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 später  versuchen,  den  Funktionsplan  des Beutefeldes  zu  zeichnen. 
 B.  Das Verhalten der Schnecke im bewegten Medium. 
 In  allen  bisher  beschriebenen  Versuchen  war sorgfältig darauf geachtet worden, daß  
 die  vom  Köder  ausgehende  C h emo s p h ä r e   nicht  durch  unregelmäßige  Wasserwirbel  
 oder  durch  gerichtete  Strömungen  zerrissen  wurde.  Wir  wollen  im  folgenden  g e r i c h t 
 e t e   B ewe g u n g e n   de s   Me d i u m s   p a s s i v e  S t r öm u n g e n  nennen,  um  sie  begrifflich  
 gegen  a k t i v e   S t r öm u n g e n   abzugrenzen,  welche  von  gewissen  Tieren  erzeugt  
 werden. 
 In  meiner  Untersuchung  am  Einsiedlerkrebs  konnte  ich  nach weisen,  daß  Pagurus  
 arrosor  und  mit  ihm  wahrscheinlich  alle  decapoden Crustaceen  in  sehr  planvoller Weise,  
 aus  allen Richtungen  des Raumes, Wassermassen  zur  chemischen  Untersuchung  auf  ihre  
 1. Antennen leiten. Diese durch Scaphognathite  und Maxillipedengeißeln  hervorgerufenen  
 a k t i v e n   S t r ömu n g e n   s i nd   e in  v o r t r e f f l i c h e s   M i t t e l   z u r   O r i e n t i e r u n g   
 im  s o n s t   u n b ewe g t e n  Me d i um  de s  B e u t e f e l d e s   [Brock  (1926 und  1931)]. 
 Auch  Buccinum  undatuw,  kann  a k t i v e   S t r öm u n g e n   erzeugen.  Ehe  wir  daher  
 die Bedeutung  der passiven Wasserbewegungen erörtern, ist es nötig, zu wissen, ob erstere  
 während der Orientierung im passiv ruhenden Medium  des  Beutefeldes  eine  Rolle  spielen  
 oder  nicht. 
 Die von Buccinum herangeholten Wassermassen  dienen  zunächst  der  Erneuerung  des  
 A t e m w a s s e r s .   Zu  diesem  Zwecke  werden  sie mittels W im p e r t ä t i g k e i t  durch  den 
 verlängerten  linken  Zipfel  des  Mantels,  den  S i-   
 pho,   in  die  Mantelhöhle  hineingestrudelt.  Hier  
 streichen  sie  über  O s p h r a d i um  u n d   Ct en i -   
 di um,   um  den  Hohlraum  in  der Nähe  des  Afters  
 wieder  zu  verlassen.  Abbildung  5,  welche  dem  
 Werke  v.  Buddenbrocks  (1928,  S.  335)  entnommen  
 ist,  zeigt  den  B a u p l a n   und  den  V e r l a u f   
 d e s   W a s s e r s t r o m e s   der  Mantelhöhle  im  
 Schema. 
 Unmittelbar  hinter  dem  proximalen  Ende  
 des  Siphos  liegt  das  Osphradium.  Es  ist  ein  
 überaus  empfindlicher  Chemorezeptor.  Wegen  seiner  
 Lage  neben  dem  Atmungsorgan  ha t  man  ihn  
 „ R e s p i r o r e z e p t o r “  genannt.  [Plate  (1924,  
 S.  264)].  Diese  Bezeichnung  ist  aber  nur  topographisch  
 gerechtfertigt,  denn  physiologisch  ist  die  
 Prüfung des Atemwassers  nur  eine  der Funktionen  
 Abb. 5:  Schema  der  Paiiiaihöhie  eines  Proso-  dieses Organs. Während  der Orientierung  im Beu-  
 tranchier.-  Der  ManW  ist  durchsichtig  m   den-  tefelde  fällt  ihm  eine  bedeutsame  Rolle  zu,  die 
 ken.  [Aus  von  B uddenbrook  (1928).]  .  ..  ,  ,  _   .,  _  ...  _  ’ wir  im  nächsten  Kapitel  naher  kennen  lernen  
 werden. 
 Das  C t e n i d i um  träg t  nur  eine  Reihe  von  Kiemenblättchen,  die  an  die  Lamellen  
 der  S c h l e imd r ü s e   grenzen.  Osphradium,  Ctenidium  und  Schleimdrüse  hängen  frei 
 vom Dache der Mantelhöhle herab, so daß sie allseitig vom Wasser umspült werden können.  
 Neben  der  Schleimdrüse  liegen  ferner  der  Enddarm mit  dem After,  der  Ovidukt mit  der  
 weiblichen  Geschlechtsöffnung  und  etwas  weiter  proximalwärts  die  Nierenöffnung.  Die  
 männliche  Geschlechtsöffnung  sitzt  auf  dem  muskulösen  Penis,  der  in  die  Mantelhöhle  
 eingeschlagen werden kann. So sehen wir  auf kleinstem Raume eine Reihe  lebenswichtiger  
 Organe  planvoll  nebeneinander  angeordnet.  Ebenso  planmäßig  greifen  ihre  Funktionen  
 ineinander.  Es  würde  zu  weit  führen,  dieselben  hier  eingehend  zu  schildern.  Uns  interessieren  
 sie  nur  soweit,  als  sie  bei  der  Orientierung  im  Beutefelde  eine  Rolle  spielen. 
 Der  eingestrudelte  Wasserstrom,  den  wir  im  folgenden  P a l l i a l s t r om   nennen  
 wollen,  wird  zunächst  vom  Osphradium  auf  seine  chemische  Zusammensetzung  geprüft.  
 Die Kieme  entzieht  ihm  den Sauerstoff  und  vertraut ihm die ausgeatmete Kohlensäure an,  
 die  er mit  den Ausscheidungsprodukten  des Körpers  unter Mithilfe  der Schleimdrüse,  die  
 uns  später  noch  beschäftigen  wird,  nach  außen  entfernt. 
 Dieser Pallialstrom ist infolge der  ununterbrochenen Arbeit der Wimpern, welche die  
 Innenfläche der Mantelhöhle auskleiden,  ein kontinuierlicher. Um seine T i e f e n w i r k u n g   
 beim  Eindringen  in  den  Sipho  zu  prüfen,  wurden  eine  Reihe  von  Versuchen  angestellt,  
 die  im  folgenden  geschildert  sein  mögen. 
 Eine Wellhornschnecke  wurde  in  ein  cuvettenartiges  Glas  von  37  cm  Länge,  22  cm  
 Höhe  und  6  cm  Breite  gesetzt,  sodaß  sie  ihr  Gehäuse  nicht  zur  Seite  drehen  konnte.  Als  
 sich  das  Tier  völlig  ruhig  verhielt,  seinen  Kopf  und  Fuß  und  vor  allem  seinen  Sipho  
 normal  ausgestreckt  hatte,  streute  ich  einige Körnchen Methylenblau  auf  die Oberfläche  
 des Wassers, welches keinerlei Bewegungen auf wies.  Die  Farbkörnchen  fielen  nach  einiger  
 Zeit  senkrecht  zu  Boden,  wobei  sie  je  einen  Farbschwaden  in  ihrer  Bahn  zurückließen,  
 der  noch  lange  Zeit  unverändert  sichtbar  blieb.  Einige  dieser  gefärbten  Wassersäulchen  
 allerdings,  die  nur  etwa  V2  cm  von  der  Siphonalöffnung entfernt waren, wurden zunächst  
 langsam,  dann immer schneller weggesogen und  glitten in das Mantelrohr hinein, aber nur,  
 um  sofort  wieder  kräftig  ausgestoßen  zu  werden.  Dabei  wurde  das  umgebende  Wasser  
 bis  in  etwa  3  cm  Tiefe  erschüttert.  Leider  konnte  ich  nicht  feststellen,  durch  welchen  
 Mechanismus diese heftige Exspiration durch den Sipho zustandekam. Wahrscheinlich  handelte  
 es sich dabei um Muskelkontraktionen  proximaler  Teile  des  Siphos  oder  des Mantels,  
 denn  der Wimperschlag allein kann unmöglich  eine  derartige Kra ft entfalten. 
 In  einem  anderen Falle  konnte  ich  die Tiefenwirkung  des  aktiven  Pallialstromes  an  
 einem  im  Versuchsbecken  seit  längerer  Zeit stillsitzendem Tier  beobachten. Die Siphonalöffnung  
 berührte  fast die Wasseroberfläche,  auf welcher eine Anzahl Staubkörnchen lägen.  
 Obgleich  die  Schnecke  schon  geraume  Zeit  in dieser Haltung verharrte, konnte  ich weder  
 eine Bewegung  noch  ein  Einsaugen  der  Staubteilchen  feststellen. 
 Aber  auch  Tiere,  die  im  unbewegten  Medium  des  Beutefeldes  sehr  erregt  herumsuchen, 
   können  die  Saugwirkung  ihres  Pallialstromes  offenbar  nicht  verstärken.  Dafür  
 spricht die Beobachtung,  daß  Schnecken,  die  ihren Sipho  bodenwärts ausstrecken  und mit  
 dessen  distalem  Ende  den  Grund  fast  berühren,  niemals Detritus  oder  andere  leichte,  am  
 Boden  abgelagerte Teilchen  aufsaugen. Diese Tatsache ist um  so  verständlicher,  als  durch  
 Hereinnahme  fester  Partikel  in  die  Mantelhöhle  sehr  bald  eine  Verschmutzung  dieses  
 Raumes eintreten müßte, die, wie wir noch sehen  werden,  auf  jeden  Fall  verhindert wird. 
 Schließlich  sei  noch  eine  Beobachtung  erwähnt,  die  allerdings  erst  in  den  folgenden  
 Kapiteln richtig beurteilt werden kann. Bisweilen  stellte  ich  fest,  daß  Schnecken während  
 der  Nahrungssuche  im  unbewegten Medium  mit  ihrem  pendelnden  Sipho  in  unmittelbare