
Qor’ane, geschrieben für die ersten vier Chalifen, und ausserdem einige
Kisten mit kufischen Fragmenten aus verschiedener Zeit, aber durchaus
nichts, was nicht arabisch sei. Es war somit alle meine Hoffnung auf bedeutende
litterarische Funde, die ich in dieser Moschee zu machen glaubte, vernichtet.
Uebrigens war die Möglichkeit des Vorhandenseins christlicher
Codices in derselben keinesweges so unwahrscheinlich. Denn, dass sie
ursprünglich eine christliche Kirche gewesen war, sieht man schon aus ihrem
hohen, schiefen Schieferdach, und wird auch hinreichend durch geschichtliche
Documente bestätigt. Als der Chalif Omar im J . 14 d. H. Damascus
in Besitz nahm, wurde die eine Hälfte dieser Kirche zur Moschee gemacht.
Die andere Hälfte verblieb den Christen, bis im J . 86 d. H. der Umaijaden-
Chaiif Welid I. sie den Christen abkaufte. Früher war sie die Kathedrale
von Damascus, und Johannes dem Täufer geweiht, dessen Haupt nach der
Sage der Muhammedaner in dem Grundstein liegen soll, und dessen Grabmal
im Innern der Kirche noch zu sehen ist. Kur Einmal wagte ich, aus
dem Laden eines christlichen Goldschmidts auf das Dach eines Bazar’s zu
steigen, welcher dicht an der Moschee liegt. Dort sah ich über einem der
vermauerten Portale eine Inschrift in griechischen Uncialbuchstaben, welche
bei genauerer Besichtigung die Bibelstelle Ps. 145, 13 enthielt. Ein hinzukommender
Türke verhinderte mich, da der Grieche dadurch sehr ängstlich
gemacht wurde, weitere Beobachtungen anzustellen. Nach genauer Untersuchung
hat Anton Bulad, ein melchitischer Priester und gebomer Damas-
cener, welcher viele Studien über die Geschichte seiner Vaterstadt gemacht
h at, wie er mir versicherte, gefunden, dass diese Kirche von Theodosius
dem Kleinen restaurirt worden ist. Ueber den ursprünglichen Erbauer derselben
wusste er nichts zu sagen. Im J . 1400 n. Chr. (803 d. H.) wurde
auch sie bei der Eroberung durch Timur in Brand gesteckt, litt jedoch wegen
ihres massiven Baues nur wenig. Nach Benjamin von Tudela soll eine
Mauer derselben ganz von Glas wie durch Zauberei aufgeführt worden sein.
Diess ist so zu verstehen, dass eine solche ganz mit kleinen Stücken farbigen
Glases musivisch bedeckt ist. Die Muhammedaner haben diese Arbeit, so
weit sie mit Leitern reichen konnten, mit K alk übertüncht. Nach demselben
Autor soll sie so viel Fenster enthalten, als das Sonnenjahr Tage hat, und
diese sollen in 12 Grade abgetheilt sein, so dass die Sonne in jeder Stunde
des Tages einen ändern Grad bescheine, und man auf diese Weise genau
wissen könne, welche Tagesstunde es sei. Diess ist nicht ganz richtig, sie
hat allerdings viele Fenster, aber nicht so viele, und diese nicht so abgetheilt,
wie Benjamin sagt.
Die Muhammedaner glauben, dass dereinst am Ende der Tage der Antichrist,
den sie sich als ein Ungeheuer vorstellen, erscheinen und alle Gläubigen
bis auf ein ganz geringes Häuflein in Jerusalem vernichten werde; dann aber,
wenn diese in der äussersten Verzweiflung sein werden, werde der Messias
von dem Himmel herabsteigen, sich zuerst auf dem östlichen Minaret der
Umaijaden - Moschee zeigen, darauf zur Erde kommen, den Antichrist
besiegen, und ein tausendjähriges Reich stiften.
Es ist bekannt, dass den Sunniten erlaubt ist, vier rechtmässige Frauen
zu heirathen; dem Sultan ist nach dem Vorgänge Muhammeds verstattet,
ausserdem noch so viele Kebsweiber zu halten, als ihm beliebt. Die Schiiten
sollen darin, wie in manchen ändern Stücken, viel weniger beschränkt sein,
und die Zahl ihrer Frauen bis auf 18 steigern können. Ferner dürfen die
Mannspersonen unter den Sunniten niehts an sich tragen, was blos von Gold
oder Seide ist, was die Schiiten ebenfalls nicht so streng halten sollen. Nie sieht
man bei ihnen ganz goldne Ringe, oder Ringe, derenEinfassung ganz von Gold
ist, sondern nur Siegelringe mit einem Steine, meist Karneol, und silberner
Einfassung. Seidene Taschentücher, Shawls , oder Hemden dürfen sie nicht
tragen; nur bei den Türken findet sich das Letztere zuweilen gegen das
Gesetz. Alle ihre Kleidungsstücke sollen aus Schafwolle, Baumwolle oder
Leinwand, oder aus diesen Stoffen mit Seide gemischt bestehen. Diess
Gesetz ist gegeben, um dem Luxus zu steuern; jedoch sind die Frauen und
Mädchen davon ausgenommen. Auch dürfen sie nicht gleiche Münze bei
.dem Wechseln einnehmen, oder überhaupt Gleiches mit Gleichem vertauschen,
nicht Silber für Silber nehmen, Gold für Gold, oder Brod für Brod
u. s. w., um den gegenseitigen Betrug zu verhüten. Die Beschneidung soll
bei den Sunniten je tz t gewöhnlich mit dem Eintritt der Pubertät stattfinden,
bei den Schiiten dagegen, so wie der Knabe Zähne bekommt. Oft geschieht
es aber bei den Sunniten auch erst später, aber stets vor ihrer Verheira-
thung, und alle Jahre findet, so viel mir bekannt ist, ein Beschneidungsfest
bei dem Militair statt, wobei alle noch Unbeschnittenen sich dieser Cere-
monie unterwerfen müssen. Wenigstens war ein solches Fest während
meiner Anwesenheit in Damascus. Das Vergeltungsrecht, ju s talionis, ist
ein uraltes Herkommen in dem Orient. Es kann jedoch nach dem muham-
medanischen Gesetze durch eine bestimmte Geldstrafe jede körperliche Ver