
Uebernachtung in dem neuen Chan,
ten Quadern, welche manchmal in Stufenform über einander geschichtet
sind. Diess ist ein ungefähres Bild von der Beschaffenheit des grössten
Theiles dieser Sultanije (¿uiliajLu) d. i. „Königsstrußse“ (!), wie man sie
keineswegs ironisch, sondern in vollem Ernste betitelt, weil es die nächste
und Hauptstrasse ist, welche nach Damascus führt. Dass ein solcher Bitt,
bald steil in die Höhe, bald eben so steil wieder hinab, nicht sehr genussreich
sein kann, lässt sich wohl denken, zumal, wenn man zum ersten
Mal solche Kunststrassen passirt. Oft geht der Weg an schroffen Abhängen
entlang, oft auch über.festes, glattes Gestein, so dass man fast jeden
Augenblick Gefahr läuft, mit dem Pferde zu stürzen. Dabei brannte die
Sonne in jener Jahreszeit so gewaltig, dass wir in unsere breitkrämpigen
grauen Hüte noch seidene Taschentücher steckten, einen weissen Shawlum
dieselben wickelten, und, um Gesicht und Nacken möglichst zu schützen,
noch ein Handtuch darunter legten. Trotzdem waren unsere Gesichter so
verbrannt, dass wir uns bald zu schälen anfingen (wie reife Birnen). Ueber-
haupt ist man in dem Orient wegen des Sonnenstichs so ängstlich, dass man
unbedeckten Hauptes nicht zwei Schritte in der Sonne zu gehen wagt, ohne
wenigstens die Hände über den Kopf zu halten. — In diesem Aufzuge ritten
wir ununterbrochen 5— 6 Stunden fort, und schlugen unser erstes Nachtlager
in dem sogenannten-„neuen Chan“ J o tA sÜ t ,1 ~ auf, einer Lehm-
hütte in rechtem Winkel gebaut, deren eine Seite zur Aufnahme der Reit-
und Lastthiere bestimmt, die andere menschlicher Bequemlichkeit gewidmet
war, wenn ein Kochheerd, erhöhte Lagerstätten und zwei Luken für Licht
und Luft den Anforderungen derselben genügen können. Frisches Wasser
wurde durch eine Röhre aus einem Brunnen zugeführt. Die Decke des Chans
war gleich der fast aller Häuser in dem Orient gebildet aus dicht neben
einander gelegten Balken, zwischen denen Reisig lag, und darüber eine
dicke Lehmschicht mit darauf gelegtem und fest gewalztem groben Sande.
Wir lagerten uns, bis unsere Mahlzeit, bestehend in Huhn, Eiern, Brod
und Äepfeln, fertig war, auf dem Dache, und labten uns an der schönen
Aussicht nach Beirut und der See hin. Rings umher war Alles öde, nur
rohe Steinmassen sahen wir, welche ein in das Graue spielendes Kolorit an-
nahmen, und theilweise in Form von Basalten sich dem Auge darstellten.
Selten noch zeigte sich ein verkümmertes Blümchen, während wir unten in
der Tiefe Palmen und Baumwollenstauden, weiter hinauf Maulbeerbäume,
da die Seidenzucht hier vor Allem im Flor ist, Feigen- und Olivenbäume in
Der Libanon. Die Beqäa. 49
den Gärten, und weissblühende Myrthe, Oleander und die kleinblätterige,
stachelige Zwergeiche, Ballüt, JbjjLj genannt, wild im Freien fanden. Eine
Wasserleitung auf dem kahlen Felsen trug viel zur Fruchtbarkeit des sonst
unfruchtbaren Bodens bei.
Nachdem wir unser frugales Mahl eingenommen, und den dazu gehö-
gen Schluck Kaffee (mit obligatem Tschübuk) getrunken hatten, liessen wir
unsere Betten auf der oben erwähnten Estrade zurecht machen, und legten
uns bald nieder; der Kawass, ein Kurde, legte sich ohne weitere Vorbereitung
zu unserm Schutz quer vor uns. Den folgenden Morgen brachen wir
kurz nach 6 Uhr wieder auf, und ritten auf ähnlichem Terrain, wie Tags
vorher, bergauf und bergab, bis wir gegen Mittag — der Tag war sehr schwül
an einen kleinen Ghan, Chan Murad kamen, wo wir uns
eine kurze Rast gönnten,um Dibs ,. eiue Art Traubensyrup, welche sehr
gut schmeckt, mit Brod, und Wassermelone' zu essen*). Bald setzten wir
uns wieder auf, und ritten noch in das Thal der Beqäa, welches den Libanon
von dem Antilibanon trennt. In diesem Thale finden sich noch mehrfach
Spuren von den Kreuzfahrern. Auf einem einzeln stehenden Hügel
nahe dem Eingänge sahen wir eine Burgruine, welche die Eingebornen zugleich
mit dem dabei liegenden Dorfe Kabljäs (für Käb Elias, wahrscheinlich
^ L J ( »den W ürfel des Elias“) nannten; nicht weit davon bemerkten
wir noch Spuren einer am Felsenabhange ausgehauenen Strasse, und
auf einer Hügelkette, welche sich in der Beqäa von Nord nach Süd hinzieht,
mehrere andere Ruinen. Dieses Thal ist d i e ' ( J o s . 11, 17) der
Bibel, das Cölesyrien, xodt] 2 vqicc der Griechen. Es hat von Nordwest,
nach Südost sich erstreckend ungefähr eine Länge von 24, und
eine Breite von 3— 4 Stunden; die Reinheit und Dünne der Luft mochte
Ursache sein, dass es uns höchstens */2 Stunde breit zu sein schien. Auf
) Es giebt verschiedene Arten von Dibs: aus Weintrauben, Rosinen, F eigen, und
Datteln. Die Weintrauben kocht man in Wasser, giesst daraut das Wasser weg, und
drückt die Trauben aus: Das Ausgedrückte wird dann so lange gekocht, bis es dick
wird; oder man tritt sie auch in einem Gefäss aus, welches unten einen Abfluss hat.
Dieser Abfluss wird zu dickem Dibs gekocht. Auf dieselbe Weise wird auch Dibs
aus Rosinen gemacht. — Aus Feigen bereitet män den Dibs so: man legt die reifen Feigen
m einen Korb, diesen stellt man in einen eisernen Kessel, worin kochendes Wasser
mit Lorbeerblättern ist. Das, was dann aus den Feigen herausfliesst, wird zuDibsgekocht,
die Feigen selbst aber werden herausgenommen, getrocknet, und so verkauft. Wahrscheinlich
ist diess der Grund, wesshalb die Feigen von Smyrna, wo man wohl die Bereitung
des Dibs nicht kennt, die besten sind. — Alle diese verschiedenen Arten von Dibs isst
man mit Brod, oder kocht sie auch mit Reis,- Dibs ist das hebr. tdan.
P e t e r m a n n , R e i s e im 'O r i e n t .