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 stellt  er  überall  vier  Ganglien  fest,  welche  zu  einem Knoten verschmolzen sind, und  zwar drei Thorakalganglien und  
 ein  Abdominalganglion,  welches  sämtlichen  Abdominalganglien  anderer  Insekten  entspricht. 
 Die  erste  Untersuchung,  welche  außer  der Anatomie  auch  die  Histologie  kurz  berücksichtigt, stammt  von  B u g n io n   
 (1908).  Als  Untersuchungsobjekt  diente  ihm  Fulgora  maculata.  Das  Hauptgewicht  legte  B u g n io n   allerdings  auf  die  ana-  
 tomisch-präparatorische  Seite,  zumal  das  in  Alkohol  fixierte  Material  für  histologische  Zwecke  nicht  sehr  geeignet war.  Er  
 stellte  einen  außerordentlich  hohen  Grad  der  Ganglienkonzentration  fest:  die  Thorakalganglien  sind  mit*  sämtlichen  
 Abdominalganglien  zu  einer  Einheit  verschmolzen  und  weiterhin  sind Ober-  und  Unterschlundganglion  in  enge Beziehung  
 getreten.  Auffallend  ist  der  gemeinsame  Ursprung  von  Antennen-  und  Ocellennerven.  Das  Tritocerebrum  konnte  B u g n io n   
 nicht  finden;  es  soll,  da  die  Oberlippe  reduziert  ist,  atrophiert  sein. Wir werden sehen, daß sich B u g n io n   in  dieser Hinsicht  
 geirrt haben muß  und  daß  jener Hirnteil,  den  er  als  „éminences  coniques“  bezeichnet,  zweifellos  das  Tritocerebrum  darstellt. 
   Auch  seine  Angaben  über  das  sympathische  Nervensystem  geben  Anlaß  zu  berechtigten  Zweifeln. 
 Als  neuere  Untersuchung  über  das  Nervensystem  der  Rhynchoten  muß  schließlich  noch  die  sorgfältige  Bearbeitung  
 der  äußeren  Morphologie  des  Gehirns  der  Bettwanze  durch  T it s c h a c k   (1928)  erwähnt werden.  Die Histologie bleibt  dabei  
 allerdings  vollkommen  unberücksichtigt.  Kurz  nur  wird  der  histologische  Aufbau  des  Nervensystems  auch  in  H a m e l t o n ’s  
 „Morphology  of  the Water-Skorpion“  (1931)  erwähnt. 
 Damit  sind  wir  am  Ende  unserer  historischen  Übersicht,  soweit  das  die  Anatomie  und Histologie  des Nervensystems  
 der  Rhynchoten  betrifft.  Es  ergibt  sich  aus  dieser  Übersicht,  daß wir  zwar  über  die  äußere  Form  des  Nervensystems  einiger  
 Arten  ganz  gut  unterrichtet  sind,  daß  aber  über  den  feineren  Bau,  wenn  wir  von  den  kurzen  Bemerkungen  in  H a n -   
 s t r ö m s   „Vergleichender  Anatomie  des  Nervensystems  der  wirbellosen  Tiere“  (1 9 2 8 )   absehen,  so  gut  wie  nichts  bekannt  
 ist.  Dies  fällt  umso  mehr  auf,  als  das  Nervensystem  der  übrigen  großen  Insektenordnungen  wiederholt  Gegenstand  einer  
 eingehenden Untersuchung geworden  ist*). 
 Es  ist  verständlich,  daß  sich  das  Interesse  besonders  dem  Gehirn  der  sozialen  Insekten  zugewandt  hat.  So  gehört  
 das  Bienengehirn  durch  die  Untersuchungen  K e n y o n s   (1896)  zu  den  bestuntersuchten  Insektengehirnen.  Diese  Untersuchungen  
 sind  zudem  die  einzigen,  bei  welchen  spezifische  Methoden  auf  alle  Teile  des  Gehirns  gleichmäßig  angewandt  
 wurden.  Seither  hat  sich  niemand  mehr  einer  solchen  mühsamen  und  zeitraubenden  Arbeit  gewidmet,  vielmehr  haben  
 sich  die  späteren  Autoren  darauf  beschränkt,  einzelne  T e i 1 e  des  Gehirns, wie etwa die Lobi optici, mit spezifischen Methoden  
 zu  untersuchen.  Erwähnt  müssen  hier  werden  vor  allem  die  Arbeiten  von  R. y C a ja l   und  S a n c h é z   sowie  die  von  
 Z a w a r z in ,  welche  in  erster  Linie  die  optischen  Ganglien  der  Dipteren,  Hymenopteren  bzw.  der  Libelle  behandeln. 
 Als  sehr  fruchtbar  für  die  Erforschung  des  Insektengehirns  hat  sich  die  von  W e is m a n n   bzw.  von  seinem  Schüler  
 v. A l t e n   (1910)  und  von  Z ie g l e r   angebahnte  Richtung  erwiesen.  Oberster  Gesichtspunkt  dieser  Richtung  war,  den  Bau  
 des  Gehirns  mit  der  Lebensweise  des  betreffenden  Insekts  in  Beziehung  zu  bringen.  Eine  ganze  Reihe  von  Arbeiten  ging  
 aus  der  ZiEGLERschen  Schule  hervor.  Erwähnt  seien  die  Untersuchungen  von  J o n e s c u   (1909)  über  das  Gehirn  der  Honigbiene, 
   von  B ö t t g e r   (1910)  über  das  Gehirn  von  Lepisma,  von  P ie t s c h k e r   über das Gehirn der Ameisen  (1910) ; K ü h n l e   
 (1913)  bearbeitete  das  Gehirn  von  Forficula,  Dixippus,  Tomocerus  und  von  einer  Termitenarbeiterin,  B r e t s c h n e id e r   
 untersuchte die Gehirne der Küchenschabe (Periplaneta), des Mehlkäfers (Tenebrio), des Goldkäfers (Cetonia) und des Lederlaufkäfers  
 (Procrustes)  sowie  verschiedener  Schmetterlinge (Deilephila, Callimorpha, Lasiocampa, Bombyx). Sämtliche diese  
 Untersuchungen  wurden  aber  fast  ausschließlich  mit  gewöhnlichen  Methoden  durchgeführt,  angeblich,  weil  spezifische  
 Methoden  bei  den  betreffenden  Objekten  versagten.  J o n e s c u   hat  zwar  die  Chromsilbermethode  C a ja l s   angewandt,  nach  
 seinen  Bildern  zu  urteilen  allerdings  mit  geringem  Erfolg.  B r e t s c h n e id e r   hat  versucht,  seine mit  gewöhnlichen  Methoden  
 gefundenen  Faserverbindungen  in  Anlehnung  an  K e n y o n s   Golgi-Präparate  zu  deuten,  ein  Versuch,  über  dessen  Wert  
 man verschiedener Ansicht sein kann. 
 Die  prinzipielle  Bedeutung  der  Fragestellung  der  Schule  Z i e g l e r s  wird durch diese Kritik an dem Weg zu der Lösung  
 der  Frage  in  keiner Weise  berührt.  Es  muß  nur  erwünscht  erscheinen,  daß  die  mit  gewöhnlichen  Methoden  gewonnenen  
 Ergebnisse  durch  Anwendung  spezifischer  Nervenfärbemethoden  ergänzt  werden.  Die  Schwierigkeiten,  welche  manche  
 Insekten  der  Anwendung  solcher  Methoden  entgegensetzen,  sollen  in  keiner Weise  verkannt  werden.  Durch  Anwendung  
 solcher  Methoden  auf  Vertreter  der  allerverschiedensten  Insektenordnungen konnte ich zeigen, daß diese Schwierigkeiten  
 nicht  unüberwindlich  sind,  wenn man  nur  die  Methoden  beherrscht  und  nicht  die  Geduld  zu  immer  neuen  Abänderungen  
 der  Verfahren  verliert. 
 Es lag nun nahe,  zunächst eine  Insektengruppe mit spezifischen Methoden zu untersuchen, deren Nervensystem in seinem  
 feineren Bau bis jetzt noch unbekannt ist. Eine solche Insektenordnung  stellen,  wie  die  historische  Übersicht  gezeigt  hat,  die  
 Rhynchoten  dar.  Aber  auch  andere  Gesichtspunkte  waren  bei  der  Wahl  des  Gegenstandes  meiner  Untersuchung  maßgebend. 
   In  erster  Linie  war  es  die  Tatsache,  daß  die  Rhynchoten eine der formenreichsten Insektenordnungen darstellen.  
 Kann  man  sich  bei  einer  ändern  Insektengruppe  einen  größeren morphologischen Unterschied  vorstellen  als z. B.  den zwischen  
 einer  Zikade  und  einer  Schildlaus?  Die  gewaltigen  Unterschiede,  welchen  wir  bei  den  Rhynchoten  so  häufig  begeg*) 
   Nach  Abschluß meiner  Arbeit  erschien  eine  Untersuchung  von  E.  G r a ic h e n   (Zool.  Jahrb.,  Anat.  Bd.  61,  1936)  über  
 „Das  Zentralnervensystem  von  Nepa  cinerea“,  in  welcher  gleichfalls  keine  spezifischen  Nervenmethoden  mit  Erfolg  angewandt  
 wurden. 
 nen,  mögen  durch  die  verschiedene  Lebensweise  der  einzelnen  Vertreter  bedingt  sein,  bevölkert doch  diese  Insektenordnung  
 die  verschiedensten  Biotope:  Die  große  Mehrzahl  ernährt  sich  von  Pflanzensäften  und  lebt  dazu  f r e i   auf  den  
 verschiedenartigsten  Kräutern,  Sträuchern  und  Bäumen,  andere  werden  von  den  Wirtspflanzen  als  Parasiten  in  Gallen-  
 bildüngen  eingeschlossen,  wieder  andere  leben  dauernd  unterirdisch  an  den Wurzeln  von  Pflanzen  und  eine  ganze  Anzahl  
 lebt  als  Räuber  oder  als  Parasiten  von  ändern  Tieren.  Auf  dem  festen  Land,  auf  und  in  dem Wasser  gehen  diese  Tiere  
 ihrer  Beute  nach.  Die  Vermutung  liegt  nahe,  daß  eine  so  sehr  verschiedene  Lebensweise  sich  auch  auf  den  Bau  der  
 Sinnesorgane  und  des  zentralen  Nervensystems  auswirken  muß.  Viele  Rhynchoten  haben  weiterhin  einen  komplizierten  
 Generationswechsel  mit  einem  oft  sehr  stark  ausgeprägten  Polymorphismus,  wie  z. B.  viele Blattlausarten.  Bei  den  Schild-  
 läusen  begegnen  wir  einem  Sexualdimorphismus,  der  so  stark  ausgeprägt ist,  daß es lange Zeit sogar  den Zoologen  schwer  
 fiel,  Männchen  und  Weibchen  als  zu  derselben  Art  gehörig  zu  betrachten.  Wie  dieser  Poly-  bzw.  Dimorphismus  sich  in  
 bezug  auf  das  Nervensystem  auswirkt  und  wie  derselbe  während  der  Embryonalentwicklung  und  der  Larvenzeit  zustande  
 kommt,  darüber  ist  bis  jetzt  fast  nichts  bekannt.  Da  die  parthenogenetischen  Generationen  der  Blattläuse  bei  einem  auffallenden  
 Polymorphismus  dasselbe  Erbgut  haben,  muß  es  als  eine  reizvolle  Aufgabe  erscheinen,  zu  untersuchen,  wie  die  
 Realisation  derselben  Gene  bei  den  verschiedenen  Generationen  in  so  verschiedener Weise  erfolgt. 
 Wesentlich  besser  als  über  das  Nervensystem  sind  wir  über die S i n n e s o r g a n e  der Rhynchoten unterrichtet.  B e d a u   
 (1911)  untersuchte  die  Fazettenaugen  der Wasserwanzen  und  K u h n   (1926)  diejenigen  der  Landwanzen  und  der  Zikaden.  
 Die  Doppelaugen  der  Aleürodiden  wurden  durch  eine  Arbeit  von W e b e r   (1934)  bekannt. Die Stirnaugen  der Wanzen wurden  
 bearbeitet  durch  H e s s e   (1901).  Umfangreichere  Untersuchungen  an  den  Ocellen  der  Heteropteren  stellte  aber  erst  
 L in k   (1909)  an.  Auch  verschiedene  Vertreter  der  Hompteren  wurden dabei berücksichtigt  (Cicada concinna, Centrotus  cor-  
 nutus,  Aphrophora  spumaria,  Pemphigus  fraxini,  Aphis  rosae,  A.ulmariae).  Vollkommen  unbekannt  ist  bis  jetzt  der  Bau  
 der  Fazettenaugen  der  Psyllidae  und  der  Aphidae  sowie  der  Bau  der  sog.  Ocellen  der  Cocciden.  Durch  die  Untersuchung  
 der  Innervation  und  der  Entwicklung  dieser  „Ocellen“  bestand  die  Möglichkeit,  deren  morphologische  Bedeutung  einwandfrei  
 klarzulegen. 
 Von  den  übrigen  Sinnesorganen  sollen  in  dieser  Arbeit  nur  noch  die  Antennen  berücksichtigt werden,  da außer  den  
 Augen  nur  sie  wohlumgrenzte  Zentren  besitzen,  während  die  ändern  Sinnesorgane  lange  nicht  in  dem  Maß  gestaltenden  
 Einfluß  auf  das  Zentralnervensystem  haben.  Bei  allen  untersuchten Arten werden  Sinneshaare  auf  den  Antennen  erwähnt,  
 bei den Landwanzen scheinen dies die  einzigen  Antennensinnesorgane zu sein.  Dagegen fand  E g g e r s   (1924)  bei Naucoris  in  
 der  Antenne  ein  kleines  Chordotonalorgan.  Echte  Riechsensillen wurden mehrfach bei den Aphiden, Aleürodiden und Psylliden  
 beschrieben, sie werden  als Rhinarien bezeichnet.  Auf  den  Antennen  der  Zikaden  fand  B e r l e s e   (1909)  kurze  Riechkegel. 
   Kompliziertere  Antennensinnesorgane  wurden  durch  B u g n io n   bei Fulgora  entdeckt. 
 Die  Frage  nach  der Be z i e h u n g   zwischen  den  Sinnesorganen  und  dem  zentralen  Nervensystem  war  schon  wiederholt  
 Gegenstand  experimenteller  Untersuchungen.  Zwei  Arbeiten  sind hier  zu  erwähnen:  A lv e r d e s   (1925)  fand  bei Blendung  
 von Notonecta,  daß  sämtliche  optische  Ganglien  degenerieren  und  daß  deren  Verfall  sogar  auf  die  Zentralteile  des  
 Gehirns  übergreift,  bis  das  Tier  kurze  Zeit  nach  der  Operation  zugrunde  geht.  Demgegenüber  stellte  T it s c h a c k   (1928)  bei  
 Cimex  fest,  daß  nach  Fühleramputation  lediglich  die  sensible  Nervenwurzel  degeneriert.  Es  erhebt  sich  nun  die  Frage,  ob  
 sich  die  optischen  und  olfaktorischen  Zentren  so  sehr  verschieden  verhalten,  oder  ob  die  verschiedene  Operationstechnik  
 an  dem  widersprechenden  Ergebnis  schuld  ist.  Eine  experimentelle  Überprüfung  dieser  Frage  erschien  mir  notwendig. 
 Schließlich sei ein letzter Gesichtspunkt angedeutet, der mich  bewog,  das Nervensystem der Rhynchoten zu untersuchen.  
 Wie  aus  der  Literaturübersicht  mehrfach  hervorgeht,  ist  die  starke  Konzentration  des  Nervensystems  einer  der  hervorstechendsten  
 Züge  dieser  Insektenordnung.  Wie  diese  Konzentration  während  der  Ontogenese  zustandekommt,  durch  Verlagerung  
 der  Ganglien  oder  durch  sonst  einen  Vorgang,  ist bis jetzt noch nicht bekannt. Wohl ist eine solche Konzentration  
 des  Nervensystems, wenn  auch  nicht in  dieser  allgemeinen Verbreitung,  bei  anderen  Insektenordnungen  festzustellen;  der  
 außerordentliche  Dotterreichtum der  meisten  Insekteneier stellt  aber  eine  große Erschwerung  exakter Messungen  dar.  Die  
 dotterfreien Eier bzw. Embryonen  der  lebendgebärenden Blattlausgenerationen bilden in dieser Hinsicht ein geradezu ideales  
 Untersuchungsobjekt  zur  Beantwortung  der  oben  skizzierten  Frage.