
2 9 8 Von Acca nach Sur (Tyrus).
zu dem dicht davor liegenden Meere.— Die Umgegend von Acca war durch
einen frühem Pascha und dessen Sohn, der aber jetzt in Stambul gleichsam
im Exil leben muss, sein- verschönert worden, indem sie bedeutende Gartenanlagen
mit Fruchtbäumen gemacht, und viel für die Bewässerung des
Landes gethau hatten. Nach einem mehrstündigen Kitt in der Ebene führte
uns ein sehr beschwerlicher und halsbrechender Pfad über das Kreide -Vorgebirge
von Naqüra (Na’üra gesprochen) zudem 4 Stunden von Acca entfernten
Chan von Naqüra, wo wir abstiegen, und Kaffee tranken. Wir
kamen sodann bei vielen alten Ueberresten vorbei, die von diesem Orte
anfingen, sich' aber mehr auf den Bergen, die wir ununterbrochen zu unserer
Rechten h atten , als in der Ebene zeigten, und in theils aufrecht stehenden,
theils umgeworfenen Säulen, zuweilen aus dem schönsten weissen Marmor^
in Kapitälern, Friesen und ändern gehauenen Steinen bestanden. In der
Mitte zwischen Skanderün , 6 St. von Acca, wo ausser einer reichen Quelle
mit dem besten Wasser in ganz Palästina nur 1 oder 2 Häuser sich finden,
und Käs el Ain liegt hoch auf der Spitze eines Berges ein muhammedani-
sches Dorf, Namens Schem’ah Ox +mJ „Licht“ mit hohem Minaret, und unter-
terhalb desselben auf einem Hügel das Dorf el Mansüri, mit einem weiss
übertünchten, moslemischen Grab vor demselben. Die Namen anderer Dörfer
in den Bergen konnte ich nicht erfahren. Bevor wir nach Käs el ’Ain
kamen, mussten wir 61/2 St. von Acca noch ein anderes Kreide-Vorgebirge,
Käs el abjadh, oder wie es gewöhnlich genannt wird;
x-öLaaJ! Käs el beyädhe, „das weisse Vorgebirge,“ überschreiten: Der vorhin
erwähnte Pascha von Acca hatte über dasselbe eine A rt von Kunststrasse anle-
gen lassen, die Felsen durchbrochen, und an der steilen Meeresseite Steinwände
ausgehauen, um möglichem Unglück vorzubeugen. Früher soll der Pfad
so eng gewesen sein, dass man Begegnenden nicht ausweichen konnte. Zwar
lässt diese sogenannte Kunststrasse noch Vieles zu wünschen übrig, da der Weg
noch immer beschwerlich und gefährlich ist; jedoch ist es immer dankenswerth,
dass er durch das Sprengen der Felsen denselben sehr erweitert hat. Schade
nur, dass auch dieses Werk, wie Alles in hiesigen Ländern, weil man nicht
daran denkt, eine gute Anlage in gutem Stand zu erhalten, nach und nach wieder
zu Grunde geht; sein gleichgesinnter Sohn, Abdullah Pascha, vermag nichts zu
thun, weil er, aus Furcht, er möchte sich zu beliebt, und dadurch zu mächtig
machen, nach Konstantinopel berufen ist, wo er, wie oben bemerkt, wegen
seiner und seines Vaters wohlthätigen Einrichtungen in einer Art von Verban-
Hiram’s Grab. 299
nunglebt. ]/2 — Stunde von Käs el ’Ain, welches 8 — 8!/2 Stunden von
Acca ist, liess ich den Armenier mit meinen beiden Lastthieren und meinem
Diener die Strasse fort bis dahin ziehen, und ritt mit Hasan, dem Mucker,
in nordöstlicher Richtung querfeldein, um das Grab Hiram s und die egyp-
tischen Sculpturen, welche in der Nähe von Hanwaije sein sollten, aufzusuchen.
Nach vielem vergeblichen Hin- und Herfragen gelangten wir
endlich nach etwa ] ■ Stunde 'zu dem 1 gute Stunde nordöstlich von Käs
el ’Ain hoch oben auf einem Berge, dicht an der Strasse, und 10 Minuten
unterhalb Hauwaije gelegenen Grabmal, welches etwa 3 Mannshöhen hat,
und aus grossen Quadersteinen erbaut ist. Es hat unten die Form eines
Parallelogramms, die obern Steine bilden aber nach der Ostseite hin:—- es
liegt genau von Ost nach West — einen schiefen, dachähnlichen Winkel.
Ungefähr 2 Ellen vom Boden hat es einen nach allen 4 Seiten hin vorstehenden
Rand, auf welchen ich mich stellte; und aus der obern schiefen
Fläche hatte man, wahrscheinlich, um den vermeintlichen Schatz zu heben,
welcher in diesem wie in allen anderü Monumenten des Alterthums vergraben
sein soll, einen Quaderstein ausgebrochen. Ein Knabe, welcher
mich endlich dahin brachte, fragte mich mit pfiffiger Miene:
i ü l i „Verstehst du auch, den Wächter zu vertreiben (zu bannen)?“. Ich
erwiderte ihm lachend: s-ij-do U „wir wollen sehen.“ Sie glauben nämlich
, dass die in solchen Denkmälern verborgenen Schätze von Dämonen
bewacht werden, und trauen den Europäern zu, dass sie diese zu bannen
vermögen; namentlich.bei denen, welche Inschriften haben, was hier aber
nicht der Fall war,- meinen sie, dass in diesen der Schlüssel zur Hebung
der Schätze liege, wesshalb sie das Copiren derselben möglichst zu hintertreiben
suchen. Von jenen grossartigen Sculpturen, die in dortiger Gegend
sein sollen, konnte mir merkwürdiger Weise kein Einziger etwas berichten.
Alle läugneten das Dasein derselben. Man zeigte mir nur einen umgeworfenen
viereckig zugehauenen Stein auf dem Felde, auf welchem ein Rad,
oder ein Kreis mit einem Kreuz in der Mitte eingegraben war, und ein ganz
mit Kalk übertünchtes Grab. Nach einem Ritt von 1 Stunde erreichten wir
Käs el ’Ain, wo wir hinter einer Mühle auf einer durch den Bach gebildeten
Insel, die von Fröschen und Eidechsen wimmelte, das Zelt aufgeschlagen
fanden.
An meinem Geburtstage, Freitag, den 12ten August, war es mir aufbehalten,
die beiden weltberühmten phönizischen Städte, Tyrus und Sidon