
Abschließend stellen wir also fest, daß große , z u s amme n h ä n g e n d e N a h r
u n g s s t ü c k e den D a rm k a n a l v o n B u c c i n u m n a c h zwe i - bi s d r e i m a l
v i e r u n d z w a n z i g s t ü n d i g e r V e r w e i l d a u e r v o n a u ß e n h e r a n g e d a u t ,
s o ns t a b e r w e i t g e h e n d u n v e r s e h r t , v e r l a s s e n .
Viel besser werden die Nahrungsteile ausgenützt, welche vom Mageninhalt abgespalten,
in die Mitteldarmdrüsengänge eindringen. Wie schon erwähnt, bilden sie hier
einen pastenartigen Brei, der beim Durchschneiden der Drüse aus allen Kanälchen quillt.
Dies geschieht wahrscheinlich aktiv durch tonischen Druck, denn wenn man die Schnittfläche
mit Seewasser abspült, so hängen nach kurzer Zeit wieder kleine Würstchen aus
den Gängen heraus. Auch in diesem Falle konnte ich unter dem Binocular keine Bewegungen
der Drüsenteile erkennen.
Die Mi t t e l d a rm d r ü s e n p a s t e zeigt zunächst die Farbe des ursprünglichen
Mageninhaltes, wie man beispielsweise nach Verfiitterung von Fleisch, welches längere
Zeit in Neutralrot gelegen hatte, deutlich erkennt. Nach einer reichlichen Mahlzeit vergrößern
sich die Drüsen innerhalb einiger Tage erheblich. Später fallen sie in dem Maße
wieder zusammen, wie die Nahrung durch die Enzyme verflüssigt wird, denn damit setzt
die Resorption und der Übertritt in das Blut ein. Dieser Prozeß geht aber außerordentlich
langsam vor sich. Selbst zehn Tage nach der Fütterung sind die Reste der Mahlzeit noch
in den Mitteldarmdrüsengängen zu erkennen.
Offenbar beginnt die Aufnahme der vom Mageninhalt abgesprengten Teile in die
Mitteldarmdrüsengänge sehr rasch, denn schon eine Stunde nach der Nahrungsaufnahme
fand ich Fleischgerinnsel darin vor. Es hing aus der vorderen Drüsenöffnung heraus, während
aus der hinteren ein brauner Saft floß. Trotzdem ist es aber unwahrscheinlich, daß
zunächst nur die eine Drüse gefüllt wird, während die andere Enzyme liefert. Nach meiner
Meinung werden beide Leistungen von beiden Drüsen gleichzeitig vollbracht.
Wie die auf S. 53 geschilderte Feststellung zeigt, werden bisweilen nur einzelne Gänge
einer Drüse gefüllt, wodurch sie ein geflecktes Aussehen erhalten kann. Gerade in unserem
Falle beobachtete ich aber, daß Nahrungsteile in beide Drüsen eingedrungen waren.
Mehrfaches Zurückstauen des Drüseninhaltes in den Magen, wie es Biedermann und
Moritz (1899, S .62) für P u lm o n a t e n beschreiben, konnte ich bei Buccinum nicht
beobachten.
Der Inhalt der Mitteldarmdrüsengänge wird mit der Zeit immer dunkler und sieht
schließlich dunkelolivgrün bis schwarzbraun aus. Ich führe diese Farbe auf die innige
Vermischung der Mitteldarmdrüsensekrete mit dem Nahrungsbrei zurück. Im Laufe der
Zeit werden die Nahrungsstoffe weiter zerspalten und resorbiert. Die unverdaulichen Reste
gleichen zusammengeballtem Detritus, der in Form dunkler, mäandrisch gewundener
Würstchen, mit einem Schleimüberzug versehen, nicht selten aus den Mitteldarmdrüsenöffnungen
der Hungertiere heraushängt (vgl. S .8). Das ist der M i t t e l d a rm d r ü s e n kot
. E r wird in den Enddarm geflimmert und liegt häufig in der Nebenrinne unter dem
Hauptwulst (vgl. S. 54).
Neben diesem Drüsenkot findet sich der D a r m k o t, welcher Speiseresten, die nicht
in die Drüsen gelangten, entstammt. Wenn die Tiere bald nach der Nahrungsaufnahme
defäkieren, bildet er eine glatte, von Schleim umhüllte, flüssigkeitsreiche Wurst (siehe
Tabelle I I I Nr. 2 und 3). Verweilt der Speisebrei länger als 12 Stunden im Darmkanal, so
nimmt der Kot eine mäandrisch gewundene Form an, wie wir sie soeben für den Mitteldarmdrüsenkot
kennen lernten (vgl. Abb. 15). Außerdem verarmt er mehr und mehr an
Flüssigkeit.
Diese E i n d i c k u n g des K o t e s geschieht entweder auf dem Wege der P e r m e a t
i o n d u r c h d e n E n d d a rm oder durch R ü e k f l im m e r u n g de r F l ü s s i g k e i t
n a c h d e n Mi t t e l d a rmd r ü s e n ö f f n u n g e n .
Trotzdem ein Blick auf Abb. 13 lehrt, daß der letztgenannten
Möglichkeit besonders längs der Nebenrinne
keine Hindernisse in den Weg treten, halte ich
sie fü r die weniger wahrscheinliche. F ü r Helix konnte
nachgewiesen werden, daß der Dünndarm sowohl
Wasser wie auch Zucker- und Salzlösungen in beiden
Richtungen durchläßt [ Jordan und Begemann
(1921), J ordan und Hirsch (1927) und J ordan
(1929)].
Vermutlich lfegen die Verhältnisse für Bucci-
num ähnlich. Nach reichlicher Nahrungsaufnahme!
gleicht das Verdauungsfeld des Enddarmes demjenigen
des Mitteldarmes durchaus, denn die festen
Abb. 15: Mäandrisch gewundene Kotwurst von
Buccinum undatum L. etwa 72 Stunden nach der
Nahrungsaufnahme ausgeschieden. Das Mittelstück
besteht aus den Flossenstrahlen einer um die
Längsachse aufgerollten Fischflosse, welche von
einem Stück Catgut umhüllt ist. Dieses zerfällt bereits
Beutebrocken dringen in diesem Falle ungehindert
bis zum After vor und reißen die Verdauungssäfte
mit sich. Ähnliche Angaben macht H irsch (1915)
für Mur ex trunculus. Nach meinen Beobachtungen
beginnt in diesem Stadium jede Defäkation mit
bei leichter Berührung. Das dünne Endstück
dem Ablassen einer schlierenbildenden Flüssigkeit
besteht in der Hauptsache aus Schleim.
durch den After. Da ferner, wie wir in Kapitel
III, 1 ausführlich darlegten, der ganze Darmkanal
von einem einheitlichen Epithel aus
gekleidet ist, liegt kein Grund zu der Annahme einer besonderen Enzymsekretion im
Enddarm vor.
Die Wi n d u n g e n des E n d d a rm k o t e s stellen wahrscheinlich Nachbildungen des
Reliefs dieses Intestinalabschnittes dar. Ich teilte zwar auf S. 54 mit, daß seine- Falten
ohne Krümmung analwärts verstreichen. Das bezieht sich aber auf den ruhenden leeren
Darm. In einzelnen Fällen, z. B. nach mechanischer Reizung, kann man mäandrische
Krümmungen der Wülste beobachten, wodurch der glatte Durchgang des Inhaltes verhindert
wird. Die Darmwände bleiben infolge des starken t o n i s c h e n Dr u c k e s in engster
Berührung mit dem Speisebrei, so daß er sich unter ganz ähnlichen Bedingungen
befindet, wie im Magen. Die im Enddarm besonders zahlreichen Schleimdrüsen (S. 54)
sondern eine Hülle auf den Kot ab, die ihm nach einiger Zeit eine gewisse Festigkeit verleiht.
Während der De f ä k a t i o n verlaufen deutlich sichtbare p e r i s t a l t i s c h e We l l e n
v om Ma g e n a u s g a n g zum Af t e r . Zunächst tritt, wie bereits oben erwähnt, Flüssigkeit
aus, welche an der Schlierenbildung zu erkennen ist. Dann folgt die Kotwurst. Zu
gleicher Zeit sezerniert die S c h l e im d r ü s e vom Dache der Pallialhöhle dicke Ströme
eines gelben Schleimes auf die unter ihr liegenden Körperpartien der Schnecke (Abb. 5).
Auf dieses fließende Sekret wird der Kot entleert, der nun wie auf einem Schlitten an
der rechten Körperseite des Tieres herabgleitet.
Die R e s o r p t i o n der Nahrungsabbauprodukte ist bisher noch nicht untersucht wor-
Zoologica, Hefl 92. |