
Gerichten wenigstens kosten, wobei der Wekil mich bediente. Als Schewket
Bey den Zweck meiner Reise erfahren, liess er mir sogleich drei dringende
Empfehlungsschreiben an die Pascha’s von Beirut, Damascus und Jerusalem
durch seinen Sekretär aufsetzen, die er dann unterschrieb und untersiegelte.
Ich unterhielt mich noch lange mit ihm, wobei er mir versicherte, dass die
osmanische Flotte die dritte der Welt sei, und dass Konstantinopel, welches
5—6 Jahre früher eine Bevölkerung von 800,000 Seelen gehabt habe, jetzt
1,300,000 Einwohner, das ganze osmanische Reich aber 30 M i l l i o n e n Seelen
zähle. So kam unter gemüthlichem Plaudern 3 Uhr heran; und, als der Tag
schon graute, führte mich der liebenswürdige Wirth in ein anstossendes Gemach,
welches eine reizende Aussicht auf den Bosporus darbot, und in
dessen Mitte Matratzen gelegt, und seidene Decken darüber gebreitet warfen.
Ich. verabschiedete mich von ihm, und bat ihn, mich zu entschuldigen, wenn
ich mich den folgenden Morgen noch vor seinem Erwachen entfernte, musste
ihm aber fest versprechen, bei meiner Rückreise über Konstantinopel bei
ihm zu logiren. Der Wekil kleidete mich nun aus, legte mir einen seidenen
Kaftan an, den. er mit einer Schärpe zuband, und gab mir ein weisses Käppchen.
So hätte ich denn, müde von den Strapazen des Tages prächtig
schlafen können, wenn mich nicht die Sorge, das nach Konstantinopel gehende
Dampfschiff zu versäumen, immer wieder erweckt hätte. Gegen 7 '/2 Uhr,
als noch Alles im Hause fest schlief, stand ich auf, und eilte hinunter nach
der Hausthür, wo mich der Portier glücklicherweise bald hörte, und heraus
liess. Ich kam kurz vor Abgang des Dampfbotes auf dem Quai oder vielmehr
der Skela an, fuhr zurück, und machte noch an demselben Tage, nach;
dem ein für diese Jahreszeit seltnes .tüchtiges Regenwetter die Strassen,
oder vielmehr namenlosen Gassen, — nur in Alexandrien und Kairo fand
ich spater die Strassen und Gassen benannt, und die Häuser mit Nummern
versehen, während in allen übrigen Städten des Orients Häuser und Wohnungen
nur ganz allgemein- nach den Stadtvierteln bezeichnet werden —
gewaltig schmuzig gemacht hatte, mit meinen beiden Reisegefährten, begleitet
von den Herren Testa,-Rosen und Peters einen Spaziergang nach
Konstantinopel. Wir gingen durch den Bazär nach der grossen Suleimanije >»),
der Moschee Suleiman’s (Soliman I ) , in welcher dessen prächtiges Grabmal’
so wie die Grabmäler von Soliman H ., Achmed I I ., von zwei-Sultaninnen
und mehreren Prinzen und Prinzessinnen sind, uud setzten uns bei den The-
naki-Kaffeehäusern, wo früher — aber jetzt nicht mehr — Opium genossen
wurde, nieder, um eine Nargile zu rauchen. Schmuzbedeckt und schweiss-
triefend kam ich nach Hause, und ging am Abend noch mit Rose zu Herrn
von Malinowsky, welcher uns zu einer Bowle Maitrank (aus einer ihm zugeschickten
Essenz und edlem Brussawein bereitet) eingeladen hatte. Ein
gewaltiges Gewitter verwandelte unterdess die holperigen, schlecht gepflasterten
Gassen in Sümpfe und Bäche, so dass wir froh waren, unter dem Schutz
unserer papiernen Laterne, ohne über Steine oder Hunde zu fallen, glücklich
unsere Wohnung zu erreichen.
tETERMASii, Reise im Orient. 3