
dass sie nur auf diese Weise glücklich an den Ort ihrer Bestimmung
gelangen könnten. Natürlich ist eine solche Briefbeförderung immer höchst
unsicher 5 und einmal brachte ein Mann mehrere Briefe zu meinem Wirth,
die er unterweges gefunden hatte. Es war um so unsicherer, da noch iiber-
diess wegen des zu erwartenden Krieges alles Militär weggezogen war, so
dass die Beduinen ungestört ihre Kaubzüge ausführten, und eines Tages
sogar dicht vor den Thoren von Nablus 30 Kameele Wegnahmen ,-aueh die
1 ehden der einzelnen Dörfer namentlich mit denen, die zu dem Gebiet von
Jerusalem gehörten, fast ununterbrochen fortdauerten, so dass man sagen
kann, die uralte Zwietracht zwischen Ju d ä a und Samaria habe sich auch
auf die spätem Muhammedaner fortgepflanzt. Sie -hielten dabei jeden Reisenden
an, und plünderten ihn; und als ich einmal Geld von Jerusalem mir
kommen liess, hatte es der Bote nur dadurch gerettet, dass er es um sein
Bein band, und dadurch den Glauben erregte, als habe er sich bei einem
Fall dasselbe verletzt.
Die Häuser von Nablus sind sämmtlich von Stein, und zwar von Quadersteinen
mit ellendicken Mauern, welche gleich den zahlreichen dunkeln
Bogengängen ihr das Ansehen einer Festung geben. Gleichwohl ist es
keine Festung, sondern trotz der Stadtmauer, welche zum Theil sehr schadhaft
ist, von allen Seiten zugänglich. Das untere Geschoss ist meist dunkel;
eine schmale, steinerne Treppe führt nach dem zweiten und dritten Stock,
in welchem letztem die eigentlichen Wohnzimmer sind. Diese sind gewölbt,
mein’ oder minder geräumig, haben nahe dem Eingang dieselbe Erhöhung,
wie in ändern Städten, aber über derselben eine Gallerie, welche zum Theil
offen ist, wie man bei uns in vielen Tanzsälen hat, zum Theil auch ganz
nach vom zu bedeckt, und da, wo die Erhöhung beginnt, ein Seitengeländer
mit einer Oeffnung' in der Mitte als zweiten. Eingang. In jedem Zimmer
findet man ausserdem an der niedrigsten Stelle einen durchlöcherten Stein,
durchweichen alles Wasser abläuft, so dass im Innernjedes Hauses eine Menge
steinerner Kinnen sind durch die das Wasser in den Erdboden geleitet wird,
wo es versiegt. Diese Einrichtung ist offenbar wegen der vielen Abwaschungen
der Muhammedaner getroffen worden. Die Fenster sind mit eisernen
Gittern versehen, hinter-denen wieder dichte hölzerne Gitter befindlich,
selten ausserdem noch Glasfenster oder Läden sind. Die äussere Mauer der
Häuser hat ausserdem oben mehrere Schichten runder Hohlziegel, mit zahlreichen
Nestern für die Sperlinge, welche weit über das Dach hervorragen.
Das Klima von Nablüs ist im Ganzen sehr angenehm; durch denGarizim
ist es vor den Süd-, und durch den Ebal vor den Nordwinden geschützt;
nach der West- und Ostseite zu liegt es aber ganz frei, nur kleine Olivenwälder
schliessen es von dieser! Seiten ein. Die heisseste Jahreszeit, in welcher
ich gerade dort war, soll nur 40 Tage dauern, von Ende Juni his Anfang
August, doch waren die Abende bei den starken Westwinden, die von dem
Meere herkamen, oft empfindlich kühl.
Trotzdem ist es auffallend, dass man gerade hier mehr Aussätzige findet,
als an ändern Orten-, welche vor dem östlichen Thore, in dessen Nähe ihre .
Wohnungen sind, die Reisenden durch ihr Betteln sehr belästigen.
Ich blieb hier, um die Secte der Samaritaner möglichst genau kennen
zu lernen, 2 volle Monate, und ging nur höchst selten ans dem Hause, da
ich fast jedes Mal, wenn ich diess that, mit Schimpfreden , Verwünschungen
und Steinwürfen begrüsst wurde. Zwar hätte ich diesem Uebelstande
dadurch einigermassen abhelfen können, dass ich mir von dem Gouverneur
stets Begleitung geben liess; allein diess würde meine ohnehin schwache
Kasse zu sehr erschöpft haben, zumal da der Hohepriester Amrän, der Einzige
, von dem ich Unterricht erlangen konnte, und welcher neben seiner
geistlichen Function noch ein kaufmännisches Geschäft, eine Kleiderhandlung
etablirt hatte, ganz unverholen gegen meinen Wirth äusserte, dass er
diese Gelegenheit zu einem aussergewöhnlichen Gewinn gehörig ausbeuten
müsse, da er nicht wissen könne, ob jemals wieder ein Franke so thöricht
sein würde, Unterricht von ihm zu verlangen. Nach vielem Hin- und Herreden
machte ich endlich mit ihm einen schriftlichen Contract, demzufolge
ich ihm wöchentlich eine ziemlich bedeutende Summe zu zahlen h a tte , und
er sich dafür verpflichtete, mich täglich, mit Ausnahme der Sabbathe und
Sonntagej 6 Stunden zu unterrichten, und alle Fragen, welche ich an ihn
richten würde, der Wahrheit gemäss zu beantworten.-
Die Benennung „Samariter, Samaritaner“ (von Samaria) haben wir von
den Griechen und Lateinern entlehnt; sie selbst nennen sich Schom’rim,
d. i. Hüter, BewahrerJjsc. des Gesetzes, ein Name, den schon mehrere
Kirchenväter in derselben Bedeutung kannten, und mit dem sie auch
noch jetzt von den Arabern benannt werden, äs^/oLwJt es-Sämera.*) Nächst-
*) Von dem Namen „Samaria“ kann diese Benennung nicht abzuleiten seinr da
diess indem Hebr. ‘pHtob* heisst, sie daher genannt-werden müssten, wie auch