
wir aber ritten weiter durch das Dorf K avadi, und rasteten abermals ober-
halb dieses Dorfes, tun unsere Bagage abzuwarten. Da diese nicht kam,
so machten wir uns gegen 1 Uhr Nachmittag wieder auf den Weg, und
gelangten, nachdem wir den Berg wieder auf der ändern Seite hinabgestiegen
waren, in ein 2 Stunden langes und l/s Stunde breites Thal. Rechts an
der Strasse kamen wir nach einer Stunde an einem Felsen vorüber, der nur
an der Westseite mit einem ändern zusammenhängt Auf ihm liegt eine
feste, mit Mauern umgebene Stadt, Sanor, welche Ibrahim Pascha 3 Jahre
lang vergeblich belagert haben soll. Eine Stunde spater dem Thal entlang
kamen wir endlich an das ebenfalls auf einem Felsen liegende Dorf Dscheb e
(Gibea? Gilboa?), wo wir unsere Mucker, welche einen ändern, kürzem
Weg eingeschlagen h atten , schon vor, und die Zelte aufgeschlagen fanden.
Denn unsere beiden neuen Reisegefährten— J . Moretus und Al. Comberbach
aus Antwerpen — waren mit Zelten, Küche und Koch versehen, und Hessen
uns an ihrem Mahle, wie an ihren Zelten mit Theil nehmen.
Sonnabend, den 19ten, nachdem ich abermals nur wenig geschlafen
h a tte , machten wir uns gegen i Uhr früh wieder auf den Weg, und erreichten
um l l 1/ 2 Uhr Nablus, eine grosse, alterthümlich gebaute Stadt am Fusse
des fruchtbaren Garizim, während der gegenüber Hegende Berg Ebal und
die mit ihm zusammenhängenden weitem Felsen fast ganz unfruchtbar sind.
Eine lange, schmale Strasse durchschneidet in fast gerader Richtung die
ganze Stadt von West nach Ost. Diese mussten wir durchreiten, und wurden
fast überall von der durch ihren Fanatismus berüchtigten muhammedani-
schen Bevölkerung — denn diese bildet die Hauptmasse der Einwohner —
mit Schimpfreden und Verwünschungen empfangen; ein wailak, „wehe
dir“ wurde Jedem von uns nachgerufen. ZufälHg war ich der Letzte in
unserer kleinen Karavane. Nahe dem Ausgangsthore im Osten war ein
kleiner freier Platz mit Kameel- oder ändern Fellen bedeckt, um sie durch
das Betreten, wie ich schon bei Damascus bemerkte, geschmeidiger zu
machen, und so das Gerben zu ersetzen. So wie mein Pferd derselben
ansichtig wurde, scheute es sich, sprang zurück, und war zur Belustigung
der Umstehenden und zu meiner Verhöhnung auf keine Weise zum Weitergehen
zu bewegen. In dieser für mich peinlichen Lage erbarmte sich endHcH
meiner ein alter Muhammedaner, da meine Gefährten schon weit voraus
waren, nahm es beim Zügel, und führte es darüber. Unter dem OUvenhaine
nahe vor dem östlichen Thore, wo viele Aussätzige am Wege lagerten und
bettelten, stiegen wir ab, gingen aber alsbald in die Stadt zurück nach der
Synagoge der Samaritaner, welche gerade zum Gottesdienst versammelt
wareu. Wir mussten, bevor wir sie betreten durften, unsere Stiefel aus-
ziehen, und der greise Hohepriester zeigte uns gegen ein Bakschisch ihre
Gesetzesrolle. ZufäUig hörte er, dass Einer von uns, Dr. Faure, aus Paris
sei, und fragte ihn daher, ob er nichts von seinen dortigen Glaubensgenossen
wisse? Denn er behauptete steif und fest, dass dort auch Samaritaner seien.
Da ich später wieder, und zwar auf längere Zeit, nach Nablus kam, so werde
ich dann Gelegenheit haben, Mehreres über die Samaritaner zu sagen. Nach
kurzem Aufenthalt gingen wir zu unserer Lagerstätte zurück, frühstückten,
und setzten uns wieder auf. Bei dem Jakobsbrunnen, der Stelle, an welcher
Jesus die Unterredung mit der Samariterin hatte, stiegen wir wieder ab.
E r Hegt nahe an dem Wege und nahe der nordöstlichen Ecke des Garizim,
aber im Thale. ist nur wenige Fuss tief und jetzt ganz ausgetrocknet. Als
Beweis dafür wurde mir in Jersalem erzählt, dass ein engHscher Missionar
bei seiner Besichtigung aus Versehen eine Bibel hatte hineinfallen lassen.
Ein J a h r später veranlasste ein anderer Engländer, der diess wusste, einen
Knaben, hineinzusteigen; und dieser brachte die Bibel ganz unversehrt
wieder heraus. Wir ritten dann meist in der Ebene, und zwar erst in südlicher
, dann in östHcher Richtung weiter bis zu dem alten verfallenen Chan
Lebän, wo wir gegen 5 lj2 Uhr Abends anlangten, und die Zelte aufschlagen
Hessen. Unterweges sahen wir, Dr. Faure und ich, als wir aUein ritten,
einen Mann am Wege sitzen, welcher seine Flinte lud, und durch Pantomimen
uns zu verstehen g a b , als woHte er nach uns schiessen. Wir warfen
ihm einen verächtHchen BHck zu, und ritten langsam weiter. Nachdem wir
zu Abend gegessen, und bis gegen Mittemaeht geplaudert hatten, brachen
wir wieder auf, ritten die ganze Nacht durch über Stock und Stein, und,
ohne es zu wissen, die gefährlichsten Wege, auf denen ein einziger Fehltritt
der Pferde uns in den felsigen Abgrund stürzen konnte, während wir
vor Mattigkeit auf unsem Pferden einschHefen, und gelangten endHeh unter
einem gewaltigen Sturm und einijfcm Regen am Palmsonntage, den 20sten
März, wie wir gewünscht hatten, kurz nach 10 Uhr Morgens nach J e ru salem,
kamen aber doch zu spät, um der feierHchen Procession in der Grabeskirche
beiwohnen zu können. Wir hatten diess übrigens nicht zu bedauern,
da diese Feier jedenfalls einen sehr trüben Eindruck auf uns gemacht haben
würde. Denn wir hörten nachher, dass es bei derselben zu einer Schlägeri
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