
digen Landsmann zu finden, welcher uns viele Freundlichkeiten erzeigte.
Ausserdem befanden sich damals in Damascus eine Anzahl ungarischer
Emigranten , unter denen ich nur den Grafen Guyon, den Baron Splenyi,
dessen Schwager, und General Kollmann erwähne. Der Erste von diesen,
Churschid Pascha genannt, hatte Rang und Einkommen eines Ferik,
Generallieutenants, ohne zu irgend einem Dienste verwendet zu werden; der
Zweite, sein Schwager, gleichfalls ohne Beschäftigung, war zu dem Islam
übergetreten, und hatte sich durch den übermässigen Genuss des Haschisch*)
körperlich und geistig gänzlich ruinirt. Beide schmeichelten sich lebhaft
mit der Hoffnung, bald wieder zur Befreiung Ungarns zurückgerufen zu
werden. Viel gemässigter erschien der General Kollmann,__ 7 auch ReneOg atT
und unter dem Namen Feizy Bey als Miri aläi (Obrist) — jetzt, nachdem er
bei der Vertheidigung von Kars mitgewirkt, und kurz vor derUebergabe an
die Russen mit General Kmety glücklich entkommen' war, zum Pascha
(General) avancirt ein ebenso liebenswürdiger aH entschlossener Mann
und tüchtiger Ingenieur, welcher erst vor Kurzem einen sehr gefährlichen
Coup ausgeführt hatte. — Die türkische Regierung hatte nämlich wiederholt
und schärfer denBefehl erlassen, unter allen Völkerschaften des Reichs,
die sich zu dem Islam bekennen, zu rekrutiren.**) Die Drusen, welche eben
*) Haschisch bezeichnet im Allgemeinen „Gräser“ jeder Art, insbesondere
aber versteht man darunter ein Berauschungsmittel, welches, in der asiatischen Türkei
wenigstens, das Opium jetzt ganz verdrängt hat. Es wird bereitet aus den Samenkörnern des
indischen Hanfes, der Cannabis indica, welche ganz fein zu Pulver zerstossen, mit Wasser
vermengt, und dann zu einem Brei geknetet werden, den man trocknen lässt. Man nimmt
davon kleine Stückchen, und raucht sie entweder mit dem Tabak zusammen in der P feife,
dem Tschubuk, wie der Nargile, oder thut sie in den Kaffee, oder auch in die Speisen.
Der Genuss davon ist aber keineswegs-so allgemein, wie man vielleicht glaubt; am
Meisten wird Haschisch noch in einigen Derwischklöstern genossen, und, als ich mich
später längere Zeit in Bagdad aufhielt, schickte ich meinen Diener in ein solches Kloster
wo eine förmliche Fabrik desselben war, damit er der Bereitung zusehe, und Körner.
Mehl und fertiges Haschisch mir bringe. Die Wirkung des Haschisch ist analog der des
Opiums, vielleicht aber noch aufregender und noch verderblicher. Einige weinen, Andere
lachen, Andere werden still in sich gekehrt,noch Andere gerathen in Verzückungen.
Man sagt, dass es früh nüchtern genossen die angenehmsten Wirkungen und Phantasien
erzeuge. Bekanntlich war diess das Mittel, wodurch die Assassinen, welche davon ihren
Namen h a b e n , d i e Haschischirten“) sich in jene wüthende Begeisterung
versetzten, in welcher sie die schrecklichsten Grausamkeiten verübten.
• **) Es ist bekannt, dass bis zu dem letzten Friedensschluss die türkische Regierung
nur ihre muhammedanischen Unterthanen zu dem Kriegsdienst heranzog ; die
I ta ja ä fL lc j) , d.i. die „nicht muhammedanischen“ Unterthanen des Reichs waren davon
befreit, mussten aber dafür den Charddsch (^ä -, die Kopfsteuer, entrichten.
so wenig als die Nosairi Muhammedaner sind, aber sieb dafür ansgeben, widersetzten
sieb; General Kollmann ging nun verkleidet als Bascb bozuk,
so heisst die unregelmässige Reiterei, zu ibnen, und erwarb sieb durch
seine Kühnheit und Entschlossenheit ihre Achtung und ihr Vertrauen
denn ein ritterlicher Sinn ist allen Drusen eigen, und daher auch von ihnen
besonders geschätzt — in so hohem Grade, dass ein Theil von ihnen sich bereit
erklärte, Rekruten zu stellen. Zugleich benutzte er diese Gelegenheit
dazu, das Gebiet der Drusen aufzunehmen, was bei dem später ausgebrochenen
Kriege von grösser Wichtigkeit war. E r hat auch einen schönen, sehl-
genauen Plan von Damascus gezeichnet, 53 Centimeter breit und 76 Cent,
lang, und das Project zu einer fahrbaren Strasse von Damascus nach Beirut
entworfen, welche nach seinem Anschlag nicht über 3 Millionen Piaster, d.i.
etwa 182,000 Thlr. kosten, und von unberechnenbarer Wichtigkeit für den
Handel sein würde. Leider wurde der Anträg-von der Regierung zurückgewiesen,
und auch den Kaufleuten der beiden Handelsstädte- nicht ver-
stattet, dieses Unternehmen auf ihre eignen Kosten auszuführen.
Freitag den 30. und Sonnabend den 31. Ju li wohnten wir einer grossen
zweitägigen Festlichkeit bei, dem Auszuge des Hadsch oder der grossen
Pilgerkaravane, welche a l l j ä h r l i c h von Konstantinopel zu Lande nach Mekka
geht. Am ersten Tage wurde die Standarte des Propheten Muhammed,
(Sandschak seherif) von der Umaijaden-Moschee in Procession nach der
Fahnen-Moschee gebfacht. Wir, Rose und ich, gingen daher nach dem Suq
el qamel, , d. i. Läusemarkt (so genannt, weil dort die Läden
der Filztuchhändler sind), wo wir für einige Piaster 2 Plätze in der Boutique
eines Juden mietheten, bei welcher der Zug vorbeikommen musste. Nachdem
wir in der Mittagshitze, obgleich vor der Sonne geschützt, 3 Stunden
lang auf den wollenen Decken eingezwängt gesessen hatten, ertönte endlich
dicht hinter uns. ein Kanonenschuss, aber nur, um uns noch eine ganze Stunde
warten zu lassen. Wahrscheinlich wurde damit das Vorzeigen und die
Uebergabe der Standarte verkündet, welcher ein langes Gebet in der Moschee
folgte. Nachdem unterdessen das Militär ein Spalier gebildet und musicirt
hatte, verkündete ein zweiter Kanonenschuss das Herannahen des Zuges.
Die hohen Civil- und Militärbeamten ritten voran mit einer grünseidenen
Fahne, auf welcher das türkische Wappen, Stern und Halbmond, in Gold
o-estiekt war. Darm kamen Derwische und die Nachkommen des Propheten