der
Deckel von geschnitztem Elfenbein, und darüber eine silberne Kapsel von
getriebener Arbeit. Ferner sah ich bei ihm die Geschichte des Gregorius Bar-
hebraeus mit einer Fortsetzung, und einen mir unbekannten Commentar zu
den 4 Evangelien von Daniel Sachla. Kurz darauf verreiste der Bischof, und
der gefällige Simon Murad, welcher mit den Syrern ebenfalls befreundet
war, hoffte, mir bei den beiden zurückgebliebenen Priestern durch ein Bak-
schisch (Geschenk) von circa 6 Thlr. zu meinem Zweck zu verhelfen. Sie.
waren, oder stellten sich wenigstens, darauf sehr bereitwillig, mir zu dienen,
versicherten mir jedoch, dass der Bischof den Schlüssel zu der Bibliothek
mitgenommen habe, und ihnen selbst nur wenige Bücher zu Gebote ständen.
Ich fand bei ihnen einen Commentar zu den Evangelien von Bar Salibi,
einige Schriften von Musa bar Kepha, und von Isaac Syrus, beide karschu-
nisch, daher der Erstere Ibn el Hadschär genannt wird, und
endlich das Candelabrum Sanctorum, eins der ersten Werke des Gregorius
Barhebraeus.
In Jerusalem findet sich nur eine einzige- Familie ansässig, welche zu
ihnen gehört, und ausser dieser noch 2 Priester und ein Matran (Bischof).
Diese Letztem leben in einem kleinen Kloster auf dem Zion. An der Stelle
desselben, so erzählen sie, stand früher das Haus des Marcus (Apostelg. 12,
12.), zu welchem der Engel des Herrn Petrus aus dem Gefängniss führte;
und sie sind der Meinung, dass dieser Marcus der Evangelist sei, daher ihre
K ir c h e auch dem Ev. Marcus geweiht ist; auch behaupten sie, dass ihre
Kirche, welche im Jahre 1848 restaurirt worden, die älteste, die des Jacobus,
Bruders des Herrn, und ersten Bisehofs sei, die der Armenier aber ihren
Namen von Jacobus, dem Bruder des Evangelisten Johannes erhalten habe,
und dass der Leichnam des Erstem in der Omar-Moschee begraben liege.
Denn, sagen sie, in diesem Hause des Evangelisten Marcus pflegten sich die
Jünger Jesu vor und nach der Auferstehung zu versammeln und zu beten;
und in diesem Hause auch theilte der erste Bischof von Jerusalem, der
s o g e n a n n t e Bruder des Herrn, Jacobus, das erste Abendmahl aus. Sie
versichern nämlich, Jacobus werde fälschlich der Bruder des Herrn genannt,
da -Joseph vor der Geburt Jesu schon verheirathet gewesen, und Kinder
gehabt habe (zu denen Jacobus gehörte), Maria aber als Dienerin zu ibm
gekommen sei; auch behaupten sie, Joseph sei später Priester geworden.
Ih r Antheil an der Grabeskirche ist, wie oben erwähnt, da, wo die Gräber
des Nicodemus und Joseph von Arimathia gezeigt werden, auch haben sie
Theil an der Marienkirche am Oelberg, beten aber nur alle Mittwoch darin,
während die Griechen und Armenier täglich darin ihren Gottesdienst haben.
Die syrisch-jacobitischen Mönche tragen gleich den Weltgeistlichen
einen schwarzen Turban, unter demselben ein weisses Käppchen, und
über dem Käppchen noch eine Art schwarzen Schleier, welcher hinten
herunterhängt, jedoch unter der Kutte verborgen ist, so dass man ihn kaum
sieht; die Weltgeistlichen tragen diesen Schleier nicht, und statt des weissen
Käppchens ein schwarzes. Ihre Kirchenbücher sind syrisch und arabisch,
das letztere mit syrischen Lettern geschrieben, also karschunisch, und die
Geistlichen können nach Willkühr oder nach dem Bedürfniss der Laien, die
nicht überall das Syrische verstehen, das Eine oder das Andere lesen. Sie
haben deren 12, welche in jedem Jahre durchgelesen werden. Jeden Sonntag
lesen sie zuerst Gebete von Mar Ephraem oder Mar Jacob-ben Serug,
welche beide Kirchenväter bei ihnen am höchsten stehen, oder auch von
Mar Ischak od Mar Balai. Dann folgt ein Abschnitt aus der Thora, worunter
sie das ganze A. T. mit sämmtlichen- Apokryphen verstehen, die sie
gleich den Nestorianern als kanonisch anerkennen; hierauf ein Stück aus
der Apostelgeschichte, nachher aus den neutestamentlichen Briefen, und
zuletzt aus den Evangelien, so dass sie in jedem Jah re an den Sonn- und
Festtagen die ganze Bibel durchlesen. An den Wochentagen lesen sie nur
das (?)• Die Mönche beten täglich 7 Mal, 4 Mal von Mitternacht, womit
sie den Tag beginnen, bis Mittag, und 3 Mal von Mittag bis Mitternacht,
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