
einzelnen recht verschieden aussehenden Formen fasse ich unter dem Begriff „ S p i n d e l -
t r i c h o c y s t e n “ zusammen (Abb. 40 und 46— 59).
Als vierte Gruppe wären die oben schon erwähnten P r o t r i c h o c y s t e n zu nennen,
die ohne Präparation im Dunkelfeld, wie auch im Hellfeld unsichtbar sind. Es sind dies
sehr verschiedenartige Trichocysten, die teilweise in naher Beziehung zu den Spindeltricho-
cysten stehen.
Hiermit wären die bei den Holotrichen-Ciliaten vorkommenden Trichocystenformen,
soweit sie meine Untersuchungen gezeigt haben, erschöpft. Anzuschließen sind als fünfte
Gruppe die Metopus-Trichocysten (Abb. 60), also die eines heterotrichen Ciliaten, und als
sechste Gruppe die Strombidium-Triehocysten, als die eines oligotrichen Ciliaten (Abb. 61
bis 64).
Die nesselkapselähnlichen Trichocysten.
Im Gegensatz zu den sehr verschiedenen Trichocystentypen, auf die ich im allgemeinen
bei meinen Untersuchungen an den verschiedenen Ciliatengruppen traf, fand ich bei den
beiden Tribus Prostomata und Pleurostomata der Unterordnung: Ciliata gymnostomata
(nach der Einteilung von K ahl) nur zwei verschiedene Trichocystentypen, nämlich
einerseits Protrichocysten, auf deren Charakterisierung ich weiter unten genauer eingehen
werde, und andererseits auf die von mir als nesselkapselähnliche Trichocysten bezeichneten
Gebilde. Letztere besitzen trotz ihrer Verschiedenheit in Einzelheiten des Baues ein gemeinsames
Merkmal: in allen Fällen läßt sich bei den ausgeschleuderten Stadien ein Abschnitt,
den ich als Kapsel bezeichnete und der sich fast ausnahmslos durch das bläuliche Aufleuchten
seiner Seitenwandungen zu erkennen gab, abgrenzen, der in Größe und Gestalt den
ruhenden Trichocysten entspricht. Die Explosion erfolgt stets, wie vor allem auch unvollständige
Explosionsstadien zeigten, durch die Ausschleuderung eines Trichocystenfadens
aus der Kapsel. Durch dieses Merkmal und auch andere Eigentümlichkeiten zeigen diese
Trichocysten ihre Verwandtschaft zu den von mir ausführlich besprochenen Trichocysten
von Prorodon (1934). Im einzelnen zeigen sich dagegen allerlei Abweichungen. Eine schematische
Übersicht über die wichtigsten Formen der Nesselkapseltrichocysten gibt Abb. 65.
Allgemeine Übersicht über den Bau der nesselkapselähnlichen Trichocysten.
Bei einer Übersicht über die Ruhestadien der zunächst zu besprechenden Trichocysten
zeigt sich, daß die bei Prorodon gefundenen einfachen Ruhestadien, die gerade Stäbchen
ohne besondere Differenzierungen außer den Kapselgranulis waren, nur in wenigen anderen
Fällen wiedergefunden wurden, so z. B. bei Loxophyllum meleagris, Actinobolina
radians und dann bei den verschiedenen anderen hier beschriebenen Prorodon-Arten. Sonst
zeigte sich fast immer bei den ruhenden Stadien eine Differenzierung des Vorderendes. Diese
bestand in vielen Fällen in einer Verschmälerung des Vorderendes, wie z. B. bei Didinium
nasutum. Noch häufiger fand sich die Ausbildung eines mehr oder minder scharf abgesetzten
Fortsatzes am Vorderende der ruhenden Trichocyste, wie z. B. bei Dileptus anser oder
Lionotus lamella.
Die Trichocysten mit zugespitztem Vorderende oder Fortsatz wiesen regelmäßig in
ihrem Innern einen optisch leeren Gang auf, während die Trichocysten von Prorodon teres
und Loxophyllum meleagris in ihrer ganzen Breite gleichmäßig aufleuchten. Dieser Unterschied
scheint aber nicht auf einer grundsätzlichen Verschiedenheit zu beruhen. Mikrophotogramme
von den für das Auge in ihrer ganzen Breite aufleuchtenden Trichocysten
zeigten auch hier einen dunklen Gang. Es dürfte also die Sichtbarkeit bzw. die Unsichtbarkeit
des Ganges von unbekannten besonderen Bedingungen abhängen ).
Der bei Prorodon margaritifer in den ruhenden Trichocysten sichtbare, geschlängelte
Faden konnte in so klarer Weise an normalen Ruhestadien nur selten wieder beobachtet
werden. Außer verschiedenen anderen Prorodon-Arten, deren ausgeschleuderte Stadien
einen Endfaden vermissen ließen, kommt hier noch Lacrymaria elegans in Frage. Ebenso
wie bei Prorodon teres wurde ein geschlängelter Faden in sehr vielen Fällen an den Ruhestadien
sichtbar, die durch die Isolierung beschädigt worden waren.
Was die Länge der ruhenden Trichocysten anbetrifft, so schwankt diese in weiten
Grenzen. Die kleinsten Ruhestadien beobachtete ich bei Coleps hirtus mit 3 (¿, die längsten
bei Pseudoprorodon emmae mit 140 y.. Die Größe der Trichocysten in den einzelnen
Tieren verhält sich verschieden. Bei einer Reihe von Formen waren alle Trichocysten annähernd
gleicher Größe. Als Beispiel nenne ich die verschiedenen Laerymaria-Arten, Actinobolina
radians, Dileptus anser usw. Bei anderen Ciliaten schwankte die Größe der Trichocysten
in weiten Grenzen, so z. B. bei Didinium nasutum, manchen Prorodon-Arten, Enche-
lyodon elegans. Häufig z. B. bei einzelnen Prorodon-Arten ließen sich zwei verschieden
große Trichocystensorten unterscheiden, die besonders zahlreich vertreten waren. So sehr
veränderlich die Länge der ruhenden Nesselkapseltrichocysten ist, so gleichmäßig ist ihre
Breite. Diese schwankte nur in engen Grenzen, nämlich zwischen etwa 0,5 und 1 Eine
Ausnahme unter den von mir untersuchten Formen bildeten nur die Trichocysten von
Hemiophrys pleurosigma und Hemiophrys aselli, die an ihrer breitesten Stelle bis zu 1,5
breit waren. In bezug auf ihre Länge waren diese Trichocysten dagegen nur als mittelgroß
zu bezeichnen.
Bei den ausgeschleuderten Trichocysten entspricht, wie ich schon verschiedentlich
erwähnte, die Kapsel den ruhenden Stadien. Allerdings betrifft die Übereinstimmung nur
Länge, Breite und eine evtl. vorhandene Krümmung. Dagegen wurden an den Kapseln nie
die besonderen Ausbildungen des Vorderendes der ruhenden Trichocyste wiedergefunden,
wie deren Zuspitzung oder Fortsätze. Bis auf die bauchig aufgetriebenen Kapseln bei Hemiophrys
pleurosigma und H. aselli waren die Kapseln stets rein stäbchenförmig. Das charakteristische,
bläuliche Aufleuchten der Wandungen, das ich für die Prorodow-Trichocysten
beschrieb, konnte mit Ausnahme der beiden eben genannten Formen mit besonders breiter
Kapsel ganz regelmäßig gefunden werden und diente in einigen schwierigen Fällen zur Bestimmung
dieses Teiles. Bei einigen Arten mit gebogenen Kapseln erschienen im Dunkelfeld
die Seitenmembranen der Kapseln verschieden dick, und zwar war die Membran der Außenseite
dicker als die der Innenseite (Lionotus lamella und Loxophyllum helus).
Das Hinterende der Kapsel war stets bis auf die eben schon genannten — offensichtlich
sich abweichend verhaltenden — Hemiophrys-Arten durch ein Kapselgranulum ausgezeichnet,
das durch sein helles Aufleuchten auffiel. Die vordere Grenze der Kapsel gegen
den Faden machte das vordere Kapselgranulum deutlicher. In vereinzelten Fällen, so z. B.
i) Das Vorhandensein bzw. das Fehlen eines dunklen Innenganges erinnert an die entsprechenden Verhältnisse bei
den Spirochäten, wie sie vor kurzem B e r t a S c h a r r e r beschrieb (Arch. !. Protistenkunde Bd. 85, 1935). Im vorliegenden Falle
glaube ich aber nicht den Unterschied auf Breitenunterschiede zuriiekführen zu können; es scheinen andere optische Bedingungen
vorzuliegen, die die Verschiedenheit verursachen.