
nach Bethlehem bestimmt. Schon früh um 7 Uhr, um der Mittagshitze aus-
zuweiehen, machten wir uns dahin auf den Weg, obgleich die Entfernung
zwischen beiden Städten nur etwa 11/2 Stunde beträgt. Der Morgen war
sehr angenehm; vor dem Jaffa-Thore hatten sich zahlreiche Pilger versammelt,
die, weil das Osterfest nun vorüber war, sich zur Abreise gerüstet
hatten. Wir wendeten uns von dem Thore an gleich links, nach Süden,
stiegen einen Theil des Berges hinab bis zu dem untern Teiche Salomo’s,
und gelangten auf der ändern Seite wieder aufsteigend bei der Buine des
angeblichen Palastes von Kaiphas auf die Hochebene, welche namentlich
zur rechten Seite des Weges Felder und einige Baumpflanzungen zeigte.*)
Diese wird südlich von einer Hügelkette begränzt, auf deren einer Spitze
das griechische Kloster Mar Elias liegt, ihm gegenüber ein Gebäude Qasr
Elias „Burg des Elias“ genannt. Zwischen beiden geht der Weg nah Bethlehem.
Ehe man dahin gelangt, sieht man' links vom Wege einen alten,
verfallenen Thurm, und rechts in einiger Entfernung das Dorf el M&recha.
Dicht vor Mar Elias steht ein alter Baum, unter welchem der Prophet auf
seiner Wanderung nach dem’ Sinai geruht haben soll, und daneben sind
2 Brunnen mit köstlichem Wasser. Von dem mit einer Mauer umgebenen
Kloster aus sieht man beide Städte, Jerusalem nordöstlich, und Bethlehem«,
das freundliche Städtchen mit 3 — 4000 nur christlichen Bewohnern auf
2 Bergrücken erbaut, im Süden vor sich. Auf einem für Beiter unbequemen
Wege, weil er von breiten, glatten Steinen bedeckt ist, steigt man von der
Anhöhe herab, und kommt zuerst an einem einzeln stehenden Oelbaum vorbei,
welcher links von dem Wege auf dem sogenannten Erbsenfelde steht.
Einst ging, so erzählt die Sage, die Jungfrau Maria hier vorüber, und bat
einen Bauer, welcher eben mit der Erbsenernte beschäftigt war, um einige
seiner Früchte, damit sie ihren Hunger stillen könnte. Hartherzig schlug
er ihr die Bitte ab, und in ihrem Unmuth darüber wünschte sie, dass seine
Erbsen zu Steinen würden. Diess geschah, und noch immer sammeln die
Pilger hier erbsenähnliche Steine, welche in *zahlreicher Menge nur auf
diesem Felde herumliegen. Nicht weit davon ist rechts vom Wege das Grab
der Bachei, ein steinernes, verschlossenes Gebäude mit einer Vorhalle —
den Schlüssel dazu bewahren die Juden von Jerusalem. Vor und hinter
demselben sind muhammedanische Gräber, das eines Derwisch dicljJ daneben,
*) Diess ist das Thal Rephaim, wo David die Philister schlug, 2. B. Sam. 5,18. u. s. w.
und dahinter ein Grab mit einer Kuppel. Weiter hin rechts liegt das Dorf
BeitDschala und ein kleines Wäldchen. Dann gelangt man zwischen Oliven-,
Feigen- und Granatbäumen, welche ringsum auf den Feldern stehen, und
bei Weingärten vorbei in das betriebsame Bethlehem, dessen Bewohner
ganz von den Pilgern leben, denen sie die Producte ihres Fleisses verkaufen,
bestehend in Bosenkränzen von Olivenkörnern und ändern Früchten , in
Bechern und Schalen von dem schwarzen Gestein des Neby Musa, des vermeintlichen
Grabes Mosis am todten Meere, oder von dem weiss und roth
gefleckten Marmor des Felsens, auf dem die Grabeskirche in Jerusalem
erbaut ist, und in Arbeiten von Perlenmutter, welche in ganzen Kameella-
dungen von dem rothien Meere dahin geschafft wird. Sie lassen entweder
die Muschel ganz, und graben auf der geglätteten Aussenfläche Darstellungen
der biblischen Geschichte und von Heiligen ein, oder sie schneiden
kleine Kreuze und Crucifixe daraus, oder legen auch Kreuze von Öliven-
holz damit aus. So treiben sie einen sehr einträglichen Handel. Wir gingen
durch das Städtchen nach dem Kloster, an dem östlichen Bergrücken gelegen,
wo Armenier, Griechen und Franeiscaner der terra santa ihre Abtheilungen
haben. Zuerst begaben wir uns zu den Armeniern, deren Einer uns herumführte.
Diess war der Erste , und, so viel ich mich entsinne, auch der einzige
Armenier, welcher nicht türkisch, sondern nur armenisch und arabisch
sprach. Die Kirche verdankt ihren Ursprung der Kaiserin Helena. Durch
einen Säulengang, dessen obere Wände noch musivische Gemälde mit griechischen,
aber nicht mehr lesbaren Inschriften zeigten, weil Vieles von dem
Mosaik abgebrochen war, gelangten wir in die eigentliche Kirche, den Chor,
durch eine offenbar neuere Wand von dem Schiff getrennt. Der Hauptaltar
mit einem Nebenpult gehört den Griechen;- links davon steht ein grösserer
Altar im Hintergrund, und vorn ein kleinerer, beide den Armeniern gehörig.
Unter dem Hauptaltar in der Mitte steigt man auf 15 Marmorstufen hinab
zu der Grotte, deren goldene und silberne Lampen von den Geistlichen der
verschiedenen Confessionen brennend erhalten werden. Gleich am Eingänge
links bezeichnet ein Altar die Stelle der Geburt Jesu. Ein darunter angebrachter
silberner und vergoldeter Stern ist ein Geschenk des Sultans Abd
ul Medschid, weil sich die Parteien darüber stritten. Ihm gegenüber ist
ein zweiter Altar, darunter die Krippe Jesu, in Form eines Parallelogramms
von schönem Marmor; weiterhin ein dritter, darunter hinter einem Gitter
die Schädel der unschuldigen Kindlein, welche Herodes ermorden liess; und