
durch ihre Glaubensgenossen, welche 5000 an der Zahl in dieser Stadt
wohnen; man sagte auch, dass Viele von ihren Brüdern, welche sich schon
der Regierung unterworfen hatten, ihnen zu Hülfe eilten, und die Beduinen
sich ihnen angeschlossen hätten. F ü r den äussersten Nothfall konnten sie
sich aber aus dem Ledscha in ein anderes ihnen gehöriges, äusserst fruchtbares,
und so ausgedehntes Gebiet zurückziehen, dass an ein Aushungern
und Umzingeln nicht zu denken war. Dieses, südöstlich von dem Ledscha
gelegen, ist gleich diesem von der Natur befestigt, und hat nur einen eifi1
zigen leicht zu vertheidigenden Zugang. Diess ist die Saffa, worin unter
Ändern die Ruinen der alten Stadt Bostra sind, welche Burkhardt besucht
hat.*)
Der Seraskier bezog ein stark verschanztes Lager an der Stelle, wo
früher das Dorf Kotaibe gestanden hatte, zwei Tagefeisen südlich von
Damascus, und etwa zwei Stunden von dem Ledscha entfernt, wagte sich
aber anfangs nicht aus demselben heraus. Seine ursprüngliche Absicht,
das Ledscha zu umzingeln, konnte er aus Mangel an der dazu gehörigen
Truppenzahl nicht ausführen; auch würde diess im Ganzen wenig gefruchtet
haben, da die Drusen im Innern mit allem NöthiOeen versehen
waren. Eben so wenig gelang ihm die Ausführung des zweiten Projectes,
ihuen das Wasser abzuschneiden, da sie noch immer vor dem Ledscha
standen, und die Quellen fortwährend besetzt hielten. Ueberhaupt sind
die Drusen, so klein auch ihre Anzahl ist, durch ihre Unerschrockenheit
in Gefahren und ihre Tollkühnheit so gefürchtet , dass ihr blosser Name
Alles in Schrecken setzt, und man erzählte sich Wunder der Tapferkeit
die sie verrichteten. Diess wusste der Seraskier sehr wohl, und liess daher
die meisten Gefechte durch die irreguläre, leichte Reiterei, die Basch bo-
zuks, ausführen. Da die Regierungstruppen aber fast stets im Nachtheil
blieben, und er sich bald überzeugte, dass, zumal bei der berrannahenden
Regenzeit, der Kampf zu seinem Nachtheil ausfallen würde: so verlangte
er von ihnen eine Deputation, um ihnen die Friedensbedingungen vorzuschreiben,
oder, richtiger gesagt, um von ihnen zu erfahren, unter welchen
Bedingungen sie zu dem Friedensschluss geneigt sein würden. Viele ihrer
Scheichs in Damascus, wie in dem Ledscha, waren mit dem Preussischen
*) Einen genauen vorläufigen Bericht über beide Districte hat Wetzstein, welcher
Tor zwei Jahren sie bereiste, in den Monatsberichten der Berliner geographischen Gesellschaft
geliefert.
Consul, Dr. Wetzstein, befreundet, und hatten besonderes Vertrauen zu
seiner Unparteilichkeit. Desshalb kam eines Tages eine Anzahl von ihnen
in das Consulat, um sich mit ihm darüber zu berathen. Es war eine stattliche
Versammlung von etwa 20 Personen, kühne, entschlossene Gesichter;
die Vornehmsten, J o I ä c M ail (oder S U e , (JLäc) genannt! die Aeltesten,
sassen auf dem Divan, die Ändern rund herum auf dem Boden gekauert.
Alle küssten dem Consul bei seinem Eintreten die H an d , u n d , wenn er
etwas ihnen Angenehmes sagte, so erhoben sie sich sämmtlieh, und legten
zum Zeichen des Dankes für seine Theilnahme ihre Rechte auf Brust und
Stirn. Bei dem Weggehen küssten sie ihm wieder die H a n d , und Einer
von ihnen brachte aus seinem Mantel ein schönes Rebhuhn*), welches,
wie sie versicherten, noch vor wenig Tagen in dem Ledscha herumgeflogen
war, lebendig zum Geschenk.
Die Unterhandlungen führten zu keinem Resultat, und der Kampf
wurde nach kurzer Unterbrechung mit gleicher Erbitterung von beiden
Seiten von Neuem begonnen. Die Drusen überfielen einmal eine Truppenabtheilung,
welche dem Heer Proviant zuführen sollte, nur etwa eine Viertelstunde
von dem Lager, drangen in dasselbe ein, und würden es nach der
Versicherung türkischer Offiziere unfehlbar erobert haben, wenn sie sich nicht
zu früh wieder zurückgezogen hätten. Obgleich der Seraskier zum Schutz
der Proviantzufuhren ein zweites Lager näher an Damascus bei dem Dorfe
Nedscha anlegte, und durch eine künstliche Ueberschwemmung deckte, auch
jeden Transport durch ein Bataillon eskortiren liess, so hinderte diess die
Drusen doch nicht, aus ihren Schlupfwinkeln von Zeit zu Zeit hervorzubrechen,
die Zufuhren im Rücken der Armee wegzunehmen, und die tollkühnsten
Streiche auszuführen. Da sie die besten Reiter sind, so gingen sie oft einzeln,
geduckt auf ihre Pferde, so dass man in der Feme glaubte, nur ein Ross
zu sehen, auf die in Reihe und Glied stehenden Feinde los, hieben mehrere
nieder, und kehrten pfeilschnell zu den Ihrigen zurück. — Auf diese Weise
musste die Armee oft das Nothwendigste entbehren, und Fe'izy Bey versicherte
mir selbst, dass er 10 Tage lang kein Fleisch gesehen habe. Zur
*) Der arabische Name dafür ist Hadschal Es hat die Grösse einer Taube
oder eines Huhns, wesshalb es auch Dedschädsch el b e r r £ „wildes Huhn“
genannt wird, und findet sich in ganz Syrien und Arabistan, von dem Libanon bis über
Bagdad hinaus in grösser Anzahl. Es ist sehr wohlschmeckend, seine Flügel sind blau
und weiss, Hals und Kopf roth.
P e t e r h a k j v , R e is e im O rie n t. 6