
9—-10 Stunden von Sebdany entfernte Damascus, wo icb wieder bei dem
Consul Dr. Wetzstein die freundlichste Aufnahme fand. Als ich in die Nähe
von Damascus kam, begegnete ich vielen christlichen Familien, welche in
das Gebirge zogen. Ich glaubte anfangs, der Fanatismus der muhamme-
danischen Bevölkerung wegen des drohenden russisch-türkischen Krieges
habe sie vertrieben, erfuhr jedoch von dem Consul, dass nur ganz kurze
Zeit, und zwar während des Fastenmonats Bamadhän einige Aufregung
dort geherrscht habe, dass man aber nun wahrscheinlich die Nachricht von
dem wirklichen Ausbruch mit grösser Gleichgültigkeit aufnehmen würde.
Jene Familien reisten nur in das Gebirge, um der zu grossen Hitze in der
Stadt zu entgehen. Denn diese sollte in den letzten Tagen auf 33—^3 5 ° R.
gestiegen sein, eine Hitze, welche selbst den Damascenern unerhört und
unerträglich war. Einiges Aufsehen unter der Bevölkerung machte damals
gerade der Komet, welcher seit dem 20ten August an dem nordwestlichen
Horizont mit gerade in die Höhe gehendem Schweif bis 1 Stunde nach Sonnenuntergang
sichtbar war.
Neuntes Kapitel.
Reise von Damascus auf den Libanon und nach Beirut.
Meine Absicht war eigentlich, von Damascus mich zunächst auf einige
Zeit nach Malüla zu begeben, um den syrischen Dialect, welcher dort noch
gesprochen wird, kennen zu lernen. Allein die Strasse dahin sollte im
höchsten"Grade unsicher sein, daher ich mich entschloss, über Baalbek und
die Cedern nach döm Libanon zu gehen, und dort einige der vielen Klöster
zu besuchen. Da mittlerweile auch der Weg über Süq Bärada sehr unsicher
geworden war, so schlug ich um so lieber einen mittlem Weg ein, als mir
dieser noch ganz unbekannt war. So reiste ich Montag, den 29ten August,
von Damascus wieder ab. Man sagte mir zwar, dass ich wegen der allgemeinen
Unsicherheit lieber noch 8 — 10 Tage warten sollte; allein ich hatte
in Damascus nichts zu thun, und wollte mich beeilen, um so bald als möglich
aus dem dortigen heissen Klima in die kühlem Gebirgsregionen zu kommen.
Zu mehrerer Sicherheit gab mir Dr. Wetzstein den Einen seiner beiden
Kawasse, Muhammed, einen braven Kurden aus Salahije mit. Um 121/2 Uhr
Morgens, oder nach unserer Rechnung, um 7 Uhr brach ich von Damascus
auf, und ritt zuerst in gerader nördlicher Richtung im Thale fort bis nach
Berse, dem Dorfe, wo Abraham die kanaanitischen Könige besiegt haben
soll. Dort wird auch noch an dem nördlichen Bergabhange — denn das
Dorf liegt dicht am Fusse des Gebirges — das Grab Abraham’s gezeigt
(das wahre ist bekanntlich in Hebron), wohin alljährlich zu Anfang März
Viele aus Damascus wallfahrten. Es ist mit einer weiss übertünchten Lehmmauer
umgeben und verschlossen. In der Umzäunung wachsen Pappeln
und Feigenbäume. Von da ritten wir durch die von malerisch gruppirten
Felsen umgebene Thalschlucht in mehr nordwestlicher Richtung nach Märaba.
Bis dahin war mir der Weg von dem frühem Abstecher, den ich nach
Malüla gemacht h a tte , bekannt. Nun aber ritten wir n ich t, wie damals,