
genauer, und fand glücklicherweise unter ihnen Einen, der früher einmal
in Haleb gewesen war, und dem ich ein Glas Scherbet (Limonade) gegeben
hatte. Ich erinnerte ihn daran, er erkannte mich und schüttelte seinen
Mantel, worauf die Ändern sämmtlich zurücktraten. Dann ging er in das
Zelt des Scheichs, der uns sogleich alle geraubten Gegenstände zurückgeben
liess, und uns zu Kaffee und Pfeife einlud. Und jener Araber gehörte nicht
einmal zu diesem, sondern nur zu einem befreundeten Stamme.
. Eine andere Tugend der Araber ist die Murüwwe jj~ ’J , welches Wort
Ar
der Entstehung, und auch so ziemlich der Bedeutung nach dem lateinischen
virtiis entspricht, und Tapferkeit, Männlichkeit, Grossmuth, Edelmuth in
sich schliesst. Wenn Einer in Gefahr ist, und in der Angst seines Herzens
ausruft: x. t U J j t f fen ahl el muruwwe „wo ist das Volk (wo sind
die Männer, Leute) des Edelmuths?“ so ist Jeder verpflichtet, ihm beizustehen,
und er kann der Hülfe versichert sein. Zwei sprechende Beispiele
davon, welche zu meiner Kenntniss gelangt s in d , will ich hier
mittheilen.
Vor etwa 30— 35 Jahren hausten in Damascus die Amauten (Alba-
neser), wie die Janitseharen in Konstantinopel. Ein Deli baschi
Anführer derselben, wollte einst eine vorübergehende Frau mit Gewalt in
das Serai schleppen. In ihrer Todesangst rief s ie : J a ummat Muhammed,
j a ahl el murüwwe ü. t ! 1 J j c | |_j ,v~ ■<? „O Volk Muhammed’s, o
ihr Leute des Edelmuths!“ und sogleich tra t ein Kleiderhändler hervor, uud
bat den Anführer der Basch bozuks flehentlich um Entlassung dieser Frau,
indem er ihm zugleich versprach, 100andere Frauen oder Mädchen ihm dafür
zu verschaffen. Mit Verachtung und Hohn zurückgewiesen, warf er seinen
Mantel zurück, zog sein Schwerdt— denn damals gingen Alle bewaffnet-1—
und spaltete dem Amauten, der zu Pferde sass, den Kopf, nahm dann die
Frau, und eilte mit ihr davon, ohne von den nachgesandten Kugeln getroffen
zu werden. E r brachte die Frau nach ihrer Wohnung, viele Andere, nicht
minder empört über die Frechheit und Zügellosigkeit der Amauten, schlossen
sich ihm an, und bald war er ein Schrecken für diese räuberischen Trappen.
Einst rief ein zum Richtplatz geführter Verbrecher aus: „Wo ist ein
edler Mann, der für mich einsteht, dass ich meine Frau und K in der nochmals
sehen und von ihnen Abschied nehmen kann?“ Ein vornehmer Mann
tra t aus der Menge hervor, und übergab sich dem Scharfrichter, welcher
dem Delinquenten eine Stunde F rist gestattete. Dieser ging zu den Semigen,
kam aber auf dem Rückwege auf den Gedanken zu entfliehen, und eilte
nach Salahije. Unterwegs aber ging er in sich, und kehrte, indem er
bedachte, dass e rd e n , der ihm Murüwwe bewiesen, dem gewissen Tode
nicht aussetzen dürfe, eiligst zurück. E r kam gerade in dem Moment auf dem
Richtplatz a n , als der Andere für ihn den Tod erleiden sollte, durchbrach
die Menge,-und stellte sich dem Nachrichter zur Verfügung. Dieser, der
seine Rückkehr nicht mehr erwartet hatte, konnte sieh nicht entsehliessen,
die Hinrichtung sogleich vorzunehmen, sondern ging mit Beiden zu dem
Pascha, welcher den Delinquenten fragte, warum er die schöne Gelegenheit
nicht lieber benutzt habe, um zu entkommen? Als derselbe darauf gestand,
dass er allerdings die Absicht gehabt, aber bald in sich gekehrt sei, um den
Edelmuth des Ändern nicht mit so schändlichem Undank zu belohnen, sagte
der Pascha, welcher damals noch Recht über Leben und Tod hatte: „Nun,
so will auch ich Murüwwe zeigen und dich frei lassen.“ — Wem fallt dabei
nicht Schiller’s Bürgschaft ein? — Die jungen Leute von Damascus haben
auch unter sich eine gewisse Murüwwe. Wenn Einer eine Geliebte hat,
und diess unter seinen Genossen bekannt ist, so nimmt nicht nur Keiner von
diesen sie zu seiner Geliebten, sondern sie leiden auch nicht, dass ein Anderer
aus seinem oder einem ändern Stadtviertel sich ihr in solcher Absicht nähere.
Die Zahl der Christen in Damascus soll sich auf 15000 Seelen bela’ufen,
wobei fast alle Confessionen vertreten sind; bei Weitem die Mehrzahl derselben
bekennt sich aber zur katholischen Kirche. Wie viel christliche
Kirchen vor der mohammedanischen Eroberung in Damascus gewesen seien,
lässt sich nicht mehr mit Sicherheit angeben. Im J . 14 d. H ., .635 n. Chr.
wurde diese Stadt halb durch Gewalt der Waffen, halb durch Capitulation
unter dem Chalifen Omar eingenommen. Denn, während die Muhammedaner
auf der einen Seite unter dem wüthenden Chalid sich kämpfend den
Eintritt in die Stadt erzwangen, hatten die Bewohner eines ändern Stadt-
theils mit einer Truppenabtheilung derselben, die unter Anführung des sanftm
ü tig e n Abu Obeida stand, einen Vertrag geschlossen, und ihnen die
Thore geöflnet. Einer gesetzlichen Bestimmung Muhammed’s zufolge wurden
Tempel und Kirchen eroberter Ortschaften „den Ungläubigen“ genommen
und in Moscheen verwandelt, ihnen dagegen gelassen, wenn sie sich freiwillig
ergeben hatten. Da nun die Art der Besitznahme in diesem FaUe
zweifelhaft war, so entschied man sich dahin, dass die eine Hälfte der Kir