
■ sehr, dass wir den Schatten suchen mussten. So ist der Winter in jenen
Gegenden ganz analog unserm Sommer, namentlich, wenn, wie in diesem
J a h r e , der Regen nur sparsam fallt.
Ich benutzte meinen langen Aufenthalt in Damascus, um mir allerhand
Notizen zu sammeln, die ich, da sie mir manehes Interessante und
IS "issenswürdige zu enthalten scheinen, hier mittheilen will.
Ich habe schon oben erwähnt, dass die orientalischen Schriftsteller mit
einander wetteifern im Lobe von Damascus, und dass sie dahin das Paradies
versetzen, gebildet und eingeschlossen durch vier Arme des Bárada, welcher
Reg. 5 , 12 Parpar und und Amana, hei den Griechen
Chrysorrhoas genannt wird. Auf dem Berge Qasjün, kjjjudlj» , soll
Kain den Abel erschlagen haben, dessen Grab, gleich den. Gräbern von
Seth und Noah in der Nähe von Damascus gezeigt wird. Bis hierher, und
zwar bis Hoba (Gen. 14, 15), wo jetzt das Dorf Berse liegen soll, verfolgte
Abraham, und schlug den König Kedor Laomer mit den vier ihm verbündeten
Königen. Die Propheten Elias und Elisa kamen nach Damascus,
und in der Synagoge von .Dschobar (siehe oben S. 63) zeigt man noch die
Stätten, wo Elias von den Raben gespeist worden (1 Kön. 1 7 ,4—-6 ),
und wo er Elisa zum Propheten und Hasael zum Könige von Syrien gesalbt
habe (1 Reg. 19, 15. 16). Nach Damascus kam auch Paulus, der hier
bekehrt wurde, und noch bewahrt die Gasse, in welcher er wohnte (Act. 9,11)
den Name der „richtigen“ ( J p U1 wenn man unter der qv^ t¡
ei>&£ic¿ nicht den heute sogenannten Meidán zu verstehen hat, welcher (siehe
oben S. 61) ebenfalls eine gerade Strasse ist, und zu dem Báb Allah führt.
D a , wo das Haus des Ananias (LuAa.) stand,, ist je tzt eine Kapelle, in
welcher an seinem Gedächtnisstage , den 25ten Janua r , Messe gelesen
wird, wobei eine Procession nach der Stelle an der Mauer geht, wo-er (Act.
9, 25) heruntergelassen wurde, und nach der natürlichen Brücke ausserhalb
der Mauer, die sich ihm plötzlich aus einer Höhle bildete, als er von den
Juden verfolgt wurde, und gesteinigt werden sollte. Aber auch den Muhammedanern
ist Damascus noch besonders wichtig als die Residenz von Cha-
lifen , namentlich aus der Dynastie der Umaiajden, deren, Moschee zu den
grössten Heiligthümern gehört, und weil der eben so fromme als tapfere
Nur ed din, der ritterliche Salah ed din (Saladin), der Aijubide, und der
Mamluken - S u lta n , Melik ed Dháher Bibars, welcher die letzten Ueberreste
der Kreuzfahrer aus Palästina und Syrien vertrieb, hier begraben
liegen.*)
Die Einwohnerzahl von Damascus wird auf 120 150,000 Seelen
angegeben, wobei die Vorstadt Salahije, welche allein 20,000 Seelen enthalten
soll, mit gerechnet ist. Diese liegt dicht an dem Fusse des Antilibanon,
unter dem Dschebel Qasjün, und ist ganz von Kurden bewohnt.
Die Häuser dieser Vorstadt haben meist keine förmlichen Stuben, sondern
Hallen ohne Thüren nach Art der Ch an s, und viele derselben haben noch
am Eingänge einen mit Lehm überdeckten Vorbau, unter welchem die
Bewohner sitzend vor dem Regen, wie vor der Sonne geschützt sind. Hier
ist auch das Grab des berühmten muhammedanischen Mystikers und Sufis
Muhi ed din, welches dem Sultan Selim I. gezeigt, und von ihm mit einem
kostbaren Ueberbau versehen wurde. Salahij e bildet eins von den acht grossen
Quartieren oder Mahalle’s in welche Damascus getheilt ist; jedes
derselben hat wieder drei kleinere Quartiere, und diese werden zuletzt m
Aswaq getheilt. Unter den verschiedenen Stadtvierteln besteht
stets eine gewisse Reibung und Jalousie.
Die Besatzung von Damascus besteht regelmässig aus drei Regimentern
Infanterie, einem Regiment Cavalieri e und einer Batterie Artillerie von acht
Kanonen; das dazu gehörige Artillerie-Regiment steht in Horns.
Früher war hier nur ein Pascha mit fast unumschränkter Gewalt. Da
aber diese Pascha’s oft rebellirten, so setzte man ihnen einen Seraskier znr
Seite; später ernannte man noch einen Defterdar, um ihnen nicht bloss die
Armee, sondern auch die Einkünfte zu entziehen, welcher alle Geldangelegenheiten
zu besorgen hatte. Dann gründete man noch einen Medschlis,
^JLja Jo eine Rathsversammlung, deren Präsident jedesmal von Konstantinopel
geschickt wurde; seit einigen Jahren aber wurde dieses Amt dem
Defterdar übergeben. Dieses Civiltribunal besteht aus dem Präsidenten, dem
Mufti, dem Qädlii, dem Neqib (Stellvertreter des Qädhi), vier angesehenen
*) An den eisernen Gittern der Fenster von dem Gra.be des Letztem wurden die
Damascener Klingen probirt, und man sieht noch eine Menge Scharten an denselben,
welche dadurch verursacht worden. Ich bemerke hierbei, dass seit länger denn 400 Jahren
die Fabrication dieser Klingen in Damascus aufgehört hat, da Timur nach der
Eroberung von Damascus im J. 1400 alle Waffenschmiede von da nach Chorasan trans-
portirte, wo seit jener Zeit dieselben bis auf den heutigen Tag noch in gleicher Güte
verfertigt werden.
P r t r r m a n n , R e is e im O r i e n t . 7