
mit nicht gesagt sein, daß wir damit die e i n z i g e Möglichkeit einer Nahrungswahl umschrieben
hätten.
Offenbar ist der S c h l e i m für die Schnecken, die, wenn man ihnen ein Loch in das
Gehäuse bohrt, sich gegenseitig auf fr essen, eine Art Au t o d e r m i n , wie es VON U exküll
(1921) in der Haut von Seeigeln fand. Sie schützen damit ihre Pallialhöhle vor allen Eindringlingen
der gleichen Art. Andererseits wird der Spe i che l , d. h. das Sekret der Vor-
derdarmdrüsen, der Artgenossen nicht abweisend behandelt. Eingespeichelte Beutestücke
werden vielmehr ohne Zögern angenommen.
Wir sehen auch hier, daß jeder chemisch vital bedeutsame Reiz zum Merkmal für das
Tiersubjekt wird, indem er eine bestimmte Tönung erhält, welche das Verhalten steuert.
Auch das in den Beutekreis eingeklinkte Tier „wählt“ seine „Freßdinge“ sorgsam aus, und
schlingt sie nicht gierig hinunter, ohne sie vorher geprüft zu haben.
Ebenso deutlich macht sich die plötzliche Ausklinkung des Tiersubjektes aus dem
Beutekreis bemerkbar. Ein eben noch fressendes Tier kann plötzlich den Rüssel von der
Beute abwenden und davonkriechen. In solchen Fällen ist es meist unmöglich, die
Schnecken zur weiteren Annahme von Nahrung zu zwingen, selbst wenn sie vorher noch
scheinbar gierig fraßen.
Damit betrachten wir die An a l y s e des B e u t e f e l d e s als in großen Zügen durchgeführt.
Der Lücken einer derartigen Untersuchung bin ich mir vollkommen bewußt und
habe an verschiedenen Stellen auch darauf hingewiesen. Ich meine aber, daß es nach der
Festlegung des R a hme n s leichter ist, Einzelheiten einzugliedern, weil sie dann sofort
einen richtigen Ordnungsplatz erhalten und in Beziehung zum Ganzen gebracht werden
können. Die unverbundene Einzeltatsache ist eine unberechtigte Belastung unserer Kenntnisse,
ihre Einfügung in ein größeres Ganzes allein fördert unser Wissen.
III. Analyse des Verdauungsfeldes.
1. Verlauf des Darmkanals und seiner Anhangsdrüsen.
Die Analyse des Verdauungsfeldes umfaßt die Vorgänge, die sich vom Eintreten des
Nahrungsballens in die Mundhöhle bis zum Austreten der unverdaulichen Reste aus dem
After, im Darmkanal und seinen Anhangsdrüsen abspielen. Im wesentlichen soll unsere
Aufmerksamkeit der p l a nm ä ß i g e n Z u o r d n u n g von Nahrungsballen und Verdauungskanal,
die wie Schlüssel und Schloß zueinanderpassen, gewidmet sein. Dabei bin ich mir bewußt,
daß die Umgrenzung des Begriffes: Verdauungsfeld mehr oder weniger willkürlich
bleiben muß, da auch hier alles für jedes und jedes für alles steht. So findet bei unseren Versuchstieren
die Aufspeicherung von Reservestoffen beispielsweise in den gleichen Drüsen
statt, welche die Fermente bilden, so daß also unser Trennungsstrich mitten durch die Leistungen
einer Drüse geht.
Ferner bin ich mir durchaus klar darüber, daß die Unmöglichkeit, mit den empfindlichen
Versuchstieren S t u f e n u n t e r s u c h u n g e n und E n z y m k r a f t s t u d i e n im
Sinne HlRSCHS (s. Kap. 1 ,1) anzustellen, manche Lücke offenläßt. Wenn man aber die vielen
Arbeiten überblickt, die bereits über Helix pomatia geschrieben worden sind, so wird
man zugeben müssen, daß wir selbst von diesem hestuntersuchten Gasteropoden noch keinen
vollständigen Plan des Verdauungsfeldes besitzen, denn es stellen sich immer wieder
neue Schwierigkeiten ein [Literatur hierüber vgl. ROSEN (1923)]. Letzten Endes kann es
nicht die Au fga be einer Untersuchung sein, a l l e Daten zur Lösung eines Problems herbeizubringen,
oftmals ist es ebenso wichtig, einen ausbaufähigen Ansatz zu gehen und
die Lücken zu zeigen, in welche spätere Untersuchungen eingebaut werden können, ohne
das Werk von vorn beginnen zu müssen.
Im folgenden soll zunächst der B a u p l a n morphologisch und histologisch dargestellt
werden. E r gibt die Grundlage für die L e i s t u n g e n des V e r d a u u n g s f e l d e s von
B u c c i n u m ab, die in einem F u n k t i o n s p l a n e auf Grund physiologischer und physiologisch
chemischer Ergebnisse begrifflich zusammengefaßt werden sollen.
J e intensiver sich die Wissenschaft mit den Leistungen der niederen Organismen befaßt,
desto unangenehmer macht sich häufig die unzureichende B e g r i f f s b i l d u n g älterer
Autoren geltend, die nicht selten ein Organ nach einer zufällig entdeckten Leistung
oder nach seiner Bedeutung im Säugetierorganismus bezeichneten. Daher haben wir beispielsweise
im Vorangehenden Bezeichnungen wie Atemrohr oder Respirorezeptor nach
Möglichkeit vermieden. Auch bei der Beschreibung des Darmkanals und seiner Anhangsdrüsen
sollen die Begriffe so gewählt werden, daß sie weder zu wenig umfassen, noch zu
viel vorwegnehmen. Im folgenden sollen daher die Organe so weit als möglich topographisch
bezeichnet werden.