
auf einen Stulil setzen, den er bringen liess — die Bischöfe und ändern
Priester sassen in respectvoller Entfernung, und mussten, als die Zeit des
Essens kam, auf ihre Zelle gehen, da» der Patriarch stets allein speist; nur,
wenn vornehme Fremde zu ihm kommen, ladet er diese zu seiner Tafel, und,
da er mich für einen Solchen hielt, oder doch als Solchen ehren wollte, so
lud er mich ein für alle Mal, so lange ich bei ihm bleiben würde, zu sich
zu Tische. Leider konnte diess nur 2 Mal geschehen, da er schon am zweiten
Tage meiner Anwesenheit erkrankte, und sich seitdem nicht wieder ganz
erholt hat, so dass er im folgenden Jahre dieser Krankheit erlag. E r schickte
mir daher das Essen in mein Zelt, welches ich dicht hinter dem Hause —
ein Palais konnte man es nicht nennen —-■ aufschlagen liess, da das Zimmer,
welches mir für die erste Nacht angewiesen wurde, das einzige vaeante,,im
untern Stock nicht sehr wohnlich war.*) In gewisser Beziehung war mir
diess angenehmer, da ich mich an die eigenthümliche Sitte des ructare bei
Tische, welches der Anstand zu erfordern scheint, nicht gewöhnen konnte;
es verleidete mir den Appetit, und doch wollte ich den guten Alten nicht
beleidigen, der mir wiederholt versicherte, dass man bei ihnen die Liebe des
Gastes zu seinem Wirthe nach der Grösse seines Appetits zu beurtheilen
pflege. Zudem musste ich dabei auf der Erde kauern, erhielt aber doch
Messer und Gabeln, während er mit den.Fingern ,ass. Glücklicherweise
tra f ich keinen Fasttag — die Maroniten fasten gleich den ändern orientalischen
Christen zweimal wöchentlich, Mittwochs und Freitags, an denen
sie nur Brod und mit Oel zubereitete yegetabilien gemessent.«^, und während
der Geistlichkeit allezeit Fleisch zu essen verboten is t, macht der
Patriarch eine Ausnahme, daher auch dieses, Hammelfleisch natürlich, an
der reich besetzten Tafel nicht fehlte. Wein trank der Patriarch nicht,
wohl aber hatte er für mich eine Flasche guten Libanon-Wein besorgen
lassen. Nach dem Essen erhielt ich auch Kaffee in einer europäischen Tasse
mit Zucker, was in dem Orient ganz ungewöhnlich ist. Es war ein liebenswürdiger
Greis von etwa 6 0— 70 Jahren, der aber keine speciellen Studien
in der Geographie gemacht zu haben schien. E r meinte, ich sei von Berlin
aus direct zur See nach Syrien gereist, und sagte, Deutschland sei ein
hübsches Land, in welchem es keine Farmason’s gebe. Unter diesem Worte,
welches offenbar ursprünglich „Freimaurer1' bezeichnet, verstehen sie die
*) Er entschuldigte sich auch desshalb hei mir," da das erst von seinem Neffen ¡für
ihn erbaute Hans mit Kirche nur gerade für ihn und sein Gefolge ausreichte.
sittlich und religiös verderbtesten Menschen, Gottesläugner, und Solche,
die zu allen schlechten Handlungen fähig sind. Es ist das grösste Schimpfwort
in dem Orient, zu welchem diese Ansicht von Russland aus gekommen
zu sein scheint. Von dem Lande, in welchem er wohnte, wie von seinen
Glaubensgenossen, war er natürlich besser unterrichtet, und ich erfuhr theils
von ihm, theils von 2 seiner Bischöfe, mit denen ich mich viel unterhielt,
Folgendes: Dimän liegt in dem District Dschübbe, zu welchem der ganze
Bergkessel, den ich durchstreift hatte, und noch einige Dörfer nördlich und
südlich darüber hinaus, mit den Klöstern Qes’haja, Saidet Haua, Saidet
Qanobin, Mar Elischa und Mar Serkis gehören» Die Zahl der Maroniten
beläuft sich im Ganzen auf etwa 525,000 Seelen, von denen 482,500 in
dem Libanon wohnen, welche 50— 60,000 streitbare Männer stellen können.
Sie haben 82 Klöster mit 1410 Mönchen in 67 und 330 Nonnen in 15 Klöstern.
Alle diese Klöster haben strenge, von dem päpstlichen Stuhle bestätigte
Regeln. Die Zahl der Kirchen ausser den Klöstern beträgt 356, welche
von 1205 Priestern bedient werden. 4 öffentliche Collegien enthalten
8 0— 100 Eleven, welche unentgeltlich Unterricht in der arabischen und
syrischen Grammatik, Philosophie, Dogmatik u. s. w. erhalten. Seit einigen
Jahren hat der Patriarch einen besondern Ort auserwählt, wo er nach seiner
Wahl uuter einem von ihm ernannten Obern eifrige und unterrichtete Priester
versammelt, welche das ganze Jah r an verschiedenen Orten predigen. Dieser
Ort heisst die nationale Mission. —- Die Maroniten haben ganz den römischen
Kalender, und nur einige ihnen eigene Feste. Die Messe und Officien
werden in syrischer Sprache' gehalten (vgl. oben S. 131 u. ff.), nur die
Evangelien, Episteln und einige Gebete zum bessern Verständniss des Volkes
arabisch gelesen. Die Communion mit ungesäuertem Brod findet ganz nach
römischem Ritus statt, die Männer treten vor den Altar, zu den Frauen
geht der Priester, und reicht ihnen das Brod durch das Gitter, welches
sie von den Männern rennt.
Die maronitische Kirche leitet ihren Ursprung von Mar Maron her,
einem Anachoreten, welcher zu Ende des 4ten Jahrhunderts lebte, und viele
Klöster in Syrien gründete. Sein Gedächtniss wird alljährlich am 9ten
Februar von dieser Kirche gefeiert. Das bedeutendste unter den Klöstern
seiner Schüler war das unter der Regierung des Kaisers Marcianus am
Orontes gegründete, und nach seinem Namen benannte. .Mar Johannes
Maron, dessen Gedächtniss jährlich am 2ten März begangen wird, war der