
E rd e , —* über 1300 Fuss u n te r der Meeresfläche — intensiver ist als
irgendwo anders, stiegen wir a b , und warfen uns auf den Boden, um auszuruhen,
bis wir uns an Kaffee, Apfelsinen und ändern Esswaaren, die wir
mitgenommen hatten, erlaben konnten. Dann machte o 7 ich mit Dr. Rosen
einen Spaziergang nach der nahe liegenden Quelle, um welcher man noch
die Spuren eines ehemaligen Rundbaues gewahrt. Diess ist „die Quelle des
E lisa ,“ deren Wasser der Prophet nach 2. B. Kön. 2, 1 9—-2 2 . trinkbar
gemacht hat; .denn es ist in der ganzen Umgegend von Jericho diese die
einzige Quelle, welche trinkbares Wasser liefert. Dr. Rosen hatte bei seinem
Vorritt den Scheich der zwischen dem rechten Jordanufer und Jerusalem
hausenden Beduinen in dem Lager der Pilger aufgesucht, um von ihm eine
Wache für die Nacht, und eine Escorte für den nächsten Tag zu verlangen.
Dieser kam nun selbst mit Einigen seiner Leute nach unserer Lagerstätte,
und liess diese bei uns. Nach eingenommenem Abendessen und Thee belustigten
uns die Beduinen mit Gesang und Tanz, wobei sie sich aber nicht
von der Stelle bewegten, sondern nur trippelten, in die Höhe sprangen, und
dabei nach dem Tact in die Hände klatschten, während Einer von ihnen
allerhand Sprünge,1 Bewegungen mit dem ganzen Körper, und Gestieula-
tionen machte^ manchmal auch mit dem.Dolche auf die Ändern losstürzte.
Wir waren sehr ermattet, und legten uns bald auf unser Lager ; allein
trotzdem, dass wir das Zelt halb offen liessen, konnten wir doch vor der
übergrossen Hitze nicht schlafen, und wurden noch überdiess durch unsere
unruhigen Pferde, wie durch das Gequak der Frösche gestört, und von den
Geizen (einer Art kleiner Mücken) unaufhörlich gepeinigt. Kurz nach 1 Uhr
in der Nacht mussten wir wieder aufstehen. Die Bereitung des Kaffee, das
Abhrechen der Zelte und Aufladen dauerte,' zumal da wir noch einen unwilligen
und unwissenden Mucker bei uns hatten, über 2 Stunden, so dass wir
erst gegen 3t/2 Uhr fortkamen. Wir hatten nun noch fast 3 Stunden bis
zu dem Jordan zu reiten; und unsere Beduinen trieben uns, theils weil sie
sich selbst nicht ganz sicher glaubten, theils auch, w e i l sie uns zu rechter Zeit
an den Jordan bringen wollten, zu grösser Eile an. Aber die Hitze, auch
am frühen Morgen, war fast unerträglich, und mein Pferd wollte nicht mehr
recht fort. Dennoeh gelangten wir kurz nach der Ankunft der Pilger mitten
durch die Baschbozuk’s, welche ihre Reiterkünste zeigten, und Scheinangriffe
mit Pistolenschüssen auf einander machten, an den Jordan, und drängten
. uns mit Mühe bis an dessen Ufer.
Jericho, Baden im Jordan. Das todte Meer. 243
Unterwegs waren wir bei Jericho vorbeigekommen, welches jetzt ein
armseliges Dorf , ist; ein alter, halb verfallener Thurm, in welchem einige
Baschbozuk’s hausen, und wenige elende Hütten bezeichnen noch die Stelle
dieser einst so blühenden Stadt. Von Palmen ist kaum noch die Rede. Das
Jordanufer ist an beiden Seiten mit 6 Fuss und höherem Schilf, wie mit
Bäumen und Grns bewachsen. An einer Furth, an derselben Stelle, wo Jesus
von Johannes getauft worden, sein soll, waren nun Tausende, Männer,
Frauen und Kinder, und selbst Säuglinge versammelt, welche sich entkleideten,
ihre Sterbekleider anzogen, und mit diesen angethan in den reissenden
Strom gingen, oder sich kopfüber hineinstürzten; auch griechische Priester
sah ich unter ihnen. Sie glauben, durch dieses Bad ihre Sünden abzuwaschen.
Wir schöpften von dem immer schmuzigen Wasser des Jordan,
und machten uns dann, begleitet von dem sehr civilisirten Räuberhauptmann
und Mehreren seiner Leute wieder auf den Weg. Es schlossen sich
uns noch eine englische Familie, der Professor Roth aus München, welcher
mit Schubert schon hier gewesen war, vor Kurzem aber leider, nachdem er eine
Reise nach der Ostseite des todten Meeres gemacht hatte, in der Nähe von Beirut
einem Sumpffieber erlegen ist, und Dr. Sandretzky mit seinem ältesten Sohn
und Dragoman an, so dass wir eine stattliche Karavane bildeten. Unser
Weg führte uns in rein südlicher Richtung durch die sandige Ebene, welche
immer unfruchtbarer wurde, und je weiter wir kamen, desto weniger Vegeta
tio n , zuletzt nur noch einige Salzpflanzen, namentlich Mesembryanthemum
zeigte,, in 11/2— 2 Stunden nach dem todten Meere, V ' 11 »Bahr el L ut“
„Loths Meer,“ von den Arabern genannt. Unsere Beduinen machten dabei
„Phantasie,“ d. h sie zeigten uns ihre Gewandtheit im Reiten, und griffen
einander mit Lanzen und Pistolen an.
Der Anblick des todten Meeres ist keineswegs so abschreckend, wie man
sich ihn vorstellen mag. Schon von der Spitze des Oelberg.es erblickt man einen
Theil desselben; aber auch an seinem nördlichen, flachenUfer, wo wir uns
im brennenden Sonnenschein lagerten, kann man dieses 10 — 12 Meilen
lange und mehrere Meilen breite Meer nicht ganz übersehen. D ie , wenn
auch kahlen Berg*, welche es von Osten und Westen umschliessen, geben
ihm einen malerisch schönen Anblick. Das Wa sser, von dem ich etiyas
mitnahm, schmeckt widerlich, und ich möchte es dem Bitterwasser vergleichen,
da es einen sehr bittern und salzigen Geschmack hat. Ich wusch mir
die Hände darin, konnte aber die klebrige Substanz, welche, sich dabei
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