
bei den kleinen Trichocysten von Didinium wurde das vordere Kapselgranulum von einem
dunklen Kanal durchsetzt, stellte also einen Ring dar. Man muß unbedingt, wie ich schon
in meiner Arbeit über die Prorodow-Trichocysten auseinandersetzte, ganz allgemein die
Ringform als die wahre Gestalt des vorderen Kapselgranulum ansehen. Diese Bilder bringen
also eine Bestätigung meiner früher ausgesprochenen Ansicht. Die geringe Größe
scheint die Ursache dafür zu sein, daß uns nicht immer das vordere Kapselgranulum als
Ring erscheint.
Im Vergleich zur Kapsel zeigt der Trichocystenfaden eine größere Mannigfaltigkeit seines
Aussehens. Seine Länge ließ sich ähnlich, wie bei Prorodon fast ausnahmslos in eine
einfache Beziehung zur Länge der Kapsel bringen, und zwar entsprach der Faden entweder
der einfachen oder der doppelten Länge der Kapsel. Die Abweichungen von dieser Regel
betrugen im allgemeinen nur wenige Mikren. Eine besonders starke Abweichung fand
ich bei Coleps hirtus, bei denen nicht zu entscheiden ist, zu welcher von den beiden
Trichocystengruppen sie zu stellen sind1). In der übergroßen Mehrzahl der Fälle entspricht
der Trichocystenfaden der doppelten Kapsellänge. Trichocysten mit einfach kapsellangem
Faden fanden sich außer bei Loxophyllum meleagris noch bei den verschiedenen Lacry-
maria-Arten, Enchelys pellucida und Enchelyodon elegans.
In einigen Fällen (Holophrya spec., Enchelyodon elegans) degenerierte der Faden
wenige Sekunden, nachdem er ausgeschleudert wurde. Auch Gestalt und Aussehen des
Fadens sind recht großen Abweichungen unterworfen. Neben Fäden, die recht breit sind
(Dileptus anser, Lacrymaria pupula) und zwischen deren Wandungen ein deutlich sichtbarer
Gang liegt, kommen in anderen Fällen Fäden vor, die so dünn sind, daß man nur mit
Mühe erkennen kann, daß sie von getrennten Konturen begrenzt werden und schließlich
erscheinen sie häufig nur als ein einfacher, dünner, leuchtender Strich.
Gelegentlich ließen sich bei den breiten Trichocystenfäden, deren Wandungen anliegend
regelmäßig angeordnete Körnchen sichtbar machen, die, wie ich bei Dileptus anser
näher ausführte, möglicherweise zu einem Spiralfaden gehören, ähnlich wie er auf dem
Nesselfaden der Nesselkapseln der Coelenteraten nachgewiesen wurde. Außer bei Dileptus
sah ich solche Granula bei der auf Seite 12 beschriebenen Holophrya spec. und bei Lacrymaria
pupula. Wahrscheinlich ließen die von dem Spiralfaden herrührenden Granula sich
bei den meisten Trichocystenfäden wegen ihrer geringen Breite nicht erkennen.
Fast ausnahmslos war dagegen innerhalb des Trichocystenfadens ein Abschnitt von
etwa Kapsellänge oder in einigen Fällen auch von geringerer Ausdehnung nachzuweisen,
der sich durch sein stärkeres Aufleuchten von dem übrigen Teil des Fadens abhob. Überraschenderweise
erwies sich, daß dieser hell aufleuchtende Teil als homolog anzusehen ist
dem von mir als „Fadenendstück“ bezeichneten Teil der Prorodon-feres-Trichocyste. Bei
dieser liegt das etwa der Kapsel in seiner Länge entsprechende Fadenendstück außerhalb
des eigentlichen Trichocystenfadens in der Verlängerung desselben. Es wird hierdurch die
Gesamtlänge des ausgeschleuderten Fadens (Trichocystenfaden + Fadenendstück) auf den
dreifachen Wert der Kapsellänge erhöht. Als vom Trichocystenfaden zu trennendes und
*) Die Angabe von P é n a r d , daß beiLegendrea bellerophon die Länge des Trichocystenfadens nur der anderthalbfachen
Länge der Kapsel entspricht, halte ich nach meinen Erfahrungen für unwahrscheinlich, da bei der verwandten Aclinobolina
ein normaler Faden von doppelter Kapsellänge vorhanden ist. Da im Hellfeld der Faden normal explodierter Trichocysten
nur sehr schwer zu sehen ist, so wäre denkbar, daß P é n a r d pathologische Explosionsstadien Vorgelegen haben, die sich durch
das stärkere Lichtbrechungsvermögen ihres Fadens besser untersuchen lassen. Diese Angabe bedarf also einer Nachuntersuchung
im Dunkelfeld.
selbständiges Gebilde erwies sich das Fadenendstück in pathologischen Stadien (Abb. 4),
in denen es nicht an seinem normalen Platze, sondern in beliebiger Höhe des Trichocystenfadens
oder teilweise oder sogar noch ganz innerhalb der Kapsel angetroffen wurde. Bei
allen diesen Stadien war der eigentliche Trichocystenfaden vollkommen normal ausgebildet.
Aufgrund der pathologischen Bilder müssen wir annehmen, daß das Fadenendstück
in den ruhenden Trichocysten der Wandung der Kapsel anliegt und erst bei der Explosion
in den Trichocystenfaden Übertritt und in diesem vorwandert.
Vollkommen entsprechende pathologische Stadien konnte ich zunächst bei den Trichocysten
von Actinobolina radians finden, wie ich auf Seite 21 auseinandersetzte. Der Unterschied
beruht nur darin, daß hier ein Fadenendstück fehlt und die vorwandernde Substanz
im Anfangsteil des Fadens, also sofort, nachdem sie die Kapsel verlassen hat, liegen bleibt.
In Anlehnung an die Bezeichnung „Fadenendstück“ bezeichnete ich daher den hier im
Anfangsteil des Fadens gefundenen stärker auf leuchtenden Abschnitt als „ F a d e n b a s i s s
t ü c k “. Ein solches an die Kapsel anschließendes Fadenbasisstück wurde bei der Mehrzahl
der von mir untersuchten Trichocysten gefunden. Es dürfte sich wohl in allen Fällen um
eine identische Bildung handeln. Im allgemeinen entsprach das Fadenbasisstück in seiner
Länge der Kapsel. Aber auch in den Fällen, in denen es kürzer blieb, dürfte wohl dieselbe
Struktur vorliegen. Ich glaube mich zu dieser Auffassung berechtigt, weil ich bei Lionotus
lamella beobachten konnte, daß es bei den Trichocysten des gleichen Individuums manchmal
die volle Kapsellänge erreicht, in anderen Fällen dagegen kürzer ist. Da es sich hier
unzweifelhaft um die gleiche Bildung handelt, sieht man, daß die Substanz des Fadenbasisstückes
sich so verändern kann, daß sie— vielleicht durch Verquellung — teilweise unsichtbar
wird und ein verkürztes Basisstück vortäuscht.
Da bei den Trichocystenfäden von einfacher Kapsellänge eine dem Fadenbasisstück
entsprechende Substanz den Faden vollkommen erfüllen wird, kann man hier im allgemeinen
eine Differenzierung des Fadens in verschieden stark aufleuchtende Teile nicht erwarten,
wodurch der Nachweis eines solchen Bauelementes erschwert wird. Nur bei den Trichocysten
von Enchelyodon elegans, deren Faden nur einfache Kapsellänge besitzt, war dieser
im Anschluß an die Kapsel von einer stärker aufleuchtenden Substanz erfüllt und daher
diese, einem Fadenbasisstück ähnelnde Struktur nachzuweisen.
Bei Loxophyllum meleagris und den Lacrymaria-Arten läßt dagegen der ausgeschleuderte
Faden keine offensichtliche Unterteilung in verschieden stark aufleuchtende Abschnitte
erkennen und es erhebt sich daher die Frage, ob auch hier eine dem Fadenbasisstück entsprechende
Struktur vorhanden ist. Aus diesem Grunde w ar es von besonderer Bedeutung,
daß ich an pathologischen Explosionsstadien von Loxophyllum meleagris den Nachweis für
eine Struktur erbringen konnte, die sich vollkommen entsprechend verhält, wie das Fadenbasisstück
der ^cimoboZma-Trichocyste bzw. das Fadenendstück der Prorodon-teres-Tricho-
cyste. Hierdurch war der einwandfreie Beweis für das Vorhandensein einer homologen Bildung
bei diesen Trichocysten mit kurzem Faden gegeben. Ich schlug für sie die Bezeichnung
„ F a d e n s t ü c k “ vor, die gleichzeitig auch als allgemeiner Ausdruck für die drei
Ausbildungsformen dieser eigenartigen, bei den Nesselkapseltrichocysten offensichtlich
sehr allgemein verbreiteten Struktur dient.
Bei den Trichocysten der Lacrymaria-Arten konnte ich eine entsprechende Beweisführung
nicht geben; da aber bei ihnen der Faden der explodierten Trichocyste durch eine
verhältnismäßig starke Lichtabbeugung ausgezeichnet ist, von der nur ein ganz kurzer