
Der Grund davon liegt in den Sitten und Gebräuchen der Muhammedaner,
wie in den äussern Verhältnissen. Der Mann, der Hausherr, sei er nun Beamter,
oder Kaufmann, oder Handwerker, geht den Tag über seinen Geschäften
nach, verrichtet dabei in seiner Bude, oder in der Moschee gewissenhaft
die vorgeschriebenen Gebete, und bringt den Abend gemüthlich in dem
Harem bei seiner Familie zu. Die Frauen der Aermem versorgen unterdessen
am Tage die Wirthschaft, die der Vornehmem und Wohlhabendem
aber gehen entweder aus, um ihre Freundinnen zu besuchen, oder auf die
Bazars, wo allerhand Waaren feilgeboten werden, um Einkäufe für ihren
Putz zu machen, oder sie empfangen Besuche von ihren Freundinnen und
verwandten Damen zu Hause. Nie gehen die Männer mit ihren Frauen aus,
nie kommen mehrere Familien, selbst wenn sie ganz nahe mit einander verwandt
sind, zusammen, und nie können sich die Männer mit ihren Frauen
anderswo, als in ihrem eigenen Hause, in ihrem Harem, treffen und belustigen.
Die Unterhaltung der Frauen besteht, wenn sie gebildet sind, in der
Leetüre arabischer oder auch persischer Dichter, und eigenen dichterischen
Versuchen, oder in Gesang zu einem Tambourin u. s. w. Andere beschäftigen
sich mit Goldstickereien, oder mit ihrem P u tz , um dem Manne, wenn
er nach Hause kommt, zu gefallen. Zuweilen verabreden sie sich auch mit
ihren Freundinnen, und gehen, gefolgt von ihren schwarzen Sklavinnen,
welche Teppiche und Argile’s (so nennt man in Damascus die Nargile oder
Wasserpfeife, welche fast von allen orientalischen Frauen geraucht wird)
nachtragen, auf eine Wiese, oder in einen Garten, wo sie sich hinlagem,
ranchen und plaudern, oder gemeinschaftliche Spiele spielen. Die Männer
unterhalten sich theils in öffentlichen Gärten, noch mehr aber in Kaffeehäusern,
indem sie bei einer Pfeife — ebenfalls meist der Argile, seltner dem
Tschubük, der langen Pfeife — und Kaffee plaudern, oder zu zwei und
zwei Dame, Puff, oder ähnliche Spiele spielen, oder endlich auch des Abends,
namentlich in dem Fastenmonat Bamadhan*), bei dem oben erwähnten Puppenspiel,
Kara Göz, wobei die unzüchtigsten Darstellungen und Witze den
meisten Beifall einemten, oder bei dem Vorlesen von Helden- und Liebesromanen.
In jeder Stadt giebt es Vorleser, welche damit sieh reichlichen
Unterhalt verdienen, und Einer der beliebtesten Bomane, namentlich in Da-
mascus, ist der von dem Sultan der Mamluken, Melik ed Dhaher Bibars,
*) Wenn ieh früher „Eama^än“ schrieb, so war diess nach türkischer Aussprache;
die Araber sprechen diesen Monat „Ramadhän“ ans.
wobei die Grausamkeiten der Ungläubigen, d. i. der Kreuzfahrer, welche
mit den grellsten Farben geschildert werden, und ihre endliche Vernichtung
oder gänzliche Vertreibung den Fanatismus der Muhammedaner noch mehr
entflammen. — Doch das eigentliche Element des Orientalen, in dem er
lebt, und gemüthlicher Buhe sich hingiebt, ist das Innere seines Hauses, das
Harem, daher er auch dieses sich möglichst prachtvoll einrichtet, zumal da
er sicher sein kann, dass selbst die habgierigsten und schonungslosesten Beamten
es nicht zu betreten wagen. Denn die Tyrannei der Machthaber
flösste den Unterthanen die Vorsicht ein, so viel als möglich ihren Beich-
thum oder Wohlstand zu verbergen; und diess ist auch der Grund, warum
die Häuser fast durchgängig von aussen so ärmlich erscheinen. — Auf dem
Lande leben die Frauenzimmer nicht so isolirt, wie in der Stadt; oft haben
sie nicht einmal ein besonderes Gemach, und selten sind sie verschleiert,
da ihnen fast die ganze Arbeit im Hause, und theilweise auch auf dem
Felde, obliegt. Bei den Beduinen, wenigstens bei deren Scheichs, haben
sie eine besondere, jedem Ändern als dem Manne und ihrer Dienerschaft
unzugängliche Abtheilung in dem Zelte.
Es herrseht im Orient die Sitte, dass, wenn Jemand nach längerer Abwesenheit
nach Hause kommt, seine Freunde und Bekannten, und Alle die,
welche in irgend einer Beziehung zu ihm stehen, oder seinen Umgang wünschen,
nicht erst w a rten , bis er ihnen einen Besuch macht, sondern ihm zuvorkommen,
ihn begrüssen, und ihren Glückwunsch zu der glücklich vollendeten
Beise ihm kund geben. So geschah es denn, dass Christen, namentlich
die höhere Geistlichkeit der verschiedenen Confessionen, und die europäischen
Consuln, vornehme und reiche Juden, einflussreiche Muhammedaner,
die hohem türkischen Beamten und die angesehensten Araber, so wie
auch vornehme Drusen mit einander wetteiferten, dem Preussischen Consul
ihre Freude über seine glückliche Bückkehr auszusprechen, und sich nach
seinem Befinden zu erkundigen, so dass das Consulat von früh bis zum späten
Abend in den ersten Tagen nach unserer Ankunft von Besuchern nicht
leer ward. Unter diesen war auch Hoffmann, ein ebenso tüchtiger Beiter
als Artillerist, welcher mit mehrjährigem Urlaub von Berlin aus der türkischen
Begierung überlassen worden war, um als Instracteur der dortigen
Artillerie mit dem Bange eines Obristlieutenants zu fungiren. E r hatte sich
kurz vorher mit der ungarischen Gouvernante des Grafen Guyon verheira-
thet. Wir Beide, Bose und ich, freuten uns sehr, in ihm einen liebenswür