
nach der nahen Quelle benannten Dorfe ’Ain nede. Dieses Dorf war in
Folge eines Kampfes mit der Familie Harfiiscli von den Mutewelly’s ganz
verlassen; nur allmiilig begannen die wenigen übrig gebliebenen Bewohner
ihre schlechten, steinernen Häuser wieder in Besitz zu nehmen; aber die
Mühle, westlich und oberhalb des Dorfes gelegen, zu der man durch einen
tiefen Grund gelangt, war noch im Gange und bewohnt. Bei derselben liess
ich mein Zelt aufschlagen; das Wasser', welches sie treibt, heisst ’Ain nede,
die eigentliche Quelle liegt eine gute Viertelstunde nördlich davon.
Freitag, den 2ten Septbr., ritten wir in nordwestlicher Richtung von da
über den fast höchsten Gipfel des Libanon auf sandigem, steilem und zuweilen
gefährlichem Pfade, fanden und sahen aber nirgends Spuren von Schnee,
welcher gewöhnlich auf der Spitze das ganze Jah r hindurch liegen bleiben
soll, und dann auf ebenso steilem Wege auf der westlichen Seite wieder hinunter
über mehrere niedrige Felsen hinweg zu dem kleinen Gedernwäldchen,
welches einige Hundert dieser Bäume enthält. Man giebt die Zahl derselben
gewöhnlich auf 365 an. Später wurde mir versichert, dass auch
noch nördlich davon jenseits des dieses Wäldchen überragenden Berges ein
Cedernwald sein soll. Kleinen Nachwuchs fand ich nirgends, wahrscheinlich
weil die Zapfen sorgfältig von den Reisenden und den benachbarten Dorfbewohnern—
von Letztem zum Verkauf an die Europäer, welche diese
Gegend besuchen — aufgelesen und abgepflückt werden. Nur mit Mühe
erlangte ich einige derselben, indem meine Leute auf die Bäume kletterten.
4— 5 der kleinsten Bäume standen besonders, und waren vielleicht nicht
über 20 Jahre alt. In dem Stamme eines der ältesten Bäume, welcher
circa 14 Ellen im Umfang hatte und hohl war, war eine Art von Zimmer
eingerichtet, zu welchem man mittelst einer angelehnten Leiter nur mühsam
gelangen konnte. Ein anderer Baum, wohl der älteste von allen, mass
21 Ellen in der Peripherie. Es sind im Ganzen 1 2 , welche aus dem grauesten
Alterthum sein mögen; die ändern sind sämmtlich aus späterer Zeit. In
der Mitte des Wäldchens ist eine kleine Kirche, und nahe dabei ein Häuschen.
Wir ritten dann weiter in westlicher Richtung in diesem Bergkessel
fort, der von 2 hohen durch eine tiefe Kluft getrennten Felsgebirgen gebildet
wird, und an beiden Felsabhängen viele Dörfer zählt. Ueberhaupt ist
der Libanon, wenigstens in dieser Gegend, ausserodentlich bevölkert; fast
alle Viertelstunden stösst man, selbst an den unwirthbarsten Stellen, auf ein
Dorf. Die Dörfer der Maroniten aber — denn diese bilden hier fast die
einzige Bevölkerung — haben eine andere Physiognomie, als die des übrigen
Syrien, wo die Häuser grösstentheils, wie in den Städten, dicht neben
einander , die Felder und Gärten ausserhalb liegen. Hier hat jedes Haus,
wie unsere Dörfer, Gartenund Feld gleich dicht neben sich, daher sie sehr
ausgedehnt sind. Wir ritten zwischen Eli den und Bscherre, deren jçnes
200, dieses 4 -r-500 Häuser hat, jenes rechts, dièses links liegen lassend,
und gelangten nach etwa 2 Stunden auf einer Anhöhe zu einigen Häusern,
worin Mönche des Klosters Ques’haja waren. Unter einem grossen
Nussbaum stiegen wir ab, und Hessen uns, da wir Alle sehr verhungert
waren, einige Eier bereiten, wofür ich 5 P. gab. Dann gingen wir hinunter
uach dem Kloster. Der Weg war so abschüssig, und voll glatter, grösser
Steine, dass man unmöglich reiten konnte. Nach einer starken Stunde,
nachdem wir durch das zu dem Kloster gehörige Dorf gekommen waren,
errèiehten wir endlich todtmiide, und in Schweiss gebadet, das romantisch
in einer Felsschlucht gelegene bedeutende Kloster mit circa 100 Mönchen.
Es ist dem heiligen Antonius (dem Vater der Eremiten) geweiht, welcher
selbst hier gewesen, und hier auch gestorben sein soll. Eine grosse Tropfsteinhöhle
dicht dabei soll ihm zur Wohnung gedient haben. Hierher werden
Wahnsinnige gebracht, die zuweilen schon nach wenigen Tagen durch die
Kraft des Heiligen geheilt zurückkehren sollen. Ich sah Einen dieser
Unglücklichen im Innersten der Höhle an eine Kette gefesselt, der seit
wenigen Tagen von Damascus gebracht worden war, und seiner Heilung
entgegen sah. Der UnglückHche jammerte sehr, und schien in der That
auf dem Wege der Besserung zu sein. In einer ändern Höhle, dieser ähnlich,
die ich aber nicht sah, sollte sich eine geisteskranke Frau befinden.
Der Superior des Klosters nahm mich, wahrscheinlich in Erwartung
eines bedeutenden Geldgeschenkes, gut a,uf; ich schhef in einer offenen
Fensternische. Die Nacht war sehr warm, daher ich mir auch nicht, wie
ich fürchtete, eine Erkältung zuzog. - Vorher genoss ich nur 2 gesottene
Eier und einige Weintrauben. Die Mönche waren sebr unwissend, und
wollten Vieles von mir hören; dem Einen namentlich müsste ich über die
Entstehung und Eigenthümlichkeit des Protestantismus Aufklärung geben.
Den folgenden Morgen, Sonnabend, den 3. Septbr., besuchte ich die
kleine Druckerei, aus welcher nur Gebetbücher hervorgegangen waren; sie
stand gerade aus Mangel an Papier still. Ich erwartete, hier eine bedeutende
Bibliothek zu finden, sali aber zu meinem Bedauern in dem kleinen