Einleitung.
Meine Untersuchungen an den Trichocysten einiger Ciliaten m it Hilfe des Dunk elf eld-
mikroskopes haben gezeigt, daß es im Augenblick nur auf diesem Wege möglich ist, Genaueres
über den Bau dieser interessanten Organellen zu erfahren. Bei meinen Bemühungen,
eine größere Zahl Ciliaten auf ihre Trichocysten zu untersuchen, zeigte sich mir eine vollkommen
unerwartete Formenmannigfaltigkeit.
Als Aufgabe der vorliegenden Arbeit kann ich es nur betrachten, einen ersten Überblick
über diesen Formenreichtum zu geben und in großen Zügen die Trichocysten der wichtigsten
in Frage kommenden Familien und Gattungen zu beschreiben. Die Notwendigkeit
zu einer solchen ersten Übersicht ist dadurch gegeben, daß unsere bisherigen Anschauungen
über die Trichocysten nicht nur im höchsten Maße lückenhaft, sondern auch teilweise g rundsätzlich
falsch sind.
Es besteht zwar eine ganze Reihe von Theorien über den Feinbau der Trichocysten. Die
Mehrzahl von ihnen enthält auch einen richtigen Kern, der in dem einen oder anderen Fall
zutrifft. Zumeist aber stimmen die aufgestellten Theorien nur für den Fall, auf den sie zugeschnitten
sind, sicher aber besitzen die Theorien nicht die Allgemeingültigkeit, die ihnen
zugeschrieben wird. Die Unzulänglichkeit unserer heutigen Ansichten über den Feinbau der
Trichocysten beruht darauf, daß die in Frage kommenden Strukturen submikroskopischer
Natur sind und nur durch das gesteigerte Auflösungsvermögen des Dunkelfeldmikroskopes
mit Sicherheit nachgewiesen werden können. Sie mußten, solange lediglich das Hellfeldmikroskop
benutzt wurde, wegen ihrer Kleinheit unerkannt bleiben.
Die Unmöglichkeit, mit den bisher verwandten Mitteln mit Sicherheit Strukturen an
den Trichocysten nachzuweisen, hatte schließlich zu einer gewissen Resignation geführt, so
daß in dem Augenblick, als ich mit meinen Arbeiten begann, die Ansicht von Bresslau
(1921), daß den Trichocysten keinerlei mikroskopisch nachweisbare Strukturen zukommen
und diese sich lediglich durch einen höheren oder geringeren Grad von Quellungsanisotropie
unterscheiden, allgemein anerkannt war.
Alle diese Tatsachen beweisen, wie ungeeignet die Hellfelduntersuchung war, auch nur
andeutungsweise etwas von der Formenmannigfaltigkeit der Trichocysten der Ciliaten zu
zeigen, wie sie uns heute durch die Anwendung des Dunkelfeldkondensors zugänglich gemacht
worden ist. Gleichzeitig ersieht man aber auch, als wie unsicher alle älteren Tricho-
cystenuntersuchungen zu werten sind. Daher glaube ich auch, von einem Rückblick auf die
älteren Arbeiten Abstand nehmen zu können, die zudem in früheren Arbeiten von Tönniges
(1913) und von mir (1930, 1931 und 1934) zusammengestellt sind. Im speziellen Teil werde
ich bei den einzelnen Formen darauf eingehen, soweit die älteren Angaben von Belang sind.
Im allgemeinen sind Angaben über die Trichocysten nur sehr verstreut in der Literatu
r zu finden. In neuerer Zeit hat PÉNARD (1922) die Trichocysten zahlreicher Ciliaten
untersucht und beschrieben. Desgleichen enthält die A rbeit von W. Schneider (1930) wich-
Zoologica, Heft 91. I