
erstaunt, von Wagen reden zu hören, die ich in dem Orient, so weit ich
gekommen war, noch nicht gesehen hatte. Nur in Konstantinopel hatte ich
eine Art von Kutschen gesehen, wie sie im vorigen Jahrhundert hei uns im
Gebrauch gewesen sein mögen, und eine einzige dieser Art bei dem Auszug
des Civil-Pascha’s von Damascus nach Dsehidda. Hier war freilich nicht
von Karossen, sondern nur von Lastwagen die Kede,. welche den niederländischen
Karren nicht unähnlich sind, nur keine Decke haben, da es hier
ja nur im Winter regnet, aber zwei mächtig starke Käder, und von 2 Büffeln
gezogen werden. Da der Weg so leicht und ziemlich eben ist, so
können solche Wagen sehr bequem auf demselben fortkommem Hm nur
nicht noch länger aufgehalten zu werden, nahm ich diess an, und hatte
dabei freilich die Unannehmlichkeit, dass ich meine Betten und ändern
Sachen erst den nächsten Morgen erhalten konnte: Erst gegen 2 Uhr Nachmittag
kamen wir von Mersin fort; die Sonne brannte gewaltig, und es hatte
sieh kein Lüftchen erhoben. Ich ritt einen turkmanischen Hengst, welcher
leicht trabte, und sehr gut gewesen wäre, wenn er nicht gehinkt hätte. Der
Mucker war ein guter, ehrlicher Muhammedaner von dem Libanon, welcher
zur Freude meiner Diener daher auch arabisch sprach. Der Weg ging immer
in der Ebene fo rt, zuerst am Meere entlang, dann landeinwärts in nordöstlicher
Richtung. Zalreiche Reste von alten Mauern und Gebäuden sahen
wir dicht an der Strasse, und auf einem einsamen Hügel, etwa 1 Stunde
von Mersin, eine verfallene Festung, Budbeis genannt, weiterhin 2 andere
Festungsruinen links von der Strasse auf besondern Hügeln nahe dem Taurusgebirge,
welches die ganze Nordseite hegränzte, deren Namen ich aber
nicht erfahren konnte. Es ist ein wahres Unglück, dass man-hier zu Lande
selten den Namen der Ruinen oder Flüsse weiss; die erstem heissen stets
Qal’ah d. i. „Festung,“ die ändern Jrm äk d. i. „Fluss.“ , Wir sahen zuerst
Qara Duwär, dann Qasalije, 2 unbedeutende Dörfer nahe dem Meere, und
berührten nur Chumurlu, von Ändern Chamarlije genannt, ein muhamme-
danisches, früher christliches Dorf, da die verfallene Moschee noch ein eingegrabenes
Kreuz zeigt. Hier löschten wir an einem Ziehbrunnen, welche
allein in diesen Gegenden gefunden werden, unsern brennenden Durst, und
ritten alsbald weiter. Dieses Dorf liegt in der Mitte zwischen Mersin und
Tarsus. Rechts und links von der Strasse weideten viele Turkmanen, welche
hier friedlich nomadisiren, weiterhin aber als Räuber sehr verrufen sind,
ihre Kameel-, Büffel- und Ziegenheerden. Nach Sonnenuntergang erreichten
wir Tarsus, welches hinter Bäumen, unter denen viele Pappeln sind, versteckt
liegt. Zuerst kommt man durch ein altes, halb verfallenes Thor, von
welchem die jetzige Stadt, bekanntlich der Geburtsort des Apostels Paulus,
noch ziemlich weit entfernt ist. Die ganze S tad t, welche gegen 2000 Einwohner
zählen mag, besteht fast.nur aus Bazär’s und Kaufläden, da hier
den ganzen Winter hindurch ein bedeutender Handel getrieben wird. Es
kommen hier Kaufleute aus Taräbolns, Beirut und1 Jaffa zusammen, theils
mit europäischen Waaren, theils mit Waaren aus Aräbistan, und namentlich
mit Seife aus Nablüs. Die Stadt hat mehrere Chane; in dem neuen, dem
der Kaufleute, welcher am besten erhalten ist, stiegen wir ab. Diese Chane
sind hier zu Lande grösse, weitläufige Gebäude, theils in Viereck gebaut,
theils von unregelmässiger Form, welche einen grossen Hofraum zum- Abladen
der Waaren einschliessen, und haben das Ansehen unserer grossen
Bauerhöfe, nur dass sie platte Dächer, unten wie oben Gallerien, und keine
Fenster nach aussen hin haben. Die untern Gallerien dienen zum Unterbringen
der Pferde und ändern Thiere, und hinter denselben sind Gemäeher,
in denen die Waaren der Kaufleute aufgespeichert liegen; die: obern Gallerien
haben kleine, theils bedeckte, meist aber unbedeckte Estraden, auf
denen'man bis zur Regenzeit zu schlafen pflegt, da es in den dahinter
liegenden, meist dunkeln und dumpfigen Gemächern zu-heiss ist. Die
Estraden sind theils innerhalb, theils ausserhalb der Gallerien angebracht.
Uebrigens sind die Chane, wie sämmtliche Häuser in Cilicien, so weit ich
sie habe beobachten können, von dünnen, aber breiten und langen Ziegelsteinen
erbaut, zwischen jedem derselben ist eine eben so dicke Lage von
Kalk oder Lehm, und einzelne dünne Querbalken; die Mauern sind gemeiniglich
sehr dick — die Gallerien bestehen aus Balken mit darüber gelegten
Bretern und fest getretener Erde. In dem obern Gemächern haben die
Kaufleute ihre Comptoire, wenn man anders diese finstern, schmuzigen, von
Mäusen, Ratten und Schlangen bewohnten Löcher mit diesem Ehrentitel
belegen darf. Der oben erwähnte Kaufmann aus Jaffa, der mich in Mersin
in dem Comptoir von Barbur & Comp, gesehen hatte, nahm mich freundlich
auf, regalirte mich sogleifch mit Kaffee, Limonade und Nargfle, liess schnell
ein frugales Abendessen bereiten, mir die Füsse waschen, und ein Bett auf
der Estrade zurecht machen, während er selbst auf der Strohmatte in seinem
Gemach schlief; auch gab er mir ein reines Nachthemde. Alles dieses musste
ich nothgedrungen annehmen, so sehr ich mich auch sträubte. Auf dem