
lieren, sie verheimlichen lässt. — Am nächsten Morgen o vor Sonnenaufog anog
ritten wir in nordöstlicher Richtung weiter, und kamen nach einigen Stunden
bei einem verlassenen Dorfe, wie man sie hier häufig findet, vorbei.
Wenn nämlich die Bewohner einer Ortschaft die wirklich enormen Steuern *
(die noch dadurch erhöht werden, dass man sie vor der Erntezeit eintreibt,
und dass somit die armen Bauern gezwungen sind, in die Hände oder
Klauen der Schubasi’s zu fallen) nicht mehr aufbringen können, so verlassen
sie bei Nacht und Nebel ihre werthlosen Lehmhütten, und wandern nach
einem ändern Districte, wo sie wenigstens ohne Schulden wieder anfangen.
Eine Stunde weiter trafen wir wieder einen bewohnten Ort, Dawäni, und
sahen in der Nähe nach der hier üblichen Weise dreschen. Es wird dazu
ein freier Platz geebnet, und die vollen Aehren werden darauf gebreitet. Der
Dreschwagen besteht aus mehreren an einander gefügten Bretern mit an
der untern Seite befestigten Stein en , an welche vorn eine Deichsel angebracht
ist. Zwei Ochsen werden davor gespannt, und der Lenker stellt
sich auf das Bretgestell, um es zugleich zu beschweren. E r fahrt nun so
lange im Kreise herum, bis Alles ausgedroschen ist, wobei natürlich auch
die Halme zuHäcksel zermalmt werden. Diessmal war es aber kein Getreide,
sondern Disteln, welche in Ermangelung desselben klein gemacht, und von
den armen Leuten als Pferdefutter gebraucht werden. Es war mir interessant,
zu hören, dass in Syrien und Palästina eine Distelgattung noch heute
den Namen Dardar, führt, welcher ganz dem hebräischen Namen “ffVt
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entspricht, der bei der Vertreibung Adams aus dem Paradiese 1. B. Mos.
3, 18. erwähnt wird. Auch der genannte Dreschwagen, welcher noch je tz t
dieselbe Form hat, wie zur Zeit der Israeliten in Palästina, und durch ganz
P a lä stina und Syrien, und auffallender Weise auch ähnlich in Armenien
(vgl. B. v. Haxthausen Transkaukasia, Th. 1, S. 39.) gebraucht wird, hat
den biblischen Namen J l i ü im Arabischen beibehalten, wo er '.17, moradsch
genannt wird. MerkwürTd i. g aber i.st, dass die andere Art von Dreschwagen,
in der Bibel genannt, welche durch scharfe eiserne R ä d e r, die in
drei Reihen hinter einander stehen, das Getreide zermalmt, sich je tz t nur
noch in Egypten und Persien findet.
Nach zweistündigem Ritt gelangten wir in das D orf Ain Tine , . r
(d. i. „Feigenquelle), wo mehrere Dorfbewohner den Pferden sogleich in
die Zügel fielen, und sich einander den Besuch streitig machten. W ir
hielten nur kurze Zeit bei Einem der reichsten Bauern, und ritten dann
nach dem Vs Stunde entfernten Malfila durch ein Thal zwischen Anpflan-
zungen von Mais, Wein, Pistacien, Feigen, Granaten, und einer Art Akazie
(Sumach) , deren Beeren gegessen werden, und gegen Diarrhöe sehr gut
sein sollen. So wie Sidnaya, so ist auch Malula ein ganz christlicher Ort,
während Ain Tine ganz von Muhammedanern bewohnt wird, und wir hörten
auch hier wegen des Festtages fortwährend Freudenschüsse. Malfila ist
höchst romantisch gelegen, an einen Felsenabhang gebaut, über welchem
aber noch ein mehrere Hundert Fuss hoher Felsen hervorragt, und auf
drei Seiten von kahlem Gestein eingeschlossen. Wir stiegen in dem am
Ende des Dorfes gelegenen Kloster, von griechisch-katholischen Geistlichen
bewohnt, ab, wurden von dem Archimandrit sehr freundlich empfangen,
mit Pfeifen, Kaffee und Limonade regalirt, und gingen dann in die daneben
liegende, in den Felsen eingebaute Kapelle mit einer offenen Säulenhalle,
von welcher man eine herrliche Aussicht über Dorf und Thal hat. - Von
hier'aus besuchten wir das zweite, oberhalb a u f d e m Felsen gelegene Kloster,
und gelangten dahin durch einen schmalen W eg in enger Felsschlucht -
ähnlich dem von Pfeffers in der Schweiz - wo das massenhafte Gestern
sich theilweise über unsern Häuptern vereinigte, so dass man glauben sollte,
das durchfliessende Wasser allein habe die Schlucht allmälig ausgehohlt
Nach einem etwa inständigen beschwerlichen Marsche kamen wir auf das
Plateau in das Freie, und durch treffliche Weinpflanzungen in das Kloster
selbst, in welchem ich grosse Lust hatte, mich für einige Wochen niederzulassen,
um den syrischen Dialect, der hier noch gesprochen wird, zu erlernen.
— Zwei J a h re früher war Malfila von den aus dem Kampfe gegen
den rebellischen Fürsten von Baalbek, einemEmir derMutewelli aus dem
Geschlecbte Harffisch, heimkehrenden türkischen Soldaten schrecklich
heimgesucht werden. In dem obern Kloster hatten sie zwei Laienbrüdern
oder Geistlichen die Hände abgehauen, in dem untern den Superior und
21 Bewohner ermordet, in dem Dorfe selbst aber die grässlichsten Schandt
a t e n verübt, und diess Alles nur in dem falschen Wahne, oder wahrscheinlicher
unter dem Vorgeben, als hätten die Bewohner des Orts jenen Fürsten
gegen die Regierung Beistand geleistet - Von einem tüchtigen Regen,
dem ersten seit Konstantinopel, ereilt, stiegen wir nun einen halsbrechenden
Weg hinab bei einer Menge von Höhlen vorbei, die sich uns als Gräber,
nach altorientalischer Sitte in Felsen gehauen, darstellten. Noch an dem