
zu sehen, die aber wenig' oder gar nichts von ihrem alten Glanze bewahrt
haben. Gegen 6 1'2 Uhr Morgens brachen wir von Ras el ’Ain auf; die
dortigen Bewohner nennen es auch Bir Sulaimän, „Salomo’s
Brunnen,“ weil sie sagen, Salomo habe dem König Hiram aus Dank für
seine Hülfe bei dem Tempelbau eine Wasserleitung von da bis Tyrus
erbauen lassen, welche noch so ziemlich erhalten ist. Wir ritten am Meeresufer
entlang, und erreichten nach ungela.hr 1 Stunde das auf der Spitze
einer Landzunge gelegene Sür (Tyrus), welches sich fast bis zur äussersten
Spitze hin erstreckt. Das alte Tyrus kann nach dieser Seite hin nur wenig
weiter gegangen sein, da der ehemalige Palast Ibrahim Pascha’s, dessen
Bruchsteine grossentheils nach Beirut gebracht, und zum Bau eines Militärhospitals
oder einer Kaserne verwendet worden sind, sich bis dicht an das
Meer erstreckt. Man sieht auch an dem abschüssigen Meeresufer noch
Ueberreste von dem alten Gemäuer. Nur südlich von dem zerstörten Palaste
Ibrahim Paseha’s ist noch eine Strecke unbebaut, und mag früher mit Häusern
bedeckt gewesen sein. Nördlich davon reichen die jetzigen Wohnungen
bis dicht an das Ufer. Mehr noch scheint das alte Tyrus in südöstlicher
Richtung sieh ausgedehnt zu haben, wo jetzt die Gräber der Muhammedaner
sind, und noch hie und da umgestürzte Säulen und Mauern zum Vorschein
kommen, so wie östlich nach dem festen Lande hin. An der Nordseite,
wo das Meer eine Bucht bildet, sieht man noch im Meere 2 hohe Mauerreste,
die entweder den Hafen einschlossen, oder vielleicht auch zu der Wasserleitung
gehörten. Von alten Ueberresten findet man hier nur noch die
Ruinen einer alten, oder vielmehr mittelalterlichen Kirche, angeblich von dem
bekannten Bischof Guilelmus Tyrius erbaut, von welcher aber nur 2 Seitenmauern
eines Gewölbes stehen, welches vermuthlich den Hochaltar eingeschlossen
hatte. Nahe dabei liegen noch 2 kolossale Granitsäulen, die
vielleicht am Eingänge standen; sie sind gegen 5 Ellen lang und 5/4 Elle dick.
Diese Kirche liegt an der Südseite der Stadt, und gränzt an den Palast Ibrahim
Pascha’s. Auch von ihr sollen die Quadersteine nach Beirut geschafft worden
sein. Der Wirth der Locanda — denn auch hier giebt es ausnahmsweise eine
solche -— welcher mir einige römische, griechische und ejubidische Münzen,
so wie geschnittene Steine zum Kauf anbot, aber zu theuer war, erzählte
mir, dass bei dem Graben des Grundes von Häusern die Arbeiter oft auf
alte Gemäuer und Gebäude stossen. Nach seiner Angabe beträgt die Zahl
der jetzigen Bewohner 4000 Seelen, deren eine Hälfte Christen, die andere
aber Moslems seien, und zwar der Mehrzahl nach Mutewelly’s d. i. Schiiten,
mit nur etwa 200 Sunniten. Noch muss ich bemerken, dass ich in dem
Gemäuer am Meeresrande mehre Granitsäulen eingemauert fand.
Francis, mein Diener, war mit Kaspar, dem Armenier, und meiner
Bagage vorausgeritten. Nach etwa 1 ^stän d ig em Aufenthalt in dieser jetzt
höchst unbedeutenden Festung ritt ich mit Hasan ihnen nach. Wir ritten
landeinwärts erst, in nordöstlicher und dann in nördlicher Richtung fort,
kamen bei mehreren zerstörten Steinbrücken mit Bogen über ausgetrocknete
Flussbetten vorbei, an deren Rande Oleandersträuche blühten, und nach
2 Stunden nach Asmije, wo noch eine schöne Brücke mit 1 Bogen über den
Nahr el Kasmije, und daneben eine verfallene Burg, wahrscheinlich aus
den Zeiten der Kreuzzüge, steht. Dann kamen wir, immer nahe dem Meere
hinreitend durch eine wüste Gegend, welche wegen der Mutewelly’s und
der Beduinen, für unsicher galt. Uns geschah nichts, und auch unsere
Bagage, die wir erst in Saida erreichten, war glücklich und ungefährdet
durchgekommen. Etwa 1000 Schritt von dem Wege zog sich ein Felsengebirge
hin, auf dessen Höhen hin und wieder einzelne von Mutewelly’s
bewohnte Dörfer sich zeigten. Links 1 Stunde von Asmije sah ich in der
Ferne ganz nahe dem Meere 9 aufrechtstehende Mauerpfeiler, weiterhin
rechts in den Felsen Höhlen, von denen eine -p¿ wie auch die früher zwischen
Naqüra und Räs.el ’Ain bemerkten — eine altjüdische Grabeshöhle zu sein
schien. Nach 2 '/2 Stunde kamen wir zu einem sehr kleinen, von Mutewelly’s
bewohnten Dorfe, die überhaupt die ganze Umgegend bis in die
Nähe von Beirut eingenommen hab en , und auch weiterhin nördlich um
Baalbek hausen, und nach weiterem halbstündigen R itt zu ’Ain el Qantara
oder’Ain el Qanätir, „Brückenquelle,“ wo wirabstiegen, und bei einem Kaffee-
wirth uns kurze Zeit erholten. Nach abermaligem Ritt von 2— 21/2 Stunde
erreichten wir das schön auf einer Anhöhe liegende, mit Fruchtbaumgärten
umgebene Saida, das alte Sidon. >/4 Stunde vorher fand ich dicht am Wege
eine alte Granitsäule mit einer vielleicht schon bekannten Inschrift. 35)
Dicht vor dem südlichen Thore von Saida fanden wir das Zelt aufgeschlagen.
Ich ging alsbald in die Stadt, liess mich rasiren, wobei mir ein
Einabe, da die Hitze sehr gross war, stets mit einem Wedel Kühlung zufächelte,
und begab mich dann zu dem dortigen Er. Vicecónsul Ibrahim Nachli,
welcher einige Hundert arabische Codices besass, und einen syrischen (jaco-
bitischen) Matrán, jetzt Protestant, kannte, welcher im Besitz von syrischen