
Abhiilfe überfiel das H eer einen der Regierung ergebenen wehrlosen Beduinenstamm,
die Beni Fadhl, ,L * ü Vi, und beraubte ihn all seiner Habe,
d. h. seiner Heerden, unter dem Vorwande der Züchtigung, weil er angeblich
bewaffnete Drusen nothgedrungen beherbergt hatte. — Das christliche
Dorf Chabeb — denn auch Christen wohnen in dem Ledscha neben den
Drusen —. dessen Bewohner der gegebenen Zusieherung zufolge, dass sie
von den türkischem Truppen nichts zu fürchten hätten, an dem Kampfe
gar keinen Theil genommen, wurde ebenfalls geplündert, und zwar unter
Anführung jenes Wütherichs Mustapha Pascha, desselben, welcher 2 Jah re
früher die unschuldigen Einwohner des christlichen Dorfes Malüla (siehe
oben S. 75.) so schändlich hatte misshandeln lassen. Während aber in Chabeb
die Truppen mit der Plünderung und Misshandlung der Bewohner beschäftigt
waren, wurden sie von den kühnen Drusen überfallen, und mit
grossem Verlust zurückgetrieben. Nicht glücklicher fiel die zweite Expedition
ans, welche gegen Esra gerichtet war, einen bedeutenden Ort mit
mehreren Tausend massiven, steinernen Häusern aus der Römerzeit, wo
der Seraskier seine Winterquartiere beziehen wollte. Wieder war es
Mustapha Pascha, welcher plündern liess. und während der Plünderung von
den Drusen überfallen, zum schleunigsten schimpflichen Rückzüge gezwungen
wurde.
So kehrte denn der Seraskier unverrichteter Sache, nachdem der erste
Regen eingetreten, und viele Soldaten in Folge der Nässe, Kälte und
Strapazen erkrankt waren, nach Damascus zurück, und hoffte nun noch
unter günstigen Bedingungen einen wenigstens scheinbar ehrenvollen
Frieden zu erlangen. E r schloss m it den Drusen einen Waffenstillstand
unter dem Vorwande, ihnen Zeit zur Bestellung ihrer Felder zu lassen,
und schickte ein kleines Corps nach Tab an ja , dem alten Tiberias, angeblich
zum Schutze der zurückkehrenden Pilgerkaravane, wahrscheinlich
aber, um die vielen Kranken und Verwundeten vor den Augen der Damas-
cener zu verbergen, und sie bei den dortigen Heilquellen in dem gesunden
Klima wieder herstellen zu lassen.*)
*) Hätten die Drusen sich mit den Beduinen, und namentlich mit dem so gefürchteten
Stamme der Anese, im Osten und Süden, wie mit den Mutewellis im Norden
von Damascus, verbunden. oder verbinden können, so würden sie sehr bald die Türken
aus dem Lande verjagt haben. Allein entweder konnten, oder wollten sie nicht. Die
'Anese haben wenig oder gar keinen Vortheil von der Vertreibung der Türken, von denen
sie alljährlich noch für die sichere Escorte des Hadsch (des Pilgerkaravane von und
Während nun in dem Ledscha vollkommene Ruhe herrschte, entspann
sich vonNeuem in der Beqäa (siehe oben S. 49.), dem sieh zwischen dem Libanon
und Antilibanon hinziehenden Thale, ein Kampf aus folgender Veranlassung:
Ein Drusen-Scheich, Namens Muhammed Dawud, von dem Dorfe
J e n ta , nördlich von Damascus, wo im Ganzen nur wenig Drusen leben,
hatte den Krieg zu allerhand Plünderungen benutzt. Nicht weit von
seinem Wohnorte liegt ein anderes Dorf, Bludän, in welchem er — ein
Mann von 25 Jahren und schön von Ansehen — ein Liebesverhältniss mit
der F rau eines Bauern angeknüpft hatte: In einer Nacht, als gerade der
englische Consul von Damascus, Mr. Wood, bei diesem war, hatte die
Frau die von ihrem Manne gut verschlossenen T h ü ren , nachdem derselbe
eingeschlafen war, heimlich wieder geöffnet, so dass Mahmud mit seinen
Leuten eindringen konnte. E r versetzte dem Bauer mit dem Säbel einen
Hieb über den Mund, dass er nicht schreien konnte, wurde aber von diesem,
der bedeutende Körperstärke besass, aus dem Zimmer getrieben, während
die Frau trotz der ihr von ihrem Manne gegebenen Winke weder um Hülfe
rief, noch sonst Beistand leistete. Bald jedoch kehrten die Drusen zurück,
und ermordeten den Bauer. Natürlich zog diese Gräuelthat die Verfolgung
des Scheichs nach sich. Ein kleines Detachement unter Anführung eines
nach Mekka) einen Tribut bekommen;; die Mutewelli (pl. Mutäwele) aber sind theils zu
fanatische Schiiten. als dass sie geneigt wären, sich mit Andersgläubigen zu vereinigen,
tbeils leben ihre Emirs, obgleich von Einer Familie, doch fortwährend in Uneinigkeit
unter sich. Die herrschende Familie unter ihnen ist die der Harfusch, welche schon
Niebnhr als solche kannte. Einige Jahre vor dieser Katastrophe wurden sie von den
Türken bekriegt, unterjocht, alle ihre Besitzungen confiscirt, und ihr Oberhaupt nach
Candia exilirr. Auf diese Weise aller Subsistenzmittel beraubt, sahen sie sich seitdem
genötbigt, als Wegelagerer aufzutreten, und durch Baubzüge sich für die erlittenen
Verluste zu entschädigen. Einer von ihnen, der Emir Mahmud, Sohn jenes Oberhaupts,
war e s, welcher die Berliner Beisenden, Brüstlein und Maler Hildebrand, plünderte,
ihnen aber , da er hörte, dass sie Preussen seien, aus Freundschaft gegen den preussi-
schen Consul, Dr. Wetzstein, den er persönlich kannte, und der ihm auch wohl schon
Gefälligkeiten erwiesen hatte, Alles zurückgab. Aus Dankbarkeit schickte die Mutter
des Ersteren an Dr. Wetzstein werthvolle Geschenke mit der Bitte, sie dem genannten
Emir zu überreichen. Sie kamen leider nur wenige Wochen zu spät an, da er kurz
vorher getödtet worden war: und Dr. Wetzstein musste sie daher dessen Mutter zusenden.
Die Ursache seiner Ermordung war folgende : des wüsten Treibens müde, war er geneigt,
der Begierang sich zu unterwerfen, von welcher er hoffte, eine angemessene Stellung bei
dem Militär zu erhalten, und wünschte, auch seine Verwandten dazu zu bewegen. Er
lud sie zu sich e in, um sich mit ihnen darüber zu besprechen. Sie geriethen in Streit,
der immer heftiger wurde; er zog sein Pistol gegen Einen seiner Vettern, wnrde aber
von diesem, noch ehe er sich dessen versah, niedergeschossen. Noch sterbend zeigte er
ihm. dass sein Pistol nicht geladen war.