
in Smyrna. Der Diakonus forderte mich anfangs auf, den Gottesdienst zu
lialten; dock wagte ick nickt , diess zu unternekmen, da ick mir die erforderlicke
Geläufigkeit in der türkiscken Spracke nickt zutraute. Auck in
den Abendstunden versammelten sick die Gemeindeglieder bei ikm zum
Gebet. Früher sollen in Adana über 400 katholische Familien gelebt haben;
je tz t aber deren nur 15 -— 20 dort sein; griechische Christen finden sick
etwa 40 Familien, armenische an 1300, und endlich auck einige Jacobiten.
Der grösste Tkeil der Bevölkerung besteht aber aus Muhammedanern und
den rätkselkaften Nosairi’s. — Hieraus ergiebt sieh, dass diese Stadt weit
grösser ist als Tarsus. Auck hier wird bedeutender Handel getrieben, besonders
mit Sesam und Baumwolle. Die letztere soll sehr geschätzt sein, und
war in diesem Jahre vorzüglich gerathen; man verkaufte 12 Pfd. für 1 Thlr.
Während des Winters versammeln sich hier auch Kaufleute aus Kaisarije
(Cäsarea), Konia (Iconium) und ändern Städten Kleinasiens mit allerhand
Waaren, namentlich mit turkmanischen Teppichen, welche hier um die
Hälfte billiger sind, als in Damascus. Ich besuchte zuerst den Wekil des
englischen Consuls, einen angesehenen griechischen Kaufmann, welcher mir
versprach, genaue Erkundigungen einzuziehen, ob es für mich gerathen sei,
jetzt die Reise nach dem nur 18 Stunden entfernten Sis zu unternehmen.
Dann ging ich zu dem Pascha, an welchen ich ein Empfehlungsschreiben
von Damascus aus hatte. Auch dieser nahm mich sehr wohlwollend auf,
und versprach mir seinen Schutz zu einer etwaigen Weiterreise. Als ich
nach einigen Tagen den englischen Vicecónsul wieder besuchte, eröffnete er
mir, dass es unter den jetzigen Umständen durchaus unrathsam sei, nach
Sis zu gehen. Denn Kozan Oghlu, der turkmanische Rebellenhäuptling,
habe durch seine Leute den ganzen Weg besetzt, und sei um so übermü-
thiger geworden, da der Pascha in dem letzten Sommer ihn bekriegt habe,
von ihm aber zurückgeschlagen worden sei. Der Pascha sei jetzt selbst von
Truppen entblösst, und die Turkmanen schössen in den Defileen die Reisen-
den, ehe sie ihnen nahe kommen, nieder, so dass meine Empfehlungsschreiben
an ihren Chef — ich hatte eins von dem englischen Cónsul, und
ein zweites noch aus Konstantinopel von dem hanseatischen Generalconsul,
Dr. Mordtmann — mir nichts helfen könnten; und endlich sei der Katho-
likos noch nicht in Sis, sondern in seinem Sommeraufenthalt 4 Stunden
weiter nördlich im Gebirge, wohin er den Schlüssel zu der Bibliothek stets
mitnehme. Wenn ich nun auch glücklich dahin gelangen würde, so würde
er mir doch schwerlich vor seiner eignen Ankunft die Bibliothek öffnen
lassen, und ich könnte ihn selbst in grosse Gefahr und Noth bringen, da
vielleicht Kozan Oghlu meinen Aufenthalt als Vorwand brauchen würde,
um von ihm bedeutende Summen zu erpressen, indem er sagen könnte, ich
sei ein russischer Spion.
Alle diese Gründe > die nicht aus dei\Luft gegriffen waren, bestimmten
mich endlich, diesen Plan, von dessen Ausführung ich mir so viel versprochen
hatte, aufzugeben, und, da auch der Weg nach dem Osten als sehr
gefährlich geschildert wurde, meine Rückreise wieder anzutreten. Da mittlerweile
auch die bestimmte Nachricht von dem Ausbruch des russisch-türkischen
Krieges eingetroffen war, so entschloss ich mich, auf einige.Zeit nach
der Irisel Cypern zu gehen, in der Hoffnung, dort wegen der Mehrzahl der
christlichen Bewohner am Sichersten reisen zu können, und für meine Zwecke
eine bedeutendere Ausbeute zu finden.
Montag, den 17ten October, ritt ich ü b e r 1 Stunde vor Sonnenaufgang
von Adana aus, und war gegen Mittag schon in dem nur 6 Stunden entfernten
Tarsus. Hier ging ich sogleich zu dem englischen Cónsul, welcher mit
meinem Entschluss nicht recht zufrieden war, sondern wünschte, dass ich
einige Tage bei ihm in Tarsus bleibe, sodann einige Streifzüge am mittelländischen
Meere mache, wo es etwas sicherer als im Norden war, und dann
sehe, ob ich nicht doch noch nach Sis vördringen könne. Allein das Verlangen
nach Briefen aus der Heimath, die ich mit Bestimmtheit in Mersin
erwartete, die Besorgniss, dass auch fernerhin mir die Aussicht nach Sis zu
kommen vereitelt werden möchte, die Hoffnung, auf Cypern manches Interessante
zu entdecken, und endlich der Wunsch, mich Beirut möglichst zu
nähern, um bei einem zu befürchtenden Aufstande der Muhammedaner
wegen des eingetretenen Krieges in Sicherheit zu sein, veranlassten mich,
zur schleunigsten Abreise. Ich musste abermals mit ihm bei demselben griechischen
Freunde, Michael Psicha, speisen, und ihm das Versprechen geben,
zurückzukehren, und dann gleich bei ihm abzusteigen. Ich fand diessmal
bei dem Griechen den oben erwähnten Arzt, einen polnischen Refugié,
einen wahren Bramarbas, der sich rühmte, sich allein mit 30 Beduinen in
der Nähe von Jerusalem geschlagen zu haben, und uns gegen 100 Wegelagerer
vertheidigen wollte, in der That aber etwas ängstlicher,Natur zu
sein schien. Diéss zeigte sich unterweges, da er und der griechische Kaufmann
mit nach Mersin ritten. Erst gegen Mitternacht brachen wir auf, und
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