
dem ^ ju ä J I J u ä . Dschebel esch Scheich („dem Berg des Alten“), dem Hermon
der Bihel, welcher es im Süden begränzt, sahen wir noch viel Schnee.
Wir ritten noch über zwei Stunden lang quer durch das Thal, so dass ich
durch das ungewohnte Reiten aufs Höchste ermüdet fast in Verzweiflung
gerieth. Endlich erreichten wir nahe dem Dorfe Af „el Merdsch“ den
Chan, in welchem wir übernachten wollten, fanden ihn aber so schlecht,
dass wir es vorzogen, die Nacht im Freien zuzubringen, und daher unser
Lager jenseit der steinernen Brücke dicht an dem Flusse aufschlugen, welcher
das Thal durchströmt. Diess ist der Litany (der Leontes der Alten), welcher
aber hier nach der nahen Burg „Nahr el Anschar“ genannt wird. Ich
war wie gerädert, und nicht im Stande, ohpe Beihülfe vom Pferde zu steigen.
Ein Fieberschauer erfasste mich, ich glaubte, den nächsten Tag nicht
weiter zu können. Gänzlich gelähmt und todtmüde vermochte ich nicht,
mit Wetzstein den in der Nähe in ihren schwarzen Zelten lagernden Beduinen
einen Besuch zu machen. Ich ass wenig, trank aber desto mehl- Wasser
mit und ohne Raqi, einem Branntwein aus Rosinen, und mehrere Tässchen
Kaffee. Spät am Abend besuchte uns der Scheich jener Beduinen,
ein stattlicher Sechziger, in malerischer Beduinentracht, auf einer prächtigen
weissen Stute , gefolgt von einem Diener, welcher nach alter Sitte eine
Schale Milch von der Heerde des Scheich als Geschenk vor uns hinstellte.
Der Alte stieg a b , setzte sich nach geschehener Begrüssung zu uns, und
blieb über eine Stunde, während sein edles Thier unbeweglich still stehen '
b lieb , ohne angebunden zu sein. E r rühmte dasselbe seh r, und versicherte,
dass ihm ein Franke schon 24000 Piaster (etwa 1500 Thlr.)
dafür geboten habe; eine persische Flinte dagegen, die er für ein Paar
rothe Pantoffeln erhandelt, habe er für 500 Piaster wieder verkauft.
Sein Stamm hat sich der Pforte unterworfen, darf aber keine-Waffen tragen,
und muss — nur 72 Zelte stark — eine jährliche Steuer von 210 Dukaten
an die Regierung zahlen. Dafür wird ihnen verstattet, im Sommer
ihre Zelte in der Beqäa aufzuschlagen, und ihre Heerden dort weiden zu
lassen; im Winter wenden sie sich weiter südlich. Nachdem der Scheich
hinreichend erquickt und mit Tabak beschenkt uns verlassen hatte, bereiteten
wir unsere Lagerstätten, indem wir nicht vergassen, unser Gepäck vor
der Dieberei der Araber zu sichern. Trotzdem fehlten uns aber am nächsten
Morgen, wo wir um 5 Uhr nur ö1/« 0 Rdaumur hatten, und unsere Betten
ganz von Thau durchnässt fanden, drei zinnerne Esslöffel, mit denen wir
Abends vorher unsern Pillau gegessen hattem Der Dieb, wahrscheinlich
der Chanwirth selbst, hatte sie vermuthlich, da sie noch ganz neu waren,
für silberne gehalten. Noch ist zu bemerken, dass wir in Ermangelung von
Holz unsern Kaffee wie unsere Speisen mit getrocknetem Dünger von Pferden
und ändern Thieren kochen mussten, wie diess auch theilweise in
den Weichselniederungen und in Südrussland gebräuchlich ist. Am Sonnabend,
den 24ten Juli, stand uns eine nicht minder beschwerliche und lange
Tour bevor, da wir fast den ganzen Antilibanon übersteigen\ und bis zu
den Ufern des Bärada gelangen wollten. Wir brachen desshalb schon früher
auf als am vorigen Tage; mein Pferd war lahm geworden, was mich
veranlasste, einen grossen Theil des Weges zu Fusse zu machen. Vor uns
zog eine Heerde Kameele und ein Commando Soldaten, welche eine Anzahl
armer Nosairi’s*) als Rekruten mit Gewalt gepresst hatten , und nun nach
Damascus transportirte. Wir sahen links von uns auf einem Hügel einen
alten Thurm, den die Araber Medschdel (J<As3uo, das hebr. Anschar
nannten, und weiterhin rechts auf einer Hügelreihe an beiden Endspitzen
ebenfalls Ruinen, deren Namen unsere Führer aher nicht anzugeben wussten.
Nachdem wir hinter diesen Hügeln noch ein kleines Thal der Länge
nach in südöstlicher Richtung durchschnitten hatten, kamen wir an den Antilibanon.
Statt diesen zu übersteigen, ritten wir, uns mehr östlich wendend,
zwischen dem Gebirge durch einen steinigen und holperigen Hohlweg,
W ady el harir f . tf „Seidenthal“) genannt, dann quer über eine
breite Hochebene, Und darauf durch einen weit engern und viel steinigem
Hohlweg, als der vorhergehende gewesen, welchen man Wady el qarn
_äj| „Hornthal“) nannte. Da der Antilibanon bei weitem nicht
so wasserreich ist als der Libanon, so mussten wir 7 Stunden lang in der
brennendsten Hitze Veiten, bis wir an eine Quelle kamen. Hier löschten
wir unsern unersättlichen D u rs t, indem wir uns an die Quelle hinlegten
und tranken, so lange wir konnten. Ein Chan, welcher daneben gestan-
*) Die Nosairi oder Ansairi sind eine den Drusen wahrscheinlich verwandte, und
desshalb von ihnen vor Allen gehasste Religionssecte,und geben sich gleich diesen äusser-
lich fürMuhammedaner aus, daher sie auch von der Regierung zu dem Militärdienst herangezogen
werden. Da sie sich aber demselben stets zu entziehen suchen, so senden die
Pascha’s zurZeit der Rekrutenaushebung Detachements ihrer Truppen in ihre Wohnsitze,
und schleppen mit Gewalt fort, was sie von waffenfähigen Männern finden.