
Ganglion entspringen nach KENYON zwei Faserzüge, der „antero-superior optie trac t“ und
der „antero-posterior optic tract“. Leider gibt Kenyon durchweg nur schematische Abbildungen,
so daß ein unmittelbarer Vergleich sehr erschwertest, dies gilt auch fü r die vom
III. Ganglion entspringenden Faserzüge.
Außerdem scheinen bei den verschiedenen Insektenordnungen wesentliche Unterschiede
bezüglich der Zahl und der Anordnung der Verbindungszüge zu bestehen. So fand
Viatxanes bei Vespa zwar ähnliche Faserzüge, wie sie später K enyon auf Grund von Versilberungen
festgestellt hat; bei Oedipoda und Caloptenus konnte er aber einige dieser Faserzüge
nicht wiederfinden.
In den Arbeiten der ZiEGLERschen Schule werden die Verbindungen zwischen Lobi
optici und den Lobi protocerebrales durchweg nur kurz erwähnt:
J onescu beschreibt bei Apis den von dem II. Ganglion entspringenden Faserzug als
„das breite Bündel , von welchem sich ein vorderes und ein hinteres Bündel abzweigt. Vom
III. Ganglion soll gleichfalls ein vorderes und ein hinteres Bündel entspringen. Diese
Fasern sollen sich vielfach überkreuzen, so daß man von einem dritten Chiasma sprechen
kann.
K ühnle fand bei Forfícula eine direkte Verbindung zwischen dem II. Ganglion und
den Protocerebralloben, „evtl. ändern Hirnteilen“. Zwischen dem III. Ganglion und dem
Protocerebrallobus konnte er keine scharf gesonderten Bündel feststellen.
Bretschneider behandelt die Verbindungsbahnen nur mit einem Satz: „Das innere
Marklager geht in die Protocerebralloben über und zeichnet sich vor diesen nur durch etwas
dichtere Struktur aus.“ Die in seinen Abbildungen 11 und 12 eingetragenen Verbindungsbahnen
entsprechen zu wenig den von anderen Autoren gefundenen Bahnen, als daß man
sie mit denselben vergleichen könnte.
In neuerer Zeit ha t Baldus (1924) eine Bearbeitung des Libellengehirns geliefert,
allerdings ohne Anwendung spezifischer Methoden. Die von ihm gefundenen Verbindungsbahnen
sind folgende:
1. Fasciculus tuberculi optici. Dieses Bündel zieht zum Tuberculum opticum und ist
dem Tractus opticus anterior der Wanzen gleichzusetzen.
2. Fasciculus opticus posterior. Dieses Bündel entspricht dem Tractus opticus posterior
der Wanzen.
3. Ob sein Fasciculus opticus medialis und inferior dem Tractus opticus medialis Superior
und inferior entspricht, könnte erst eine ausführliche vergleichende Untersuchung
klarstellen. Ein Faserbündel, welches dem Fasciculus tuhereüli optici I I entspricht,
habe ich bei den Wanzen nicht gefunden. Ebensowenig fand ich eine direkte Verbindung
zwischen dem Lobus opticus und dem Zentralkörper. Eine direkte Verbindung
der beiden II. optischen Ganglien erscheint Baldus im Gegensatz zu Demoll und
Scheuring (1912) unwahrscheinlich. Bei den Wanzen konnte ich nichts finden, was
für eine solche Verbindung spricht.
Zum Schluß dieses Abschnitts gebe ich eine schematische Übersieht über die bei den
Wanzen gefundenen Faserzüge der Lobi optici (Abb. 32). Ein Vergleich mit den von
Zawarzin, Cajal und Sanchéz gegebenen schematischen Übersichten zeigt, daß die Verhältnisse
bei den Wanzen in verschiedener Hinsicht einfacher liegen. Dies ist ja auch zu erwarten.
Die von den genannten Autoren untersuchten Objekte (Libelle, Biene, Dipteren)
besitzen sehr große, hochentwickelte Fazettenaugen, während die Augen der Landwanzen
nur geringe Größe aufweisen. Die bedeutende Länge der Hetinafasern deutet darauf hin,
daß diese Augen zudem nicht sehr leistungsfähig sind. Dementsprechend ist auch die E ntwicklung
der optischen Ganglien verhältnismäßig schwach. Aber gerade die Untersuchung
solcher verhältnismäßig wenig differenzierter Ganglien erscheint mir besonders interessant,
lassen doch gerade sie besonders deutlich die für den Sehakt unentbehrlichen morphologischen
Strukturen erkennen.
b) Die Corpora pedunculata.
Die pilzförmigen Körper haben durch ihre eigenartige Form und Beschaffenheit stets besonderes Interesse erregt.
Erstmals erwähnt finden wir sie in der Literatur bei D u ja r d in ( 1 8 5 0 ), welcher sie mit den Windungen des menschlichen
Gehirns verglich und in ihnen den Sitz der Intelligenz vermutete. L e y d ig (1 8 6 4 ) bezeichnet die Pilzkörper als „gestielte
Körper“. Eine genauere Bearbeitung erfolgte jedoch erst durch R a b l -R ü c k h a r d t (1 8 7 5 ) und D i e t l ( 1 8 7 6 ). F l ö g e i , (1 8 7 8 ),
der erstmals vergleichende Untersuchungen über den histologischen Bau des Insektenhirns anstellte, bezeichnet die Pilzkörper
als „Gerüst“. Er fand dieses „Gerüst“ bei allen Insekten außer bei den Rhynchoten. Bezüglich dieser Insektenordnung
schreibt er: „Von dem Gerüst sehe ich nichts, was mit Bestimmtheit auf die uns bekannten Teile zurückzuführen
wäre.“
Eine Analyse der Pilzkörper mit spezifischen Methoden hat K e n y o n (1896) durchgeführt. Wir begegnen der von ihm
gegebenen Darstellung noch in den neuesten Werken über das Nervensystem (vgl. H a n s t r ö m 1928), da seine Darstellung bis
jetzt die einzige geblieben ist. H a n s t r ö m selbst wandte zwar spezielle Methoden bei Periplaneta an, „der ungeheuer dichte
Bau macht es aber sehr schwer, ihre wirkliche Gestalt zu eruieren“. H a n s t r ö m konnte aber trotzdem feststellen, daß die
assoziativen Neurone der Corpora pedunculata bei Periplaneta nicht so einfach sind, wie sie K e n y o n von der Biene abgebildet
hat. Leider gibt auch H a n s t r ö m nur eine schematische Abbildung der Neurone.
Alle übrigen Autoren, welche sich mit den Corpora pedunculata beschäftigt haben, haben nur gewöhnliche Untersuchungsmethoden
angewandt bzw. hatten mit spezifischen Methoden keinen Erfolg. Zu der letzteren Ansicht kommt man
notwendigerweise bei den Darstellungen von H a l l e r (1905) und von J o n e s c u (1909). Die Zellen der Pilzglobuli sollen
nach H a l l e r durch Zellbrücken miteinander in Verbindung stehen, eine Feststellung, welche wohl unter der Einwirkung
seiner Kontinuitätstheorie entstand. Auf die Ergebnisse der übrigen Autoren soll hier nicht eingegangen werden, zumal
dieselben lediglich die äußere Form berücksichtigen (vgl B ö t t g e r 1910, v. A l t e n 1910, K ü h n l e 1913, B r e t s c h n e id e r
1914, 1921, 1924, H o l s t e 1923, A l v e r d e s 1924, B e i e r 1927). Eine kurze Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Arbeiten
findet man bei H a n s t r ö m (1928), so daß auf dieses Werk verwiesen werden kann. Vergleicht man die Ergebnisse dieser
Untersuchungen, so erkennt man, daß die Zahl der Globuli und Glomeruli sehr verschieden ist. H a n s t r ö m mißt diesen
Zahlen keine große Bedeutung zu. Wichtiger als die Aufhäufung eines riesigen morphologischen Materials wäre zweifellos
eine genauere Kenntnis des histologischen und cytologischen Aufbaus der Pilzkörper. Diesbezügliche Untersuchungen fehlen
aber bis jetzt fast ganz.
Was die Rhynchoten betrifft, so war bis vor wenigen Jahren nicht einmal die grobe Morphologie der Pilzkörper
bekannt. K e n y o n (1896) bemerkt bezüglich der Pilzkörper der Hemiptera nur: „Cups unrecognizable even as rudiments.“ Und
K ü h n l e (1913) verwendet in seiner Tabelle noch die Angaben F l ö g e l s , wonach bei den Rhynchoten „Pilzzellen undifferenziert“
sind und „Pilzhüte fehlen“. Den ersten Beitrag zur Kenntnis der Corpora pedunculata der Rhynchoten hat