
gelangten lange vor Sonnenaufgang nach Mersin, wo der Pole,-so wie der
griechische Kaufmann ein Unterkommen fanden — der Erstere hatte ein
Haus — ich aber mit den Meinigen wie verrathen und verkauft war. Der
Morgen an der See war sehr kühl, ich natürlich sehr müde, und an ein
Unterkommen war nicht zu denken. Wir trieben uns bis nach Sonnenaufgang
bei dem Kaffeehause herum; dann liess ich meine Sachen hineinschaffen,
da weder ein Chan noch ein Wirthshaus dort war, wusch mich, so
gut es ging, im Freien, rauchte einige Wasserpfeifen, trank Kaffee, und
wartete das von Beirut kommende Dampfboot ah, welches mir aber leider
keine Briefe aus der Heimath brachte. Das andere Dampfboot, welches von
Smyrna erwartet wurde, kam erst den folgenden Morgen dort an. DerKaf-
fetier räumte mir bereitwillig einen Platz in seiner Wohnung ein; ich zog
jedoch wegen der grosseh Hitze vor, in einer Art Laube vor dem Hause auf
der Bank zu schlafen; und, um den Tag nicht nutzlos zu verbringen, nahm
ich einen Mucker, und ritt mit ihm und meinen beiden Jungens nach den
IV2— 2 Stunden von Mersin entferten Ruinen von Pompejopolis. Wir
ritten in gerader westlicher Richtung nahe dem Meere, kamen nach Stunde
in ein weit ausgedehntes Gebüsch, hier Wald genannt, von Pinien und
Myrthen, und sahen nach etwa Stunde nicht weit vom Meeresufer zahlreiche,
grossentheils mit Gesträuch überwachsene Mauerreste, welche, wie
der Mucker versicherte, zu dem alten,, ehemaligen Mersin gehörten. Nahe
der grossen Bucht, welche sich weiterhin zeigte, fanden wir die Reste einer
Stadtmauer, und nicht weit davon die einer Wasserleitung, welche das
Wasser aus weiter Ferne dahin brächte. An der ändern Seite der Bucht,
und zwar an der westlichen Spitze derselben, waren die Ruinen von Pompejopolis
(S o li), von den Eingeborenen Chachmun genannt (.wie man sagt,
nach dem Namen des Erbauers, eines Juden), aus der Ferne schon erkennbar
durch eine Reihe schlanker Säulen. Zuerst kamen wir an einige offene,
steinerne Sarkophage ohne Inschrift, welche am Wege lagen. Nahe dabei
zog sich eine Mauer aus Quadersteinen bis zu einem Hügel hin, der
noch deutliche Spuren eines ehemaligen Amphitheaters zeigte, von welchem
die verschiedenen Reihen der-Sitze zum Theil noch erhalten waren.
Unten in der Arena fanden wir ein leider sehr verstümmeltes Relief in
weissem Marmor, eine weibliche Büste darstellend. Einige Hundert Schritt
davon, dicht mit Gesträuch durchwachsen und schwer zugänglich, standen
41 Säulen mit ihren Kapitalen in gerader Linie von Süden nach Norden
gehend, noch aufrecht, dazwischen aber mehrere umgestürzt, am südlichen
Ende standen nur noch 2 Säulen in der Richtung von Westen nach Osten.
Alle diese Säulen sind von gleicher Höhe und Stärke; jede einzelne besteht
aus 4 Stücken von gleicher Länge, jedes 54 Zoll lang, der Durchmesser
beträgt 36 Zoll. In der Mitte haben sie nach Westen zu gerichtet eine
kleine Bedachung, als ob unterhalb derselben eine Figur gestanden habe. — '
Ferner sahen wir noch ein Gesims,/ an welchem neben Arabesken ein H
eingegraben war, von weissem Marmor, und einen ähnlich ausgehöhlten
Sandstein, welcher oben 2, in der Höhlung selbst aber 6 Zeilen griechische
Inschrift zeigte, die leider so sehr verwittert war, dass ich sie nicht lesen
konnte. Sie scheint zu einem Hause gehört zu haben, welches das Eigenthum
eines gewissen Alexander war. Es war mir merkwürdig, dass bei den
Ruinen dicht am Meere, und nur wenig Schritte davon-entfernt, eine Quelle
süssen, wohlschmeckenden Wassers war.
Wir streiften ziemlich lange in den Ruinen umher, fanden aber sonst
nichts Bemerkenswerthes, und mussten endlich, da die Sohne sich zu ihrem
Untergange neigte, wieder aufbrechen. Erst mit einbrechender Dunkelheit
langten wir in Mersin wieder an, und schliefen in dem Kaffeehaus vor
Müdigkeit vortrefflich. Als das Dampfboot angekommen war, schifften
wir uns ein. Diessmal nahm ich aus Ersparniss den zweiten Platz. Ich
fand'auf demselben einen jungen Berliner, Namens Gerike', welcher nach
Jerusalem reiste, einen türkischen Quarantäne-Arzt aus dem sächsischen
Erzgebirge,, wenn ich nicht irre, aus Zschopau, Namens Heynig, der schon
•8 J a h r in türkischen Diensten war, davon ö 1^ J a h r in Bajezid an der persischen
Gränze gestanden hatte, und nun in gleicher Eigenschaft nach Hebron,
dem äussersten Posten an der sinaitischen Wüste, versetzt war. In der
ersten Kajüte fand sich noch ein dritter Deutscher, ebenfalls ursprünglich
Berliner, Namens Fiedler, ein Landschaftsmaler, der seit 5 Jahren in Triest
lebte, in Konstantinopel für den Sultan das Arsenal gemalt, und schöne
Skizzen auf seiner Reise gesammelt hatte, auch auf dieser Tour sein Album
noch mit manchen Skizzen bereicherte. E r machte diese Reise auf Veranlassung
und auf Kosten des Erzherzogs Max, welcher ihn kennen gelernt und
lieb gewonnen hatte.
Noch denselben Tag kamen wir nach Iskenderün, wo wir abermals
über 24 Stunden liegen blieben, und erst gegen Mitternacht abfuhren. In
der Nacht erhob sich ein sehr starker, fast sturmähnlicher Wind, der auch.