
und seit dieser Zeit wird Edschmiadsin als der Sitz des geistlichen Oberhauptes
von allen Armeniern angesehen. Jedoch erhielt sich Gregor IX.
in seiner Würde; Volk und Geistlichkeit von Cilicien und Klein-Armenien
blieb ihm treu, und erwählte nach seinem Tode einen Nachfolger: und so
blieb Sis bis auf den heutigen Tag neben Edschmiadsin Sitz eines Katho-
likos, der, obgleich nur in jenen Landestheilen als rechtmässiges Oberhaupt
anerkannt, dennoch hoch geachtet wird, weil, wenn durch eine Collision
zwischen Russland und der Türkei aller Verkehr zwischen beiden Reichen
abgebrochen ist, dieser als das Oberhaupt aller Armenier des türkischen
Reiches betrachtet wird. *) Ein dritter Katholikos existirt noch auf der
Insel Aghthamar in dem See Wan, wo schon Stephanos II. seit dem Jahre
925 n. Chr. residirte. Die Macht desselben erstreckt sich aber nicht über
seine Insel hinaus, und er ist factisch dem Katholikos von Edschmiadsin
unterworfen. — Ausser diesen haben die Armenier noch 2 Patriarchen,
welche aber doch auch unter dem Katholikos von Edschmiadsin stehen; der
Erste dem Range nach ist der von Jerusalem, der Zweite der von Konstantinopel.
Das erstere Patriarchat besteht seit dem Jah re 1311 n. Chr., in
welchem Sargis (Sergius), Bischof von Jerusalem, von dem Sultan der Mam-
luken in Egypten einen Fermän erlangte, durch den er als unabhängig von
dem Katholikos anerkannt wurde , worauf er sich selbst den Titel eines
Patriarchen beilegte. Zu der Wahl eines Patriarchen, der eigentlich dem
Range nach nicht über dem Erzbischof steht, und ein solcher sein muss,
gehören nur 3 Bischöfe oder Erzbischöfe. Wenn ein Patriarch stirbt, so
schlagen die Bischöfe des Patriarchats dem Divan von Konstantinopel 2 Erzbischöfe
vor, aus denen derselbe Einen wählt; und dann wird ganz einfach
der Fermän bekannt gemacht, dass N. N. zum Patriarchen erwählt sei. So
geschieht es in Jerusalem, so wie in Konstantinopel. Bischöfe können nur
von einem Katholikos, also nur in Edschmiadsin oder Sis geweiht werden, wo
allein das Myron (das heilige.Salböl) bereitet wird; denn das in Aghthamar
bereitete wird nicht für echt angesehen. Jeder Bischof muss zuvor War-
*) Es war mir wichtig, zu erfahren, dass der jetzige Stellvertreter des Katholikos
von Sis früher in Jerusalem gewesen , und mit der Familie Murad befreundet ist. Dort
ist eine bedeutende armenische Bibliothek, weiche den (katholischen) Mechitharisten
von Venedig, als Abtrünnigen, unzugänglich ist, mir aber, zumal, da der genannte Simon
Murad mich selbst dahin begleiten wollte , wahrscheinlich geöffnet worden wäre. Auch
gab mir der Patriarch von Jerusalem selbst ein Empfehlungsschreiben an den Katholikos
mit.
dapet (etwa unserm Dr. Theol. entsprechend) sein, wozu ihn ein Bischof
ernennen kann. Die Stufe vom Bischof zum Erzbischof ist keine grosse.
Die Geistlichen vom Wardapet an tragen die Kapuze, und dürfen nicht ver-
heirathet sein. Sie müssen entweder dem Cölibat geschworen, oder ihre Frau
verloren, oder sie ebenfalls in ein Kloster geschickt haben, Letzteres natürlich
mit ihrer Einwilligung.
Die Armenier sind ihrem Glaubensbekenntnisse nach Monophysiten,
da sie nur Eine Natur in Christo anerkennen. Sie behaupten jedoch, dass
diess nur ein falscher Ausdruck sei, den-man aus Ehrfurcht vor dem Alterthum
nicht ändern zu dürfen glaube; denn sowohl sie, als die syrischen Jaco-
biten, die Abyssinier und Kopten, deren Geistliche sämmtlich bei ihren
grossen Festen mit fungiren, sagen, dass Jesus vollkommener Gott und
vollkommener Mensch gewesen sei. In ihrem Glaubensbekenntnisse haben
sie auch noch die Worte „du bist gekreuzigt für uns,“ was in den ändern
Glaubensbekenntnissen fehlt. Sie sind die einzigen unter den nichtkatholischen
orientalischen Christen, welche ungesäuertes Brod bei der Communion
gebrauchen, worauf der Name Jesus geschrieben ist, und mischen kein
Wasser unter den Wein.*) Den gekreuzigten Christus stellen sie mit über
einander gelegten Beinen dar, nicht mit neben einander gestellten, wie die
Griechen und Georgier. — In Jerusalem wohnen 80 — 100 armenische
Familien, mit 4 — 500 Seelen, und gegen 100 Geistliche. Sie haben ein
sehr geräumiges Kloster mit schönem Garten auf dem Gipfel des Zion, und
daneben ein schönes, ganzneuesPatriarchat. In demKloster ist eine Druckerei,
aus welcher schon mehrere nützliche Werke in armenischer und türkischer
Sprache, letztere ebenfalls mit armenischen Lettern gedruckt, hervorgegangen
sind. Die dazu gehörige, mit Schmuck fast überladene Kirche ist
nach ihrer Angabe die älteste, und den beiden Aposteln Jacobus geweiht,
dem Bruder des Herrn und ersten Bischof von Jerüsalem, so wie dem Bruder
des Evangelisten Johannes. Der Erstere wurde in Jerusalem enthauptet, und
sein Kopf in das Thal Josaphat geworfen, der übrige Leichnam soll unter
dem Hochaltar der Kirche begraben liegen. Der Andere wurde in Cäsarea
enthauptet, und der Sage nach trugen 2 Engel sein Haupt an die Stelle, an
der es jetzt aufbewahrt wird, in einer Seitenkapelle; der übrige Körper
kam nach St. Jago di Compostella. Ein Theil der Kirche ist von Hethum H .,
*) Es ist ihnen aber auch verstattet, im Nothfall hei Griechen und Ändern zu com-
nmniciren.