
geleitet wird. — In der Stadt wieder angelangt, wurden wir abermals
trefflich bewirthet, und machten uns gegen 4 Uhr Nachmittags, geleitet von
unserm überaus freundlichen W irth , dessen Se’is oder Reitknecht ihm stets
voran lief, und seinem Dolmetscher, auf den Rückweg. Ich äusserte gegen
Hrn. Murad meine Verwunderung, dass er seinen Reitknecht stets, wenn er
ausritt, vor sich her laufen liess. E r versicherte mir, dass diess ganz gegen
seinen Willen sei, dass er es ihm aber gar nicht abgewöhnen könne. Dieser
Se’i's ist ein Egypter, und diese gelten überhaupt für die besten Reitknechte
in Syrien. In Jaffa findet sieh eine grosse Menge egyptischerFellah’s, welche
sieh, um der Conscription in ihrem Vaterlande zu entgehen, dahin geflüchtet
und dort niedergelassen haben. Sie werden gern aufgenommen, da sie fleis-
sigere Arbeiter als die Eingebomen sind. Als Beide sich von uns verabr
schiedeten, schauten wir uns noch einmal um. nach dem malerisch schönen
Joppe, dessen Hafen schon 1. B. Kön. 5 , 9. und in dem Propheten Jonas,
später aber zu den Zeiten der Kreuzzüge noch vielfach erwähnt wird. Es
war schon ganz finster, als wir in Ramie eintrafen. Wir kehrten diessmal
bei einem reichen Griechen, Namens Murkos, ein, welcher, da er ein Vice-
consulat an diesem Orte zu haben wünschte, auf unserer Hinreise Dr. Rosen
das Versprechen abgenöthigt hatte, bei der Rückkehr in seinem Hause sich
einzuquartieren. Der Mann schien bei allem Reichthum sehr geizig zu sein,
und die Bewirthung war sehr mittelmässig. Auch diessmal wurden wir die
ganze Nacht von Muskito’s sehr geplagt, und lange vor Sonnenaufgang
machten wir uns wieder auf den Weg. Wir wählten eine andere, und zwar
die gewöhnliche, etwas nähere Strasse, ritten zuerst das Thal entlang bei dem
halb verfallenen, halb bewohnten Dorfe Latrün vorbei, machten dann eine
kurze Zeit Halt bei einer wenig ergiebigen Quelle, und gelangten nach etwa
1 Stunde zu dem Gebirge, wo der holperige und steinige Weg begann. In
der Saron-Ebene war man schon mit der Ernte vollauf beschäftigt ,: und
hatte zum Theil schon das Getreide auf Eseln und Kameelen heimgebracht,
wo es auf einer geebneten, runden, offenen Fläche von Kühen zertreten
wurde. In dem Gebirge sah man wenig mehr als strauchartig gewachsene
Zwergeichen und Johannisbrodbäume; selten Agricultur, da, wie überall in
dasiger Gegend, durch Vernachlässigung des Bebauens der Humus abgespült
und abgeweht war, und der nackte Fels zum Vorschein kam. Nur hier und
da waren einige steinige Felder mit Gerste oder Weizen besät sichtbar, aber
noch nicht zur Ernte reif. Die Wege sind hier überall sehr unbequem und
schwer zu passiren; aber bei Abu Gosch, dem alten Kirjath jearim rp"lj5
war der Weg von der Art, dass man ohne Lebensgefahr nicht sitzen
bleiben konnte. Südöstlich von diesem an einem Bergabhange gelegenen
Dorfe erblickt man auf der Spitze eines Berges eine Ruine, welche aus den
Zeiten der Makkabäer stammen soll. — Von da kamen wir in das Tere-
binthen-Thal, wo aber jetzt keine Terebinthen mehr zu sehen sind, sondern
nur weiterhin Anpflanzungen von Oelbäumen. Diess ist das Thal, in welchem
David den Goliath erschlug. Am Ende desselben stehen noch die
Grundmauern eines alten Gebäudes mit geränderten grossen Quadersteinen
an den Seiten. Kurz nach Mittag langten wir Sonnabend, den 14ten Mai,
gesund und wohlbehalten, nur etwas zerschlagen in Jerusalem wieder an.
Die beiden Pfingstfeiertage ruhten wir in^Jerusalem aus, und commu-
nicirten am zweiten Feiertag'-in der Christuskirche. Dienstag, den 17ten
Mai, machte ich den letzten Ausflug von Jerusalem, und zwar nach- Hebron,
welches 8 ip9 Stunden in gerader südlicher Richtung von Jerusalem liegt.
Auch diese Tour machte ich in Begleitung von Dr. Rosen und Cand. Pischon.
Hebron wird von den Arabern el Chalil „der Freund“ sc. Gottes genannt. Mit
diesem Namen bezeichnen sie (nach dem Qor’än) eigentlich Abraham; und
denselben Namen geben sie dann auch dem Orte, wo er lebte und begraben
wurde. Früher hiess diese Stadt iTH ¡3 Qirjath arba „die Vierstadt“
oder „die Stadt des Arba,“ wie diess Wort Josua' 14, 15..21, 11. erklärt
wird. Andere erklären es durch „Stadt der Vier,“ weil die Stammväter
der Israeliten Abraham, Isaac und Jacob mit ihrer Stammmutter S a ra— nach
Einigen auch Adam (?f) — dort begraben liegen. Diese Gräber werden in
einer dortigen Moschee gezeigt, welche für alle Nichtmuhammedaner unzugänglich
ist. Man könnte aber endlich den Namen „Vierstadt“ auch davon
ableiten, dass sie die Vereinigung von 4 einzelnen, dicht an einander liegenden
Ortschaften war, wenigstens unterscheidet man bei ihrer jetzigen Ausdehnung
deutlich die 4 Abtheilungen der Stadt auf 4 Hügeln.
Auch diessmal konnten wir nicht so: früh auf brechen, als bestimmt war,
da mein Diener den Tag vorher unterlassen hatte, Pferde zu besorgen. Erst
gegen 7 Uhr kamen wir fort, und ritten die Strasse nach Bethlehem durch
das Thal Rephaim, bei Mar Elias vorbei. Da das Grab der Rachel diessmal
offen stand, so gingen wir hinein, fanden aber darin nichts als einen neu
übertünchten hohen Sarkophag. Bethlehem liessen wir links liegen, und
kamen nach 1 Stunde zu den salomonischen Teichen, 3 an der Zahl deren
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