
das rothe Meer und dergleichen, und wünschen sieh gegenseitig Glück zu
dem Teste in selbst gemachten oder auswendig gelernten Versen.
Wir ritten kurz, nachdem die Lämmer in die Grube gesteckt waren,
gleich die weniger steile und beschwerhche 'Südostseite des Garizim hinab,
und bis zu dem Chan Lebän, wo wir übernachteten 5 und Sonnabend, den
23ten April, trafen wir gegen 1 Uhr Mittags in Jerusalem wieder ein.
Den Tag darauf begann die Charwoche der Griechen, und Montag, den
Tag nach dem Palmsonntag fand, wie alljährlich, die grosse Pilgerfahrt oder
vielmehr der Pilgerritt von Jerusalem nach dem Jordan statt. Diess geschieht
eigentlich nur oder doch hauptsächlich von den griechischen Christen, deren
Patriarch es sehr begünstigt, und (durch seinen Stellvertreter) die nöthige
Escorte besorgen lässt. Denn ohne eine solche darf niemand es wagen, diese
kurze Tour zu unternehmen. Englische Reisende, so wurde mir in Jerusalem
erzählt, welche ohne alle Gefahr von Egypten durch die grosse Wüste nach
Jerusalem gekommen waren, glaubten sich dieser Begleitung für eine so
kurze Strecke von 6— 7 Stunden überheben zu können — sie ritten hin,
und kamen vollständig ausgeplündert zurück. Der Grund liegt darin, dass
der Scheich des Beduinenstammes, welcher diese Gegenden bis nach Hebron
beherrscht, in Jerusalem selbst wohnt, also Nachricht von allen Beisenden
bekommt, und seinen Leuten davon Kunde giebt. Derselbe ist mit dem
Pascba und sämmtlichen Consuln befreundet, und ein einziger Mann von
ihm, den man in der Regel für 140 Piaster (ungefähr 81/2 T h lr.) erhält,
genügt, um mit völliger Sicherheit bis an den Jordan aber nicht darüber
hinaus, weil jenseit desselben ein anderer meist in Fehde mit ihm stehender
Stamm herrscht — zu reisen. Wie immer, so hatten sich auch .diessmal dem
Zuge Armenier und andere orientalische Christen angeschlossen, welche
gleich uns nur als Zeugen dabei sein, und Wasser aus dem Jordan schöpfen
wollten. So bestand der Zug aus mehrern Tausend Menschen, Männern,
Erauen und Kindern, begleitet von vielem Militär und Beduinen. S chon
sehr früh begann die WAnderung, und die Karavane bildete eine unabsehbare
Lin ie , so dass die Letzten erst gegen 9 Uhr die Stadt verlassen konnten,
während dieErsten mit Tagesanbruch ausgeritten waren. Wir beschlossen,
um durch das Gedränge nicht zu sehr gestört zu werden, den Nachtrab zu
bilden, und machten uns erst gegen 91/2 U^r Morgens auf den Weg. Unsere
• Gesellschaft bestand aus Dr. Rosen mit einem Kawass und Koch, dem Prediger
Valentiner mit F rau und Diener, einem Bäckergesellen aus Görlitz,
dem Missionar Daniels, ebenfalls mit Frau und Diener, einem Proselyten,
2 Schwestern aus dem Hospiz,.und mir mit meinem Diener, wozu noch die
Mucker mit den Lastthieren kamen, und ein Handwerksbursche aus Mecklenburg,
welcher zu Fuss die- Tour mitmachen wollte, aber ab und zu von
unsern Dienern mit auf ibre Pferde oder Maulthiere genommen wurde.
Bei dem Garten Gethsemane erwarteten Dr. Rosen und ich die übrige
Gesellschaft, und dann ritten wir um den Oelberg an dessen Abhange herum
über Bethanien, wo noch das Haus des Lazarus gezeigt wird. Die Hitze
war schon sehr gross, und würde nur bisweilen durch einen kühlen Luftzug
gemildert. Durch baum- und fast vegetationslose Thäler und Schluchten,
und über kahle Berge und Felsen gelangten wir, bei 2 alten Wasserleitungen
vorbei, nach etwa 5stündigem langsamen Ritt in die Ebene von
Jericho, welche aber keineswegs einen so freundlichen Anblick gewährte,
als ich erwartet hatte. Erst in weiter F e rn e , nahe dem Jordan, ist sie
bewachsen. Vor uns lag eine grosse Sandwüste; ein Wirbelwind erhob sich,
und trieb uns den Sand in das Gesicht, so dass wir kaum aus den Augen
sehen konnten. Dr. Rosen war mit den meisten Ändern vor ausgeritten, so
dass wir ihn bald aus. den Augen verloren hatton, nach dem Lager der Pilger
zu, welches wir in weiter Ferne schon aufgeschlagen erblickten. Wir hatten
uns verabredet, an Ain es Sultän, „der Sultansquelle, die
wir nahe dem Lager glaubten, uns wiederzufinden. Dahin nun lenkten wir
unsere Rosse, der Koch Rosen’s voran, wir Ändern hinter ihm. Weder er,
noch irgend ein Anderer von uns kannte den Weg dahin; doch wurde uns
das Auffinden desselben durch die Menge von Leuten, grossentheils Pilgern,
welche ausgegangen waren, um trinkbares Wasser aus der Quelle zu holen,
erleichtert. Der Ritt durch dichtes Domengebüsch, welches unsere Kleider
zu zerreissen drohte, war äusserst beschwerlich, und dauerte so lange, dass
wir schon der Meinung waren, den richtigen Pfad verloren zu haben, bis
wir endlich nach etwa 1 ,/2stündigem Marsche unter einem grossen, dornigen,
aber schattigen Baume mit kleinen, reifen Aepfelchen, Dom genannt, die
der Wind uns fortwährend auf die Nase und in den Mund trieb, Halt machten.
Um diesen Baum herum war ein kleiner freier P la tz , und die Quelle nur
wenig Schritte davon entfernt. Unsere vorangeeilten Reisegefährten kamen
erst nach u n s , aber glücklicherweise auch bald (Jarauf an. Müde von dem
langen und beschwerlichen Ritt, über und über bestaubt, und angegriffen
von der grossen Hitze, welche in diesem Thale, dem tiefsten auf der ganzen
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