Pufferart: Biphthalat-P'uff er
Nr.: IX. X. XI.
Theoretischer pH-Wert: 5,60 5,20 4,80
Abweichungen : + 0,03 $+0,08 + 0,09
Anzahl der Ansätze: 10 10 10
Aus dieser Übersicht geht mit Deutlichkeit hervor, daß die geringsten Abweichungen
der Gemische von den theoretischen pH-Werten bei pH = 5,8 liegen. Wie wir sahen (S. 73),
ist dies der mittlere pH-Wert des Magensaftes. Später werden wir erfahren, daß auch der
mittlere pH-Wert der Mitteldarmdrüsen in dem gleichen Bereiche liegt. Beide Enzymquellen
stellen das Hauptmaterial der Ansätze dar. Nach dem alkalischen sowie nach dem
sauren Ende zu weichen die pH-Werte der Verdauungsansätze immer weiter von den theoretisch
zu erwartenden Zahlen ab. Die Übersicht zeigt ferner, daß der Phosphatpuffer bei
8,04 (Nr. IV) nicht mehr gut puffert. Die Pufferungskapazität der GlycocolL und Boratpuffer
läßt ebenfalls zu wünschen übrig.
Als A n t i s e p t i k um für die Verdauungsansätze benutzte ich Toluol , welches in
mancher Beziehung anderen Desinfektionsmitteln gegenüber überlegen ist (vgl. S. 69). Mit
Toluolzusatz konnte ich eine Portion Magensaft dreiundzwanzig Tage lang bei Zimmertemperatur
stehen lassen, ohne einen Fäulnisgeruch wahrzunehmen. Sie verdaute nach
dieser Zeit ein Stück Catgut noch völlig normal.
KRÜGER und GRAETZ (1927) stellten eine 45%ige Herabminderung der Lipasewirkung
des Flußkrebsmagensaftes und eine Ausflockung seines Eiweißes bei wochenlanger Einwirkung
von Toluol fest. Meine Ansätze standen nur während einer 24stlindigen Verdauungszeit
im Thermostaten unter Toluolwirkung. Möglicherweise sind aber gewisse Ausfallerscheinungen,
von denen später noch zu reden sein wird, auf dieses Antiseptikum zurückzuführen
(vgl. S. 106).
aa ) Eiweiß und seine Spaltprodukte.
Die P r o t e o l y s e des Magensaftes wurde an Hand verschiedener Substrate, teils qualitativ,
teils quantitativ untersucht.
S u b s t r a t e d e r q u a l i t a t i v e n An s ä t z e waren: Fibrin, Kasein (Aolan), Muskeleiweiß
vom Rind, Catgut (Sahli-Saite), Pepton F und Glycylglycin.
S u b s t r a t e d e r q u a n t i t a t i v e n An s ä t z e waren: Muskeleiweiß, Catgut, Pepton
F und Glycylglycin.
Die Wa h l der Substrate erfolgte einerseits unter biologischen Gesichtspunkten (S. 66),
andererseits im Hinblick auf den stufenweisen Abbau vom nativen Eiweiß zum Dipeptid.
Im Säugetierdarm wird die stufenweise Aufspaltung hochwertigen Eiweißes bekanntlich
durch das Pepsin, Trypsin und Erepsin bewirkt. Daher hat man sich in älteren vergleichend
physiologischen Untersuchungen immer wieder bemüht, diese Fermente auch bei
den Wirbellosen nachzuweisen, wobei die Wirksamkeit im sauren, neutralen oder alkalischen
Milieu das Hauptkriterium bildete. Da man aber die genaue Messung der Azidität
als pH-Werte nicht kannte, war es nicht möglich, Milieuverschiebungen richtig abzustufen.
In den meisten Fällen sind die Enzyme der Wirbellosen im optimalen Wirkungsbereiche
des Pepsins (pH = 2), d. h. bei Anwesenheit einer „freien Säure“ wirkungslos. Infolgedessen
glaubte man, daß die proteolytischen Enzyme der Wirbellosen, welche genuines Eiweiß
angreifen, dem Trypsin der Säugetiere näher stünden als dem Pepsin; da sie aber
auch gewisse Abweichungen vom Trypsin zeigten, sprach man im Sinne phylogenetischer
Betrachtungsweisen vom „Urtrypsin“.
Die moderne Enzymchemie ha t inzwischen die drei genannten Enzyme des Säugetierdarmes
weiter durchforscht und das T rypsin und Erepsin in Komponenten zerlegt (S. 3).
Außerdem lernte man die Enzyme der Pflanzen und der tierischen Gewebe kennen, wodurch
man neue Vergleichsmöglichkeiten mit den Enzymen Wirbelloser bekam, um sie
genetisch abzuleiten [vgl. hierzu die Einleitung zur Arbeit Mansour-Becks (1932)].
Trotzdem werde ich mich bemühen, die Darstellung der Enzymwirksamkeit möglichst
u n a b h ä n g i g von g e n e t i s c h e n , v e r g l e i c h e n d - p h y s i o l o g i s c h e n o de r r e i n
c h em i s c h e n G e s i c h t s p u n k t e n zu geben. Ich werde versuchen, eine weitgehend
n e u t r a l e Umschreibung der Vorgänge zu liefern. Wie schon öfters betont, ist die Frage
nach der Art und Weise des Abbaues hochwertiger Eiweißkörper und anderer hochmolekularer
Substrate bis zu ihren einfachsten Bausteinen durch den Magensaft der Schnecke
Buccinum ein b i o l o g i s c h e s Problem und müßte auch begrifflich als solches behandelt
werden. Leider ist aber die Analyse der Vorgänge im Verdauungsfelde gerade in diesem
Punkte noch zu wenig weit fortgeschritten, um eine b i o l o g i s c h - t y p o l o g i s c h e Einordnung
und Begriffsbildung zu gestatten.
Nach den Untersuchungen von MansoüR-Beck (1932) darf man annehmen, daß
der Magensaft von Maja squinado ein Enzymgemisch darstellt. Für den Magensaft von
Buccinum undatum haben wir zunächst keinerlei Anhaltspunkte dafür, ob wir es mit
einem einzigen Enzym zu tun haben, welches fähig ist, natives Eiweiß bis zu den Aminosäuren
abzubauen, oder ob ein Enzymgemisch vorliegt. Daher leiten wir die Kennzeichnung
der Enzyme von den Namen der Substrate ab und sprechen ganz allgemein von E n z
y m k omp o n e n t e n .
Wie notwendig äußerste Zurückhaltung auf dem Gebiete ist, lehren zwei Arbeiten,
die mit den modernsten chemischen Methoden durchgeführt wurden und hinsichtlich der
Deutung ihrer Ergebnisse zu völlig entgegengesetzten Ansichten kommen. So schreibt
Schlottke (1935, S. 390), daß die Poteinase im Magensaft mit derjenigen in der Mitteldarmdrüse
von Limulus auf Grund ihres pH-Optimums und ihres Verhaltens gegen H2S
und Enterokinase identisch sein müsse. E r fäh rt dann fort: „Es handelt sich wohl um dasselbe
Ferment, das dem Trypsin der Wirbeltiere zum mindesten außerordentlich ähnlich
ist.“ — R osen (1934, S. 182) hingegen kommt zu folgender Feststellung: „Es hat sich somit
herausgestellt, daß die Proteinase der Mitteldarmdrüse von Helix pomatia L. die
charakteristischen Eigenschaften des Kathepsins besitzt. Es ist hierdurch experimentell
gezeigt worden, daß diese Proteinase Kathepsin ist. Keine andere Proteinase wurde in der
Drüse angetroffen.“ Ich muß es dem Leser überlassen, Spekulationen über die Genese der
Enzyme auf Grund dieser Ergebnisse anzustellen. F ü r mich bedeuten sie eine ernste Warnung,
die „exakten“ Methoden in ihrer Tragweite zu überschätzen.
Zur Erforschung der p r o t e i n s p a l t e n d e n K om p o n e n t e im Magensafte von Buccinum
dienten: Fibrin, Kasein (Aolan), Muskeleiweiß vom Rind und Catgut nach Sahli
(Hersteller: Fa. H ausmann, St. Gallen).
Pepton F (Hersteller: Fa. Witte, Rostock) wurde als Substrat gewählt, weil es als eine
niedermolekulare Zwischenstufe zwischen den hochmolekularen genuinen Eiweißkörpern
und den Dipeptiden angesehen werden kann. Die Natur der peptonspaltenden Enzyme ist
leider noch sehr wenig geklärt, weil die Konstitution, des Substrates noch nicht genügend
aufgehellt ist [vgl. Oppenheimer (1929, S. 154 und 196)]. F ü r den vorliegenden Fall er-
Zoologica, Hofl 92. . 1 1