
II. Homoptera.
Bei den Homopteren begegnen wir einer noch größeren Mannigfaltigkeit bezüglich
der Glanglienkonzentration als bei den Heteropteren. Wenn es bei den letzteren möglich ist,
mit Brandt vier Typen zu unterscheiden, so müssen wir, um die ganze Mannigfaltigkeit
zu erfassen, mindestens fünf verschiedene Typen aufstellen.
1. Cicadariae.
Von der Familie der Fulgoridae konnte ich leider nur Liburnia und Cixius untersuchen,
während mir von Fulgora selbst kein Material zur Verfügung stand. Zwar wurde
das Nervensystem von Fulgora durch die Arbeit von BuGNION bekannt, doch weist diese
Untersuchung einige sehr empfindliche Lücken auf. Erstens konnte BüGNION das Trito-
cerebrum nicht linden und zum ändern läßt er die Frage offen, in welcher Beziehung Ocel-
larnerv und Antennennerv zueinander stehen. Äußerlich betrachtet entspringen sie nach
BüGNION gemeinsam dem Cerebralganglion, ein Fall, der sonst im ganzen Insektenreich
nicht wieder zu finden ist. Endlich sind seine Angaben über die sog. Visceralganglien so ungenau,
daß über deren Natur daraus nichts gefolgert Verden kann.
Durch Vergleich mit ändern Fulgoriden und mit den Zikadèn läßt sich allerdings der
Nachweis erbringen, daß die von BüGNION als „éminences coniques“ bezeichneten Hirnteile
dem Tritocerebrum entsprechen müssen. Dies ist auch dadurch bewiesen, daß nach
seiner Angabe das Ganglion frontale jederseits einen Ast von diesen „éminences“ erhält.
Uber die Beziehung von Ocellen- und Antennennerv läßt sich von vornherein soviel sagen,
daß sie, auch wenn sie äußerlich betrachtet eine gemeinsame Wurzel haben, doch einen verschiedenen
Ursprung im Proto- bzw. Deuteroeerebrum haben müssen, wie das bei allen
übrigen Insekten festzustellen ist. Auf die Frage nach der Natur der sogenannten Visceralganglien
soll erst weiter unten eingegangen werden. Die als „nerf optique“ bezeichnete
Verbindung des Lobus opticus mit den Protocerebralloben sollte besser als Tractus optico-
cerebralis bezeichnet werden, zumal durch die Bezeichnung Nervus opticus zu viele verschiedenartige
Dinge bezeichnet werden.
Die beiden von mir untersuchten Fulgoriden (Abb. 10, Liburnia) zeigen denselben
Grad der Ganglienkonzentration wie Fulgora maculatm 'Da.s Untersehlundganglion steht
durch sehr kurze Kommissuren m it dem Obersehlundganglion in Verbindung. Die drei Thorakalganglien
und die Abdominalganglien sind zu einer Einheit verschmolzen. Der Lobus
opticus tritt mit breiter Basis mit den Protocerebralloben in Verbindung, der Tractus
Abb. 13. Tettigonia v irid is. Abdgl. Abdominalganglien, Ant. Antenne, Dt.
Deuteroeerebrum, FA . Fazettenauge, Gl.fr. Ganglion frontale, L.opt. Lobus
opticus, N.r. Nervus recu rren s , N.ant. Antennennerv, Oc. Ocellus,
T r . Tritocerebrum, Usgl. Unterschlundganglion. Vergr. Leitz Obi. 3,
ö c . 5 X B. Auf V» verkl.
Abb. 12. Ph ilaemis saliceti. Abdgl. Abdominalganglien, FA . Fazettenauge,
L.opt. Lobus opticus, N.ant. Antennennerv, N.oc. Ocellennerv, Osgl. Ober-
schlundganglion. T r . Tritocerebrum, Usgl. Unterschlundganglion, I .-I I I.
Thgl. I .- I I I . Thorakalganglion. Verg r. Leitz Obj. 3, Oc. 5 X B.
Auf V» verkl.
optico-cerebralis ist im Unterschied zu Fulgora nur schwach angedeutet. Die Ocellen- und
Antennennerven entspringen getrennt. Die Zahl der Ocellen ist wie bei Fulgora zwei.
Aus der Familie der Cicadidae greifen wir Dundubia, eine sumatranische Form, heraus
(Abb. 11). Alle übrigen untersuchten Singzikaden gleichen dieser A rt im Bau des Nervensystems
sehr. Das Bauchmark zeigt im Vergleich zu den Fulgoriden insofern einen
geringeren Grad der Konzentration, als das I. Thorakalganglion (I. Thgl.) nicht die enge
Verbindung mit den übrigen Thorakalganglien eingeht wie bei den Fulgoriden. Von einer
eigentlichen Kommissur zwischen diesen Ganglien kann indes nicht geredet werden. Die
Verbindung zwischen Unter- und Oberschlundganglien ist wie bei den Fulgoriden sehr eng,
so daß eine deutliche Abgrenzung des Tritocerebrums nicht möglich ist, obwohl seine ungefähre
Lage durch die beiden konischen Vorsprünge, welche in die Frontolabralnerven