
meisten Häuser, keine Fensteröffnung, sondern erhielt sein Licht nur durch
die gerade vor uns liegende Oeffnung der Thüre.
Bint edsch Dschebel hat ungefähr 600 — 650 männliche Bewohner,
sämmtlich Muhammedaner, und ein sogenanntes Sera!oder Schloss, d. h.
ein weiss übertünchtes Haus — alle übrigen sind blosse Lehmhütten — mit
einem obern Stock, in welchem Tamir Bey residirte. Unsere nächste Reise
sollte nun über Safed und Tabarija (Tiberias) gehen; aber der Mucker sagte
uns, dass-die Karavane wegen der Unsicherheit des Weges direct nach dem
Meeresufer, und über Akka (Ptolemais) nach Nazareth gehen wolle. Wir
protestirten stark dagegen, und entschlossen uns endlich, mit den zwei erwachsenen
Söhnen unsers Wirths, die des Weges kundig, und mit guten Waffen
versehen waren, allein diesen Weg einzuschlagen. Sie verlangten bis Safed
40 Piaster (etwa 2 Thlr. 15 Sgr.). Am folgenden Morgen theilte uns aber
der Mucker mit, dass der Führer der Karavane mit derselben über Safed
und Tabarija gehen wolle, wenn wir ihm dafür 20 Piaster als Bakschisch
(Geschenk) versprächen. Wir waren diess natürlich zufrieden, und Alle
schlossen sich uns an.
Dienstag, den lö ten März, brachen wir nun gegen Sonnenaufgang von
Bint edsch Dschebel auf, und wendeten uns südöstlich. Nach etwa zwei
Stunden sahen wir t/2 Stunde rechts von der Strasse eine um den Gipfel
eines Berges herum gebaute Ortschaft, Namens Järün, und */|Stunde
weiter fanden wir, nur 100 Schritt von der Strasse entfernt, ebenfalls auf
der rechten Seite einen sehr grossen und tiefen Sarkophag aus Granit, dessen
Deckel abgehoben war und angelehnt lag. Dieser hatte an allen 4 Ecken
eine Erhöhung. Nahe dabei lagen Stücke von Säulen, Karniese, und Alles
deutete auf die frühere Existenz eines grossen Gebäudes hin. Man sagte
uns, es habe früher eine Kirche oder ein Kloster an dieser Stelle gestanden.
In weiter F e rn e, wenigstens 1 Stunde von der Strasse, aber links von derselben
und zwar in gleicher Linie mit Jarun, bemerkten wir das DorfFara.
Nach abermals einer Stunde kamen wir bei einem Dorfe vorbei, aus welchem
uns ein junger, bewaffneter Mensch entgegen lief, den Zoll für die kaufmännischen
Waaren, die wir bei uns hatten, einzunehmen. Es entstand
ein gewaltiger Streit; man wollte sämmtliche Waaren für Consulatseigen-
thum ausgeben, und uns überreden, sie für die unsrigen zu erklären — denn
Europäer und Consuln zahlen keine Abgaben — wozu wir natürlich unsere
Einwilligung nicht geben konnten, und verstand sich zuletzt zu einem Abfindungsquantum.
Etwa s/4 Stunde weiter kamen wir an einem ändern Dorfe
vorüber, dessen Namen ich ebenfalls nicht erfahren konnte, und 5 — 6 Stunden
nach unserm Ausritt gelangten wir nach Safed. Die Karavane zog am Fusse
des Berges weiter; wir aber klimmten den steilen Berg hinan, um dessen
Gipfel es gebaut ist. Safed ist eine der bedeutendsten Städte von Palästina,
und soll an 3000 Häuser haben. Sie gewährt eine prachtvolle Aussicht über
die Gebirge von Galiläa und Judäa, über den See Tiberias und westlich bis
an das Mittelmeer. Für die Juden ist sie besonders heilig, weil sie glauben,
dass hier, oder eigentlich auf dem gegenüber liegenden Berge, der Prophet
E lia s, als Vorläufer des Messias dereinst erscheinen, und die Ankunft des
Messias, welche dann auf dem Oelberg erfolgen solle, verkündigen werde.
Daher ist sie fast ganz von Juden und nur von wenigen Muhammedanern
bewohnt; aber eine starke Garnison liegt hier. Das feste Kastell auf dem
Gipfel des Berges ist eine Ruine , deren Besichtigung uns von den Soldaten
verwehrt wurde. Die hier wohnenden Juden sind meist Eingewanderte
aus verschiedenen Ländern Europa’s, und ich war nicht wenig erstaunt, als
ich hier plötzlich meine Muttersprache wieder hörte, und deutsch angeredet
wurde. Sie sind aber, da sie von heiligem Eifer beseelt dahin gekommen
sind, auch sehr fanatisch, und ein mir befreundeter englischer Missionär,
Mr. Daniels, erzählte mir später in Jerusalem, dass er, auf einige Zeit hierher
gesandt, ihren Verfolgungen, von denen ihn auch die türkischen Behörden
nicht im Stande gewesen waren, wirksam zu schützen, habe weichen müssen.
Denn nicht bloss thätlichen Misshandlungen war er jederzeit ausgesetzt, so
oft er sich aus seiner Wohnung wagte; sondern die Rabbinen hatten ihn
auch mit dem Interdict belegt, ihn zum V tm Cherem gemacht, und Jedem
ihrer Glaubengenossen auf das Strengste verboten, ihm Lebensmittel zu verkaufen,
so dass er sehr bald genöthigt wurde, diesen Ort wieder zu verlassen.
Die Stadt ist sehr schmuzig, und eng gebaut. 1 , der Urheber
der Kabbala, soll in der Nähe derselben in einer Felsenhöhle gelebt haben.
Nach einem halbstündigen Aufenthalt ritten wir weiter. Bald kamen
wir an einen Bach, welcher von Südost nach Nordwest lief, und endlich kurz
vor Sonnenuntergang lagerte sich die Karavane, die wir bald wieder eingeholt
hatten, auf einem sumpfigen Terrain nahe dem Tiberiassee, wo wir
einige Störche sahen, und die Oleander, die wir vor Hasbaya und an den
Ufern des Jordan noch weit zurück fanden, schon in voller Blüthe standen.
Nahe dabei, auf trocknem Platze, war ein Zelt für einen Wachposten auf