
nördlich, sondern in derselben Richtung', die wir eingeschlagen, fort, anfangs
noch im Thale, dann auf das vielfach an einander geschichtete Gebirge, wo
sich in den Niederungen viele Anpflanzungen von Feigenbäumen fanden.
Nach 2stündigem Marsch kamen wir an einem sehr kleinen Dörfchen, Deredsch
genannt, vorbei, welches auf einer Anhöhe liegt, ritten höher hinauf, und
wandten uns dann rechts, in nordöstlicher Richtung oberhalb vieler Feigen -
und Weingärten, zwischen denen wir darauf in das Thal hinunter ritten.
Auf diesem letztem Wege sahen wir links, nördlich, an einer steilen, fast
senkrechten, hohen Felswand, in, wie es schien, unerreichbarer Höhe eine
Art von Thor mit 2 Säulen an der Seite in den Felsen gehauen T^jf, welches
das Ansehen von dem Ueberbau eines Brunnens hatte, und weiterhin in
gleicher Höhe nahe bei einander 2 ausgehauene Nischen, in deren zweiter
eine aufrecht stehende, aber sehr verwitterte menschliche Figur in Lebensgrösse
ausgehauen zu sein schien. Unten im Thale stand eine Mühle, neben
welcher wir durch eine Felsspalte mit grossartig gruppirten Felsen zu beiden
Seiten in ein mit Granaten, Feigen und Wein bepflanztes Thal kamen, an
dessen Rande wir entlang ritten. Es zog sich in ' schlangenförmigen Windungen
bis nach Chelbün hin, welches wir nach 1 Stunde O - . - r erreichten. Dieses,
das Schöppenstädt oder Krähwinkel von Damascus, liegt in einem Bergkessel
, und zählt 4 st-r- 500 nur mohammedanische Bewohner. Früher waren
sie Christen, seit Melik ed Dhäher Bibars «ollen sie Moslems geworden sein.
Man erzählt in Damascus viele Anecdoten von den Chelbuniern, von denen
ich folgende beispielsweise erwähnen will: Ein Knabe hatte einst seine Hand
in einen mit etwas engem Halse versehenen Krug gesteckt, um Wallnüsse
daraus zu nehmen, und konnte, da er die Hand voll hatte, sie nicht heraus
bringen. E r schrie jämmerlich, das ganze Dorf versammelte sich, und deli-
berirte, bis der Mudebbir (Rathgeber) seine Meinung dahin, abgab, man
müsse die Hand abhauen. Glücklicherweise kam ein Fremder hinzu, welcher
den Knaben dadurch aus seiner Gefahr befreite, dass er ihn die Nüsse
fallen lassen, und so die Hand herausziehen liess.jsg Ein Bauer wollte eine
Wiege für sein Kind kaufen, mass die Länge mit beiden Händen, und ging
so mit ausgebreiteten Armen nach Damascus. Da er in den Gassen von
den ihm Begegnenden bald an den einen, bald an den ändern Arm gestossen
wurde, und so das Mass verlor, eilte er wieder nach Hause, band einen
Stock, der die Länge der Wiege hatte, zwischen beide Arme, und gelangte
so glücklich zu einem Tischler. — Ein anderer Bauer wollte Holz auf seinem
Esel nach der Stadt bringen, und lud, um diesem die Last zu erleichtern,
das Holz sich auf den Rücken, setzte sich dann auf den E s e l, und kam so
nach Damascus. . Einst verbarg sich der Vollmod hinter dichten Wolken,
so dass gar nichts davon zu sehen war. Der Mudebbir, welcher natürlich
zu Rathe gezogen wurde, war der Meinung, die Bauern der Nachbarschaft
hätten ihn gestohlen. Sogleich zogen sämmtliche Bewohner von Chelbün,
mit Gewehren bewaffnet, gegen dieses Dorf; aber noch waren sie nicht dahin
gelangt, als der Vollmond sich wieder in seinem vollen Glanze zeigte. Trium-
phirend zogen sie nun zurück, voller Freude darüber, dass die nachbarlichen
Bauern aus Furcht, vor ihnen den Mond wieder herausgegeben hätten. —
Bei einer reich fliessenden Quelle schönen, frischen Wassers, vor welcher
noch 3 alte Säulen stehen, deren mittelste rund, die beiden ändern gewunden
sind, mit schön verzierten Kapitalen, stiegen wir ab, und Muhammed, der
Kawass, holte den Scheich des Dorfes herbei. Ueber der Quelle ist die
Moschee, welche früher eine christliche Kirche war. Der Scheich lud uns
zu sich ein es war zwar noch früh am Tage, aber die Sonne brannte
heiss', ich war erschöpft, meine Leute wünschten ebenfalls auszuruhen —
und so entschloss ich mich, in Chelbün bei dem Scheich zu bleiben, und
nahm dessen Anerbieten, den nächsten Morgen mich bis Bludän zu begleiten,
um so lieber a n , da diese Strecke mir schon in Damascus als die gefährlichste
geschildert worden war, was auch von dem Scheich natürlich bestätigt
wurde, da es in seinem Interesse lag, zu seinen Gunsten und zum
Nachtheil meiner Kasse so viel als möglich meine Anwesenheit auszubeuten.
Die Gefahr, welche man mir so gröss schilderte, sollte thelis von den Beduinen
, th e ils, und zwar hauptsächlich von den Mutewelly’s zu besorgen sein.
Ich habe schon früher S. 82. 83. Anm. erwähnt, dass die türkische Regierung
sie bekriegt, und ihr Oberhaupt in das Exil geschickt hatte, dessen
Sohn aber, der Emir Mahmud von Einem seiner Vettern im Streit erschossen
worden war. Diess hatte die Blutrache seiner nächsten Verwandten gegen
dessen Mörder, den Emir Selmän, hervorgerufen, und Einer derselben hatte
sich zum Schein der Regierung unterworfen, und sich zum Befehlshaber
von 100 oder 200 Baschbozuk’s ernennen lassen, um mit deren Hülfe
Selmän zu bekriegen. Dieser erschoss abermals im Kampfe einen Jüngling
dieser Familie, sprang aber sogleich vom Pferde, schloss ihn in seine Arme,
beklagte seinen T od, und forderte dessen Verwandte auf, die reiche Beute,
die er gemacht ha tte , mit ihm zu theilen. Jener schickte die Baschbozuk’s