Die ausgeschleuderten Trichocysten sind zwar sehr leicht zu erhalten, aber nur schwierig
zu untersuchen. Das hat seine Ursache zunächst darin, daß sie außerordentlich schmal
sind. Sie sind oft so schmal, daß sich in ihrem Innern keine Einzelheiten mehr erkennen
lassen und m an nicht mit Sicherheit sagen kann, ob sie in ihrer ganzen Breite aufleuchten
oder von getrennten Linien begrenzt werden.
Vollkommen ausgeschleuderte Trichocysten besitzen zudem eine so minimale Licht-
abbeugung, daß der im allgemeinen von mir zur Untersuchung angewandte Hell-Dunkelfeldkondensor
kein genügend kontrastreiches Bild erzeugt und ein einfacher Dunkelfeldkondensor
mit seinem dunkleren Untergrund benutzt werden mußte. Ferner sind die Trichocysten
sehr empfindlich, so daß die Explosion sehr leicht beeinflußt wird und man sehr
verschiedenartige Bilder erhält. Dann verändern sich auch noch die ausgeschleuderten Stadien
und degenerieren früher oder später. Schließlich hat man es hier mit ausnahmsweise
langen Trichocysten zu tun, die eine gleichmäßig gegliederte Struktur besitzen und sehr
leicht in kleine Bruchstücke zerfallen. Man kann also nie mit Sicherheit sagen, ob man es
mit ganzen Trichocysten oder mit Bruchstücken zu tun hat.
Alle Strombidium-Trichocysten zeigten im Prinzip immer wieder das gleiche Bild. Sie
setzen sich zusammen aus lauter gleichartigen, kleineren Abschnitten, die der ganzen Tri-
chocyste ein kettenähnliches Aussehen gaben. In vielen Fällen war der Faden allerdings so
dünn, daß die genauere Struktur nicht erkannt werden konnte. In geeigneten Fällen zeigte
sich aber deutlich, daß zwischen den sehr dünnen parallel verlaufenden Seiten Wandungen
in einigermaßen regelmäßigen Abständen schmale, stärker aufleuchtende Querbrücken auf-
treten (Abb. 61b). Diese Qu er brücken heben sich gelegentlich noch dadurch stärker hervor,
daß hier die Trichocysten verschmälert erscheinen gegenüber den etwas aufgetriebenen
Zwischenzonen. In einzelnen Fällen, allerdings offensichtlich pathologischer Natur, zeigte
sich eine gewisse Umkehrung dieses Bildes. Es waren in entsprechenden Abständen dunkle
Querbrücken in den Trichocystenfaden eingeschaltet, während in den dazwischenliegenden
Bereichen die sonst sehr dünne Wandung verdickt war und stärker auf leuchtete. Die verdickten
Wandungen stießen nicht aneinander, so daß in diesem Falle ein dunkler Längsgang
die ganze Trichocyste durchsetzte (Abb. 61c).
Einige Zeit, nachdem man die Trichocysten in dem konzentrierten Lichtkegel des Dunkelfeldkondensors
beobachtet hatte, verlor der Faden sein normales Aussehen, fiel zusammen
und degenerierte. Das Aussehen solch eines degenerierten Fadens zeigt Abbildung 61 d.
Auch hier ist noch deutlich die Gliederung des Fadens zu erkennen.
Die Trichocysten sind an den Grenzen der Glieder sehr leicht zerbrechlich. Jedenfalls
beobachtete ich immer wieder zahlreiche Bruchstücke. Die Zerbrechlichkeit und Zusammensetzung
aus gleichartigen Gliedern macht es unmöglich zu sagen, ob man es mit vollständigen
Trichocysten zu tun hat. Als größte Länge einer Trichocyste maß ich 80 [*, doch
bin ich davon überzeugt, daß die eigentliche Länge normal explodierter Trichocysten wesentlich
größer ist.
In Helgoland begegnete ich zwischen faulenden Algen sehr häufig einer Strombidium-
Art, die ebenfalls als Str. sulcatum zu bezeichnen ist, die sich aber von der von E ntz sen. beschriebenen
Form dadurch unterscheidet, daß bei ihr die Trichocysten nicht so gedrängt
liegen und daher auch weniger auffallen. Die Trichocysten gleichen in allen wesentlichen
Punkten den vor beschriebenen. Die ruhenden Trichocysten waren etwas größer, nämlich
15 (a lang bei 0,7 [/. Breite. Bei dieser Form fand ich in einem Präp a ra t eine besonders lange,
ausgeschleuderte Trichocyste, die nicht weniger als 220 |t, also nahezu ein Viertel Millimeter
lang war, bei weniger als einem halben Tausendstel Millimeter Breite. Besonders
erstaunlich erscheint die Größe der Trichocyste, wenn man sie mit der Größe der aussehleu-
dernden Tiere vergleicht, die höchstens 50. lang sind, also um ein Mehrfaches von ihren
Trichocysten in bezug auf die Länge übertroffien werden.
Strombidium styliferum Levander.
Die nicht zu verkennende Art sammelte ich zwischen Tang von der Westmauer auf
Helgoland. Die ruhenden Trichocysten waren 15 y. lang und entsprachen denen von Str. sulcatum
(Ahh. 62 a),
Die ausgeschleuderten Trichocysten waren breiter als d ie von Strombidium sulcatum
und daher einige Einzelheiten leich te rt# sehen. Auch sie waren sehr schwach lichtbrechend,
und zwar um so dünner und schwieriger sichtbar, je weiter die Explosion fortgeschritten
war. Bei den schmälsten Trichocysten war ebenfalls nicht mehr zu unterscheiden, oh sie einheitlich
aufleuchteten oder von getrennten Linien begrenzt wurden. Von den längsten, d. h.
also am weitesten explodierten Triehöeysten war im Hellfeld, auch wenn man ihre Lage
genau kannte, nicht die geringste Spur zu sehen.
An einigen Trichocystenbruchstücken ließen sich weitere Einzelheiten des Baues erkennen.
Zunächst fanden sich auch hier wieder die Bilder, daß zwischen den parallel verlaufenden
Begrenzungslinien in Abständen heller aufleuchtende Querverbindungen lagen.
Manchmal waren diese Querverbindungen nicht vollständig und erschienen als gegenüberliegende
Verdickungen der beiden Außenwände (Abb. 62 c). Etwas stärker abweichend war
die Kettenbildung bei der Trichocyste in Abbildung 62 d. Hier war an den Stellen, wo die
Brücken lagen, der Faden verschmälert, während der dazwischenliegende Teil verbreitert
war. Das Bild der Kette wurde auf diese Weise besonders deutlich. Schließlich fanden sich
auch hier wieder degenerierte Fäden (Abb. 62 e). E in Vergleich der verschiedenen Abbildungen
zeigt, daß die Länge der einzelnen Kettenglieder sehr verschieden ist. Die längsten
beobachteten Glieder sind in Abbildung 62 f dargestellt. Es ist möglich, daß das am oberen
Ende dieser Kette gezeichnete Stück, das in seiner ganzen Breite aufleuchtet, also den dunklen
Gang in seiner Mitte im Gegensatz zu den übrigen Gliedern vermissen läßt, ein Tricho-
cystenvorderende darstellt. Jedenfalls fand ich ähnliche Bildungen auch bei anderen Strom-
bidiam-Triehoeysten. Die Unsicherheit, mit der man die Frage beantworten kann, ob man
es mit ganzen Trichocysten oder Bruchstücken zu tun hat, gestattet keine sichere Entscheidung
.E
s fanden sich auch nur teilweise explodierte Trichocysten, die hier, wie auch allgemein
bei den anderen Strombidien, die Explosion des Hinterendes bei erhalten bleibendem
Vorderende zeigten. Man darf daher wohl annehmen, daß die Explosion der Strom-
bidiMm-Trichocyste von ihrem Hinterende nach der Spitze zu fortschreitet (Abb. 62 g).
Solche Bilder übrigens, wie sie die Abbildung 62 g darstellt, haben offensichtlich Anig-
STEIN für seine Abbildungen Vorgelegen, durch die er beweisen zu können glaubte, daß bei
der Strombidiwm-Trichoeyste ans einer erhalten bleibenden Kapsel ein feiner Faden ausgeschleudert
wird. In der Tat erscheint, wenn man solche Stadien im Hellfeld betrachtet,
der nicht explodierte Teil sehr deutlich, aus dem der explodierte Abschnitt als feiner Faden
hervorragt. Es liegt nahe, dieses Bild so zu deuten, daß der deutlich sichtbare Teil die
Kapsel darstellt, aus der der schwerer sichtbare Teil als Faden ausgeschleudert wurde. Die
Untersuchung im Dunkelfeld hat mir dagegen in keinem einzigen Falle auch nur andeu